Nils Beckmann verlässt die Bühne und wird Lehrer

Der letzte Applaus

15. März 2017 | Gesellschaft Kultur

inherne: Herr Beckmann, Sie haben ihren letzten Auftritt als Schauspieler hinter sich. Was war das für ein Gefühl, als sie die letzten Worte sagten?

Nils Beckmann: Weil ich so lange dem theaterkohlenpott verbunden bin und mir die Leute und der Ort ans Herz gewachsen sind, war das natürlich keine normale letzte Vorstellung. Die Menschen, die für das theater kohlenpott arbeiten, allen voran Frank Hörner und Gabriele Kloke - aber auch alle anderen - , tun dies mit vollem Einsatz, mit außergewöhnlichem Engagement und mit großem Herzen.

"Das Zusammenspiel auf der Bühne war eine stetige Weiterentwicklung eines Bruderduells und einer Bruderliebe mit den Mitteln der Schauspielerei."

Wir haben immer gut und erfolgreich zusammen gearbeitet und mit Till, meinem Bruder, war das Zusammenspiel auf der Bühne eine stetige Weiterentwicklung eines Bruderduells und einer Bruderliebe mit den Mitteln der Schauspielerei. Das hat großen Spaß gemacht. und so waren die letzten Worte gefüllt mit einer Mischung aus Wehmut und Freude über das, was war und Vorfreude auf das, was kommt. Ich bin froh, dass das Stück weitergespielt wird und das Theater diese schöne Inszenierung weiter anbieten kann und auch, dass Herne sich auf einen neuen Schauspieler freuen kann.

  • Till und Nils Beckmann. © Thomas Schmidt, Stadt Herne
    Till und Nils Beckmann traten oft im Doppelpack auf. © Thomas Schmidt, Stadt Herne
Nils Beckmann ist in Hagen geboren, in Herne aufgewachsen. Seit 2007 arbeitet er in der freien Theaterszene als Schauspieler, Autor und Dozent, häufig für das theaterkohlenpott Herne. Er spielte in Stücken wie "Kopf oder Zahl", "Türkisch Gold", "Schiller - sämtliche Werke leicht gekürzt", oft wie in "Tschick", im Doppelpack mit seinem Bruder Till. Die Brüder haben das Drehbuch für den Ruhrgebietsfilm "Junges Licht" von Adolf Winkelmann mit verfasst und arbeiten derzeit an einem Drehbuch für eine Fortsetzung. Auch die Schwestern Maja und Lina haben das Schauspiel zu ihrem Beruf gemacht.

inherne: War das definitiv Ihr letzter Auftritt? Werden Sie dem Theater in einer anderen Form verbunden bleiben?

Beckmann: Ach, keine Ahnung. Ich hoffe nicht, dass ich nie mehr einen Auftritt als schauspieler haben werde. Dazu macht der Beruf zu viel Spaß. Und natürlich werde ich dem Theater als Zuschauer verbunden bleiben. Ist doch klar.

"Das Lehramt hat auch viel mit schauspielen zu tun, nur das die Bühnen kleiner sind und die Inszenierungen im besten Fall immer Mitmach-Theater."

inherne: Was haben Sie denn vor?

Beckmann: Zur Zeit stecke ich im Referendariat für das Lehramt an einer Bochumer Schule. Der Beruf hat auch viel mit schauspielen zu tun, nur das die Bühnen kleiner sind und die Inszenierungen im besten Fall immer Mitmach-Theater. Das ist so ziemlich gegen die Tradition des theater kohlenpotts. Das Referendariat dauert bis Mai 2018. Bis dahin versuche ich also im Klassenzimmer mit einem mindestens genauso großem Herzen zu arbeiten, wie es mir am theater kohlenpott vorgelebt wurde.

inherne: Warum haben Sie diese Entscheidung getroffen, nachdem Sie auf so vielen Bühnen gespielt haben?

Beckmann: Diese Entscheidung hat sehr viele Gründe. Vor allem die Geburt meines zweiten Kindes hat mir Anstoß gegeben, über die Schwächen dieses unglaublich schönen Beruf des Schauspielers, so wie ich ihn ausgeübt habe nachzudenken. Freiberuflich als Schauspieler zu arbeiten, erfordert eine extreme Flexibilität und Mobilität - sowohl was die Arbeitszeiten als auch die Arbeitsorte anbelangt, und die sah ich bei mir mit zwei kleinen Kindern momentan nicht erfüllt.

inherne: Welches war Ihr schönstes Theatererlebnis (in Herne)?

Beckmann: Es ist immer schön, wenn sich der Theatersaal mit vielen erwartungsfrohen Menschen füllt und ich in der Umkleide sitze und mindestens genauso erwartungsfroh bin. Ich habe alle Inszenierungen gerne gespielt, und als wir gemerkt haben, wir haben uns als Theater eine Qualität erspielt und ein Publikum, das diese wertschätzt und gerne zu uns kommt, das war ein sehr gutes Gefühl. Im Ruhrgebiet ist die Konkurrenz an Kulturorten groß. Und dann zu erfahren, okay, die Menschen kommen gerne wieder, mögen die Inszenierungen und fragen, wann es mal wieder was Neues gibt: Das ist schön.

Das Interview führte Horst Martens.