Bestseller eines Journalisten aus Herne

Analyse von getriebenen Politikern

5. Mai 2017 | Gesellschaft Kultur

Auf knapp 290 Seiten, die sich bisweilen aufgrund der engen zeitlichen Taktung der geschilderten Ereignisse lesen wie eine spannende Fiktion, legt der Welt-Journalist Alexander dar, was er in Gesprächen mit anderen Journalisten, nicht zuletzt aber mit Handelnden, recherchiert hat. Dabei rückt er den Fokus auf die nationalen wie auch europäischen Ereignisse ab dem September 2015. Damals kamen Hunderttausende Bürgerkriegsflüchtlinge nach Europa. Die meisten von ihnen mit dem Ziel Deutschland. Daraus erwuchs eine starke Herausforderung – innen- wie außenpolitisch. Ihr geht der in Berlin lebende Robin Alexander nach und schildert sie auf Basis der von ihm geführten Gespräche. Dabei geht er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel durchaus hart ins Gericht, andere Protagonisten schont er jedoch ebenfalls nicht. Der Blick hinter die Kulissen verrät: Es geht den Handelnden nicht immer um die Sache, auch gekränkte Eitelkeiten und Animositäten fließen in das Handeln der Getriebenen ein.

„Wunderwuzzi"?

Kennen Sie den Wunderwuzzi"? Das ist keine lustige Figur aus einem Kinderbuch, sondern eine Bezeichnung, die sich in Alexanders Buch findet. Er hat die Titulierung für den österreichischen Außenminister Sebastian Kurz nicht selbst ersonnen, sondern von Journalistenkollegen übernommen. Deswegen verwendet er sie korrekterweise auch in Anführungszeichen. So wie er kurz beleuchtet, wirft er einen Blick auf verschiedene Persönlichkeiten, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingslage mehr oder weniger in Erscheinung getreten sind – Peter Altmeier, Frank-Walter Steinmeier oder Thomas de Maizière seien hier genannt. Sein Ziel: Er will deren Handlungen und Motive verstehen und darlegen.

Klar und Präzise

Alexanders Beschreibung geschieht nicht im Duktus wissenschaftlicher Analyse, sondern in konsequenter journalistischer Schreibe. Also klar und präzise. Zwischen den Zeilen blitzt auch der Humor durch, der Robin Alexander zu eigen ist. Ein lesenswertes Stück Zeitgeschichte des Theodor-Wolff-Preisträgers.

Christoph Hüsken