Gedenken an den Holocaust

Nachkommen von Shoah-Überlebenden besuchen das Mahnmal in Herne

31. Mai 2017 | Gesellschaft

  • Robin, Jeff und Lester Christie sind aus England zum Herner Shoah-Mahnmal gekommen. ©Thomas Schmidt, Stadt Herne

„Die Bronzetüren sind eine gute Lösung. Es ist sehr wichtig, dass man das Mahnmal sehen kann, ansonsten wäre es nutzlos“, findet Jeff Christie, der in Leeds aufgewachsen ist und dort lebt. „Es ist wichtig, dass Herne an die Dinge erinnert, die passiert sind und die nie wieder passieren sollen. Junge Menschen sehen das Mahnmal und fangen an, Fragen zu stellen, was das ist und woran es erinnert“, ergänzt sein Bruder Lester, der inzwischen in London wohnt. „Es ist der Beweis dafür, dass der Holocaust stattgefunden hat, auch wenn mache Menschen sagen, es hätte ihn gar nicht gegeben. Ich bin deswegen sehr dankbar für dieses Monument“, betont Jeff. Gerade deswegen waren die drei Brüder besonders erschrocken, als sie von den wiederholten Beschädigungen des Mahnmahls hörten.

Wichtiger Ort der Erinnerung

Für sie ist es ein wichtiger Ort der Erinnerung, denn die Duisburger Familie ihrer Mutter, Tony Berger, ist seit den 1920er Jahren eng befreundet mit der Herner Familie Jankielewitz. Viele Mitglieder dieser Familie wurden von den Nazis ermordet. Die Tochter, Esther Hocherman, entkam und überlebte. Noch heute steht die Familie von Lester, Jeff und Robin mit Esther Hochermann in Kontakt. „Sie ist eine Cousine zweiten Grades von unserer Mutter Tony Berger. Esther hat uns oft erzählt, dass die beiden Familien viel gemeinsam unternommen haben. Da viele Familienmitglieder in der Shoah ermordet wurden, sind die Überlebenden als Ersatz-Familie zusammen geblieben“, erklärt Lester Christie. Seine Mutter Tony Berger konnte im Jahr 1939 im Alter von 19 Jahren mit einem Kindertransport nach England fliehen. Dort arbeitete der Teenager dann als Hausmädchen und versuchte, Visa für ihre Familie zu bekommen. Sowohl die Großmutter als auch die Tante von Lester, Jeff und Robin überlebten durch Zufall, während der Onkel Max Berger in Stutthof ermordet wurde.

Ein guter Kompromiss

„Diese Geschichte ist in uns und sie formt unser Denken und Verhalten“, sagt Lester Christie. Die Lösung, dass das Holocaust-Mahnmal am Willi-Pohlmann-Platz stehen bleibt und zum Schutz von Bronzetüren eingefasst wird, finden alle drei Brüder gut. „Es ist eine fantastische Lösung, um das Denkmal zu beschützen, denn es ist wichtig, es hier zu behalten.“, meint Lester. Den Kompromiss, es tagsüber zu öffnen und nachts geschlossen zu halten, finden alle drei vernünftig.

Der einzige Beweis, dass er gelebt hat

Aber nicht nur wegen des Mahnmals sind sie ins Ruhrgebiet gekommen. Gemeinsam mit dem Herner Historiker Ralf Piorr haben sie den Grabstein ihres Großvaters Hermann Berger in Duisburg wieder errichtet, der bei einem Fliegerangriff zerstört worden war. „Es war eine lange und schwierige Recherche, ohne Ralf hätten wir das nicht geschafft, das Grab unseres Großvaters wieder zu finden“, ist sich Lester sicher. In den neuen Stein haben die drei Brüder den Namen ihres Großvaters einmeißeln lassen, aber auch den Namen ihres Onkels Max Berger. „Das ist die einzige Aufzeichnung, dass er gelebt hat. Alles andere ist verschwunden“, erklärt Lester Christie. Der Stein und das Shoah-Mahnmal sollen nun das Vergessen verhindern.

Nina-Maria Haupt