Familienbüro und Pflegekinderdienst

Viel Beziehungsarbeit

13. Oktober 2017 | Gesellschaft

Manche Kinder brauchen neue Eltern, die sie pflegen. Weil sie krank sind und in ihrer eigenen Familie nicht entsprechend behandelt werden können. Weil sie verwahrlost sind. Oder weil sie missbraucht wurden. Und es gibt Eltern, die diese Kinder liebevoll bei sich aufzunehmen.

Betreuung der Familien

Dieser Übergang von einer in die andere Familie funktioniert nicht von alleine. Deshalb gibt es Anna Kwasnitza und ihr Team vom städtischen Pflegekinderdienst des Fachbereichs Kinder-Jugend-Familie. Sie betreuen die Pflegeeltern, rekrutieren neue Pflegeeltern und halten den Kontakt und zu den leiblichen Familien.

Wenn Kinder aus den oben genannten Gründen ihren leiblichen Eltern entzogen werden, geht es meist nicht harmonisch zu. „Die meisten Fälle kommen vors Gericht", sagt Anna Kwasnitza, „weil die Eltern damit nicht einverstanden sind." Bei der Bewertung der Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen, hält sie sich zurück: „Zumeist sind sie mit ihren Kindern einfach überfordert", sagt sie.

  • Die Sozialpädagoginnen Sonja Lischewski und Anna Kwasnitza arbeiten im Familienbüro und im Kinderpflegedienst. © Thomas Schmidt, Stadt Herne
230 Pflegekinder

Neun Mitarbeiter der städtischen Stelle betreuen 230 Pflegekinder. Die Altersspanne der Kinder: von der Geburt bis zur Volljährigkeit. „Wir begleiten die Familien und sind Ansprechpartner", sagt Kwasnitza. Drei Erzieher kümmern sich darum, dass Kinder den Kontakt zur Herkunftsfamilie halten – „begleitete Umgänge" heißt das im Behördendeutsch. Insgesamt besteht das städtische Team aus 14 Mitarbeitern - inklusive Adoptionsvermittlungsstelle und "begleitete Umgänge".

35 bis 40 Fälle allein betreut Anna Kwasnitza. „Den Überblick verliere ich nicht", unterstreicht die studierte Sozialarbeiterin. „Meine Tätigkeit ist aber geprägt von viel Beziehungsarbeit und ist sehr, sehr vielschichtig. Die Kinder bringen einen Rucksack mit unterschiedlichen Erfahrungen mit. Dann ist es schön zu sehen, wie positiv sie sich zumeist bei den Pflegefamilien entwickeln." Da wirkt ein Lob wohltuend. „Ja, tatsächlich gibt es Herkunftseltern, die den Pflegeeltern sagen: ‚Ihr macht es richtig gut‘." Auf „stand bye" sind im Übrigen etwa elf Bereitschaftspflegestellen, die im Bedarfsfall ein Kind bei sich aufnehmen würden.

Etwas Gutes tun

Warum wollen diese Eltern das tun? Das Geld kann es nicht sein. „Es ist nur ein Minimalbetrag", sagt Kwasnitza. Eher seien diese Motive ausschlaggebend: „Sie wollen was Gutes tun. Oder sie haben ein Kind und wollen noch ein zweites. Manche können keine Kinder bekommen."

Infoabend

Dienstag, 17. Oktober, 2015 VHS im KuZ, Willi-Pohlmann-Platz 1 Infoabend

Der Fachbereich Kinder-Jugend-Familie der Stadt Herne sucht zukünftige Eltern für Pflegekinder, die vorrübergehend oder auf Dauer nicht mehr in ihrer Herkunftsfamilie bleiben können. Für Interessenten, die sich mit dem Gedanken beschäftigen, eventuell ein Pflegekind oder ein Adoptivkind in ihre Familie aufzunehmen, bietet der Fachbereich eine Informationsveranstaltung in Kooperation mit der Volkshochschule der Stadt Herne an.

Die Veranstaltung ist entgeltfrei. sabina.doerfling@herne.de oder anna.kwasnitza@herne.de

11. und 18.11. Vorbereitungsseminar für Pflegeeltern.

Familien sollen sich in Herne wohlfühlen. Deshalb gibt es das Familienbüro der Stadt. Beraten, informieren, unterstützen will die städtische Anlaufstelle an der Hauptstraße 241, neben dem WEZ. Zum Familienbüro-Team gehört auch Sonja Lischewski, die selber zwei Kinder hat, aber sich auch durch das Studium der Sozialpädagogik die notwendige Kompetenz angeeignet hat.

Der Willkommensbesuch

„Wir bieten allen Herner Familien mit einem Baby einen Willkommensbesuch an", sagt sie. Und über 90 Prozent der Eltern sagen zu. „Manchmal sagen Eltern, die schon mehrere Kinder haben, ab", sagt Lischewski, „aber die kennen sich ja auch schon aus." Alle anderen erhalten eine prall gefüllte Tasche gefüllt mit Broschüren, Informationsmaterialien und einigen kleinen Geschenken (Schnuller, Teddy, Buch mit Fingerspielen etc.). Wichtigster Bestandteil ist aber das Elternbegleitbuch. In diesem Sammelordner, der mit einem Gruß des Oberbürgermeisters beginnt, sind zahlreiche Informationen und Hinweise, die für Kind und Eltern nützlich sein könnten: eine Liste mit Kitas und deren Angeboten, mit den Kinderärzten, Logopäden, Ergotherapeuten, Krabbelgruppen, sowie eine Notfallliste mit Krankenhäusern und Infos für Behördengänge. Der Ordner wird jedes Jahr aktualisiert. In den Genuss eines Willkommensbesuches gelangen auch Familien, die nach Herne ziehen und Kinder unter drei Jahren haben.

Das Familienfrühstück

Jeden 1. Mittwoch im Monat von zehn bis 11:30 Uhr lädt das Familienbüro in seinen Räumen zum Familienfrühstück in Wanne-Eickel ein. Und seit Neuestem auch in Herne – dort dann in den Gemeinschaftsräumen der WHS, Flottmannstraße 2. Das Angebot ist kostenfrei. „Hier können Eltern und ihre Kinder Kontakte mit anderen Familien knüpfen, quatschen und spielen. Aber es gibt auch jeweils einen passenden Vortrag."

Mütter im Krankenhaus

Wenn sich für Mütter, die entbunden haben, in der Zeit des Krankenhausaufenthaltes ein Bedarf herauskristallisiert, können sie im Marienhospital und im St Anna-Hospital das Angebot „Kinderzukunft NRW" in Anspruch nehmen. In beiden Krankenhäusern sind Ansprechpartner, die sich mit dem Familienbüro in Verbindung setzen. Die Eltern können das Familienbüro noch drei Jahre lang kontaktieren. „Oft handelt es sich dabei um sehr junge Mütter", sagt Sonja Lischewski. „Manchmal geht es auch um Trennung oder Scheidung."

Die Sprechstunde

Wer Beratung benötigt, kann allerdings auch die Sprechstunden des Familienbüros aufsuchen (Mo, Mi, Fr 10 bis 13 Uhr, Di, Do 14 bis 16 Uhr). Diejenigen können sich im Spielbereich aufhalten, es gibt eine Stillecke, eine Toilette mit Wickeltisch - Platz ist auch genug, um den Kinderwagen dort einzuparken.

Sonja Lischewski, die selbst Kinder hat, könnte stundenlang darlegen, was das Familienbüro an Rundum-Angeboten hat. Neben dem umfangreichen Service ist es aber auch die freundliche Einrichtung, die geradezu dazu einlädt die Hemmschwelle zu übertreten.

Horst Martens