Kinder

Plätze für Julius und Julius

25. Februar 2014 | Freizeit

In der Tennishalle an der Reichsstraße in Eickel warten Julius Haus (6) und Julius Seitz (7) darauf, endlich den Schläger schwingen zu können. Während dessen demonstriert Dieter Davidsen (52) den inherne-Journalisten, was zu tun ist, wenn Kinder zwischen vier und acht Jahren auch kindgerecht Tennis spielen wollen. Der Cheftrainer und Sportwart des TC Parkhaus schultert das überraschend leichte mobile Netz und setzt es quer zur Ausrichtung des Tennisplatzes zwischen Grundlinie und Aufschlaglinie wieder ab. Dadurch ist das neu entstandene Tennisfeld schon mal seitlich begrenzt. Jetzt wird die Aufschlaglinie mit einem Linienbesen auf beiden Seiten bis zur Doppellinie verlängert. Genauso wird noch eine Mittellinie auf beiden Seiten markiert. Danach packen die beiden Bambinis ihre Kinderschläger aus, nehmen sich die für ihre Altersklasse üblichen Bälle und die ersten Ballwechsel können beginnen.

In wenigen Minuten kann man so aus einem normalen Tennisplatz zwei Kleinfeldspielfelder einrichten. „So praktizieren es alle Tennisvereine in Deutschland.“ Aber Davidsen gefällt diese Methode nicht wirklich. Schon seit Jahren trägt er eine besondere Idee mit sich herum. Er möchte Tennisfelder nur für Kinder anlegen, Plätze auf denen ausschließlich der jüngste Nachwuchs spielt. „Im Moment hat man immer wieder das Gefühl, dass die Kleinen nur geduldet werden.“ Man beobachtet immer wieder mit den Hufen scharrende Erwachsene, die nur darauf warten, dass die Kinder endlich die Spielfläche freigeben.

Zeit ist reif für Kinderplätze

In den letzten Monaten hat Davidsen nun an der Umsetzung seines Vorhabens gearbeitet. Da eine Realisierung auf der vereinseigenen Anlage nicht möglich war, sollte einer der vom TC Parkhaus zum Trainingsbetrieb genutzten Tennisplätze im Eickeler Sportpark am Heisterkamp umgewidmet werden. Davidsen wandte sich an die Stadt Herne und fand in Person von Rüdiger Döring einen befürwortenden Ansprechpartner. Sportpolitik und die Sportverwaltung wurden durch ihn informiert und von Seiten der Stadt gab man schnell grünes Licht zur Realisierung. Die beantragte Kostenbeteiligung wurde genehmigt und somit stand das etwa 5000 Euro teure Projekt auch finanziell überschaubar vor der Umsetzung.

Ab April haben die Kinder damit nun endlich ihr eigenes Reich. „Sobald das Wetter beständiger ist, haben wir als erster Verein in Deutschland vier reine Tenniskleinspielfelder, von denen dann kein Erwachsener je mehr ein Kind verscheuchen wird“, sagt Davidsen. Im Fußball sind Kleinspielfelder seit Urzeiten üblich. Doch im „weißen Sport“ wird das Thema eher stiefmütterlich behandelt. An einem Tag der offenen Tür soll einer breiten Öffentlichkeit das neue Projekt vorgestellt werden.

Erstaunlicher Aufschwung

Der Nachwuchs nimmt im Verein seit über 20 Jahren einen hohen Stellenwert ein. 1991 übernahm Dieter Davidsen beim TCP die Verantwortung für das Training. „Als ich damals anfing, nahmen 21 Mannschaften am Spielbetrieb teil.“ Innerhalb von zehn Jahren kamen weitere zehn Mannschaften dazu. Ähnlich wie andere Vereine profitierte der TCP hierbei in erster Linie vom anhaltenden Boom in Deutschland um Boris Becker und Steffi Graf. Danach begann der Tennissport allerdings bundesweit an Attraktivität zu verlieren. Nicht jedoch beim TC Parkhaus Wanne-Eickel. Davidsen setzte voll und ganz auf Kinder, Jugendliche und deren Familien. Das Ergebnis: im Jahre 2007 nahmen schon 39 Mannschaften am Spielbetrieb teil.

Feste Spielfeldbegrenzung, Dieter Davidsen Feste Spielfeldbegrenzung, Dieter Davidsen, Foto: ©Thomas Schmidt, Stadt Herne

Einstieg ins Leistungstennis

Doch damit nicht genug. Im Jahre 2008 holte Davidsen die Studentin der Sportwissenschaft Saskia Menzel und den polnischen Daviscup-Spieler Mariusz Zielinski ins Trainerteam, um beim TCP den Leistungsbereich einzuführen. Gleichzeitig fasste Davidsen den Entschluss, in den nächsten Jahren den TCP im Herren 30 Bereich in der Bundesliga zu etablieren, um den Bekanntheitsgrad weit über die Grenzen der Stadt hinaus zu fördern. Das ist gelungen. Das Herren-30-Team ist zum festen Bestandteil der 1. Bundesliga geformt (3. Platz 2013), zahlreiche Akteure sind in der westfälischen bzw. deutschen Rangliste vertreten. Und: Der 350 mitgliederstarke TCP meldete in der letzten Saison 45 Mannschaften, die am Spielbetrieb teilnahmen. Damit erreicht der kleine Eickeler Tennisclub bundesweit einen Spitzenwert.

 Verein expandiert weiter

Im März 2014 wird die bestehende Sechs-Feld-Anlage an der Reichsstraße um zwei Außenplätze erweitert. Im Winter werden diese beiden neuen Plätze dann mit einer sogenannten Traglufthalle versehen, sodass der TCP in der kalten Jahreszeit dann zusammen mit der schon existierenden, festen Halle über insgesamt vier Spielfelder verfügen kann.

Guter Ruf über Wanne-Eickel hinaus

Am Spielfeldrand warten die Eltern, Thomas Haus wohnt in Recklinghausen. Er spielt seit 40 Jahren Tennis, die Faszination für den Sport hat er auf seinen Sohn Julius übertragen. Martina Seitz kommt mit ihrem Sohn Julius aus Gelsenkirchen angereist. Beide Eltern haben sich bewusst für den TC Parkhaus entschieden. „Dieser Verein hat überregional einen guten Ruf“, sagt Martina Seitz.

Umgangsformen sind wichtig

Weitere Kinder sind zum Training eingetroffen. Ein Mädchen rennt quer durch die ganze Halle, um Davidsen persönlich zu begrüßen. „Wir legen großen Wert auf die Umgangsformen. Die Eltern sollen das Gefühl haben, dass ihre Kinder hier in jeder Hinsicht gut aufgehoben sind. Natürlich haben Technik und Taktik bei uns im Training einen hohen Stellenwert der Spaß am Lernen sollte jedoch immer das Wichtigste sein. Nicht zuletzt deshalb ist das pädagogische Konzept bei der ganzen Sache also das A und O.“

Kindgerechtes Spiel

In der TCP-Tennishalle haben sich Julius und Julius unter der Regie des Trainers und Bundesligaspielers Mariusz Zielinski warm gespielt. Ihnen macht es sichtlich Spaß, auf Feldern und mit Bällen und Schlägern zu spielen, die ihrem Alter und ihrer Größe angepasst sind. Das entspricht den Prinzipien der internationalen „Play+Stay“ Methode (siehe Kasten).

Was bedeutet “Play + Stay“?

Die Zeiten sind vorbei, in denen Kinder mit schweren und zu großen Schlägern auf einem viel zu großen Platz einem viel zu schnellen Ball hinterher hechten und frustriert nach den ersten Stunden die Tennisschuhe an den Nagel hängen. Mit „Play+Stay“, einer weltweiten Initiative der ITF, werden innovative Trainingsmethoden und Equipment so sinnvoll miteinander verbunden, dass Neulinge sofort mit viel Spaß spielen können. Kinder, die mit passendem, kindgerechten Material im Kleinfeldspielen, lernen Tennis in einem Umfeld, das auf ihre körperlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten zugeschnitten ist.

Text: Horst Martens

Fotos: Thomas Schmidt

Siehe auch: www.tcparkhaus.de