"Das Phantom vom Oppa": Premiere im Mondpalast

Eine schrecklich nette Familie

6. September 2018 | Gesellschaft Kultur

Wer bei dem Titel auf eine Persiflage vom "Phantom der Oper" tippt, liegt komplett falsch. In dieser Komödie aus der Feder von Hausregisseur Thomas Rech steht kein entstellter Maskenmann im Mittelpunkt, sondern tatsächlich der "Oppa", der Großvater der Familie Breitscheid, gespielt von Axel Schönnenberg. Vor einiger Zeit schon soll Prinzipal Stratmann bei Rech mit dieser Aussage vorstellig geworden sein: "Ich habe den Titel für unser nächstes Stück. Uns fehlt nur das Stück dazu." Und jetzt hat Rech prompt geliefert.

"Das ganz große Besteck"

Das Stück bezieht alle Bewohner des Familienhauses mit ein und ein paar Außenstehende, so dass wieder alle zehn Mondpalast-Schauspieler zum Zug kommen. Die Zuschauer können sich freuen: Ihr Liebling ist auf jeden Fall mit dabei. In den Worten von Thomas Rech: "Wir spielen mit dem ganz großen Besteck." Also: Vater Thomas (Ekki Eumann) ist ein Polizist. "Bodyguard" ist sein Lieblingsfilm, daher hat er sich in den Kopf gesetzt, Personenschützer bei einer SEK-Einheit zu werden. Mutter Karin (Susanne Fernkorn) ist Hauptschullehrererin, die nicht nur begriffsstutzige Schüler in den Griff bekommen, sondern auch den Haushalt schmeißen muss. Der Opa wurde ins Dachgeschoss verbannt, obwohl ihm das Haus gehört. Immer wieder erwähnt der Alte  seinen Bruder, den aber noch nie einer gesehen hat. Der pensionierte Gymnasiallehrer ist ein Besserwisser, der ständig seine Schwiegertochter korrigiert, weil die "nur Volksschullehrerin" ist. "Setzen, fünf",  ist sein Lieblingsspruch. Am liebsten würde die Schwiegertochter den Oppa in die "Maria-und-Josef-vom-guten Herzen"-Seniorenresidenz verbannen. Die Direktorin dieses "Altenheimes" wird von Silke Volkner verkörpert.

  • Autor-Regisseur Thomas Rech und Prinzipal Christian Stratmann bei der Pressekonferenz. © Frank Dieper, Stadt Herne

Von eineiigen Zwilligen und einem großen Baum

Der pubertierenden Tochter Yvonne (Melanie Linka) steht der Sinn nicht nach Familie, sondern nach einem Maurer namens Helge. Der wird gespielt von Dominik Grüning, der den erotischen Aspekt beisteuert und sich auch schon mal unbekleidet zeigt. "Unser Sexsymbol", nennt ihn Thomas Rech. Zu den Nicht-Familienmitgliedern gehört Martin Zaik, der einen formvollendeten NRW-Innenminister verkörpert. Man darf gespannt sein, was der hochrangige Politiker in dem Haus zu suchen hat. Der Bruder des Großvaters taucht dann tatsächlich auf (Heiko Büscher) und stiftet Verwirrung. Es stellt sich heraus, dass die beiden Senioren eineiige Zwillinge, aber höchst unterschiedlich sind: groß und hager der eine, im "knubbeligen Danny-de-Vito-Format" der andere. Dann tummelt sich noch ein entzückendes Mieter-Paar (Astrid Breidbach und Andreas Wunnenberg) auf der Bühne und sorgt für ein komplettes Chaos. Beide heißen Maxi - zu welchem Geschlecht sie gehören, bleibt unklar. Ein markanter Eyecatcher ist kein Schauspieler: Ein riesiger Baum steht auf den Brettern und dominiert das Bühnenbild der Gartenszene.

Eine Familie wie sie jeder kennt

Wie der bisherigen Beschreibung schon zu entnehmen: "Es geht um den Stress, der Familie bedeutet", so Thomas Rech. "Das Stück gestalten wir so, dass die Zuschauer sich in jeder Sekunde wiedererkennen. Wir wollen Familienleben zeigen. Menschen sind im Theater immer dann besonders angerührt, wenn sie sich selbst getroffen fühlen." Beim Schreiben musste Rech keine weit hergeholte Geschichte konstruieren: "Ich kann am besten über Sachen schreiben, die mich selbst angehen." So gesehen erlebt der Zuschauer wohl eine ihm nicht unbekannte Geschichte mit vielen Pointen und Überraschungseffekten.

Die 15. Saison im Mondpalast ist durchaus ein Anlass zum Feiern. Dafür ist der Anfang des nächsten Jahres vorgesehen, wie Prinzipal Christian Stratmann mitteilte. Die vorige Saison war, so Intendant Marvin Boettcher, geprägt von "langen Sommernächten". Wetter, das Menschen nicht gerade ins Theater treibt. Deshalb macht sich Regisseur Thomas Rech auch schon Gedanken über den nächsten Sommer: "Shakespeare im Stadtgarten, das wäre doch was." Vielleicht mit Seebühne. Das wären doch mal Wanner Mondnächte!

Horst Martens