Im Fokus / Glosse

Alles fließt und rollt

24. Februar 2014 | Freizeit

Warum heißt der Rhein-Herne-Kanal eigentlich Rhein-Herne-Kanal, obwohl er doch nicht in Herne sondern in Henrichenburg endet? Der Versuch einer endgültigen Antwort

Rückblende. 60 Jahre vor dem Bau dieses Kanals wurden Gleise verlegt. Für die Köln-Mindener Eisenbahn. Bochum wollte gerne Bahnhof werden und Recklinghausen natürlich auch. Man einigte sich schließlich auf einen Streckenverlauf in der Mitte, also durch Herne, und da 1847 niemand Herne kannte, nannte man den Bahnhof - unseren Bahnhof! - "Bochum-Herne."

Beim Bau des Kanals hatten Bochum und Recklinghausen schlechte Karten. Erstens floss die Emscher, an deren Südseite sich der neue Kanal entlang schlängeln sollte, eindeutig durch Herne und Wanne-Eickel, und zweitens liegt in unserem Erdreich die Wasser undurchlässige Mergelschicht wunderbar hoch, so dass das Kanalbett praktisch schon gemacht war.

Anders ging das Rennen um die Autobahnen aus. Sowohl bei der A 2 (durch RE) als auch beim Bau des Ruhrschnellwegs (durch BO) obsiegten die beiden Nachbarstädte. Na ja, bis man zur Vernunft kam und den Emscherschnellweg, die A 42, durch Herne und Wanne-Eickel legte. Nicht zu vergessen die A 43 mit dem damit verbundenen Autobahnkreuz Herne.

Rhein-Henrichenburgkanal? Nicht auszudenken.

Was ich damit sagen will? Alles fließt und rollt in Herne. Wir haben einen Kanal. Wir haben eine Eisenbahn. Und wir haben ein Autobahnkreuz. (Unsere U-Bahn erwähne ich nur der Vollständigkeit halber.) Verkehrsgünstig gelegene Orte steigen seit Jahrhunderten ratzfatz in die Champions-League der prosperierenden Zentren auf, und wir . . . na ja, . . . prosperierend sieht anders aus. Hätte nur noch gefehlt, dass man im Jahre 1950, als man das Kanalstück von Herne bis zur Mündung in den Dortmund-Ems-Kanal - namentlich - dem Rhein-Herne-Kanal zugeschlagen hat, auch den Gesamtnamen geändert hätte: Rhein-Henrichenburg-Kanal. Nicht auszudenken.

Die Strünkeder Ritter klauten den Recklinghäusern einst nicht nur die Kühe, sondern sie nahmen auch Wegezoll am so genannten Krang (dem heutigen Crange), wo die Händler auf ihrem Weg Richtung Holland über die Emscher setzten. Und die Strünkeder haben es zu etwas gebracht. Mal angenommen, nein, verstehen Sie mich jetzt nicht falsch. Nur mal angenommen: Jedes Schiff, jede Eisenbahn und jedes Auto, das seine Abgase durch Herne bläst, müsste . . . also, die Bayern denken da ähnlich. Und auch die Bayern haben es zu etwas gebracht.

Man stelle sich das mal vor: Eine Maut-Station am Herner Kreuz

Man stelle sich das mal vor: Eine Maut-Station am Herner Kreuz. Es müsste ja nur eine ganz kleine sein. Da fahren - nur auf der A 43 - im Schnitt 120.000 Fahrzeuge lang. Täglich. Wenn jeder nur einen Euro, einen kleinen Euro . . . das macht im Jahr 43,8 Millionen Euro. Und die A 42 sowie Schiffe und Eisenbahnen sind da noch gar nicht mit drin. Sind wir doch mal ehrlich: Genauso fand einst der Aufstieg in die Champions-League statt. Allerdings mit der Betonung auf einst.

Text: Günter Mydlak