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Sonia Mikich sammelte Kaulquappen

31. Mai 2014 | Gesellschaft

Der komplette Bericht aus inherne / Mai 2003

Inherne-Überschrift aus der Ausgabe Mai 2003. Inherne-Überschrift aus der Ausgabe Mai 2003.

Heimat nannte Sonia Mikich schon viele Orte auf der Welt. London, Moskau, Paris. Und Herne. Knapp vier Jahre - von 1961 bis 1965 - verbrachte die Top-Journalistin, die seit Januar 2002 das ARD-Politmagazin „Monitor“ leitet, an der Emscher. Als Zehnjährige kam die überzeugte „Berufsnomadin“ aus London in die Geburtsstadt ihrer Mutter Anneliese, die sie noch heute regelmäßig besucht.

Intensive Erinnerungen

Nach 40 Jahren erinnert sich die heute 51-jährige Mikich, die in Oxford geboren wurde, an erstaunlich viele Einzelheiten aus dieser Zeit. Vielleicht auch deshalb, weil sie nach wie vor regelmäßig nach Herne reist. Erst Ostern noch hat sie ihre 72-jährige Mutter besucht. „Im Burggraben von Schloß Strünkede habe ich Kaulquappen gesammelt“, erzählt Sonia Mikich, „und auf den Kohlehalden haben wir nach Katzengold gesucht.“ Fasziniert war sie, das weiß sie noch, von den vielen unterschiedlichen Gerüchen, die von der Zeche Hibernia herüberwehten: „Ganz Herne war ein Abenteuerspielplatz!“

Exotische kleine Engländerin

Sonias Mutter arbeitete als Übersetzerin für die Rheinarmee in Mönchengladbach, die Tochter kam daher zu den

Sonia Mikich verlebte vier aufregende Jugendjahre in Herne. Sonia Mikich verlebte vier aufregende Jugendjahre in Herne.

Großeltern nach Herne. Erst Vinckestraße, später Herderstraße. Der Start war dramatisch: „Ich konnte kein Deutsch, und als kleine Engländerin war ich völlig exotisch“, erinnert sich die Journalistin: „Damals gab es nicht viele Ausländer, die ersten Gastarbeiter aus Italien trafen ein. Auf der Bahnhofstraße eröffnete ein italienisches Eiscafé - das war die große Welt. Und zuhause schaute man Caterina Valente im Fernsehen.“

Gütige Lehrer und Gottesdienste

Die Neubürgerin fand gütige Lehrer: „Das erste halbe Jahr musste ich keine Hausaufgaben machen, ich sollte nur die Sprache lernen.“ Das tat Sonia mit Hilfe von deutschen Volksliedern, die sie liebte - und sang. Auch ihre Begeisterung für Gottesdienste half ihr, sich „flott anzupassen“. So bestand das Mädchen schließlich die Aufnahmeprüfung des heutigen Haranni-Gymnasiums und besuchte als „kleine Tochter der Anneliese“ dieselbe Schule wie einst die Mama. Freundschaften wurden geschlossen, und allmählich entwickelte sich Herne zu einem „gemütlichen Nest mit vielen Überraschungseiern“.

Karriere mit kühlem Kopf

Viel Zeit bleibt Sonia in Herne nicht. Das Nest bei der Oma räumt das Mädchen noch vor seinem 14. Geburtstag und zieht zur Mutter nach Mönchengladbach. In Aachen volontiert Sonia bei einer Zeitung und studiert. Anfang der 80er folgt das Volontariat beim WDR, eine steile Karriere beginnt. Sonia Mikich ist eine Frau, die neues Terrain, neue Herausforderungen liebt. 1992 wird sie Korrespondentin in Moskau, leitet alsbald das dortige ARD-Studio. 1998 übernimmt sie die Leitung des Studios in Paris. Sonia Mikich sei eine Frau, „die stets einen kühlen Kopf bewahrt“, würdigt WDR-Intendant Fritz Pleitgen Mikichs Verdienste. Und die landet schließlich ihren „Glückstreffer“, - im Januar 2002 tritt Sonia Mikich in Köln die Nachfolge des langjährigen Monitor-Chefs Klaus Bednarz an.

Text: Silke Bender