Professor Jürgen Zieren fühlt sich in Herne genau richtig

Von der Charité ins Marien Hospital

5. Mai 2017 | Gesellschaft Wirtschaft

Bewusst für Herne entschieden

Ein gutes Beispiel für diese These ist Prof. Dr. Jürgen Zieren. Der „kölsche Jung" und Vater zweier Kinder hat sich nach seinem Studium an der weltberühmten Berliner Charité und einigen Zwischenstationen ganz bewusst für Herne entschieden und fühlt sich hier samt Familie ziemlich wohl. Dem inherne-Autor Philipp Stark hat der Professor erzählt, warum er diese Entscheidung nie bereut hat.

„Wenn man als Universitätschirurg eine Karriere beginnt und dann auch wirklich vorhat, Professor oder Klinikdirektor zu werden, strebt man schon nach einer universitären Stellung. Es ist de facto so, dass bundesweit etwa 35 bis 37 sogenannte Lehrstühle für Chirurgie bestehen, die aber sehr unterschiedlich zu bewerten und gewichten sind. Am Marien Hospital Herne hat mich die Zwittersituation zwischen Versorgungskrankenhaus und universitärer Anbindung besonders gereizt.

Professor Jüren Zieren. © Frank Dieper, Stadt Herne. Professor Jürgen Zieren. © Frank Dieper, Stadt Herne.

Perfekte Arbeitsbedingungen

Das bedeutet: Wir haben klare universitäre Strukturen und eine unmittelbare Anbindung an die Ruhr-Uni mit allen Instituten und Forschungsmöglichkeiten. Wir erfüllen unseren Versorgungsauftrag, übernehmen die studentische Lehre und forschen – jeweils im Verhältnis von einem Drittel.

In erster Linie bin ich natürlich für die Patientenversorgung der Chirurgischen Klinik verantwortlich. Darüber hinaus leite ich den Bereich der Forschung und Lehre der Chirurgie.

Es kommt wie es kommt

Was das Private angeht, kann ich sagen: Es gab bei meiner Ortswahl Regionen, die ich nicht so präferiert habe. Dazu gehört Herne ganz eindeutig nicht. Als Rheinländer hat man eine gewisse Lebensphilosophie, wir leben nach dem kölschen Grundgesetz.

Das sind zehn Gesetze, wobei man eigentlich mit den ersten Drei zurechtkommt. Es ist wie es ist! Es kommt wie es kommt! Es ist noch immer gut gegangen!

Mit dieser Philosophie tritt man auch hinaus in die Welt. Als ich beispielsweise nach Berlin ging, um dort wenige Jahre nach der Wende an der Charité zu arbeiten, wurden Zugereiste wie ich durchaus als Exoten bezeichnet. Es bedurfte viel Einfühlungsvermögen, um dort nicht als ,Eroberer‘ aufzutreten. Wenn man aber mit einer offenen und natürlichen Art auf die Menschen zugeht, kann man sich überall wohl fühlen. Mit den Berlinern kommt man ohnehin sehr gut aus, weil sie ,die Schnüss auf der Zunge
tragen‘, ganz ähnlich den Menschen im Ruhrgebiet.

Herz auf der Zunge

Man trifft hier auf keine großen Widerstände, kommt mit den Leuten schnell ins Gespräch und die Menschen hier sagen, was sie denken. Sie wählen zwar nicht immer die Sprache danach aus, aber es kommt auf jeden Fall rüber.

Vom Ruhrgebiet hatte ich, wie viele andere auch, eine falsche Vorstellung. Da existierten tatsächlich immer noch die Bilder von grauen Schloten in den Köpfen. Ich selbst musste aber schnell lernen, dass es hier ausgesprochen grün ist. Die Vorstellung, das Ruhrgebiet sei ein Ballungszentrum wie Berlin, ist falsch. Man erreicht von hier aus in drei Minuten Ackerflächen und Bauernhöfe. Das war sicherlich etwas völlig Anderes und völlig Neues für mich. Ich habe auch gelernt, die Region nicht rein städtisch zu betrachten. Das Ruhrgebiet ist vielmehr ein Kompendium, eine Metropolregion. Lässt man den Fußball außen vor, wo es ganz starke Grenzen gibt, versteht der Ruhrgebietsmensch sich als ,Ruhri‘. Man ist stolz auf seine Herkunft.

Nehme mich nicht so ernst

Auch mit dem kulturellen Angebot in Herne bin ich sehr zufrieden. Meine Frau und ich sind regelmäßige Abonnenten des Kulturabos. Das Kulturzentrum finde ich für Herner Verhältnisse wahnsinnig. Nahezu alles, was dort angeboten wird, finde ich klasse. Um es auf den Punkt zu bringen: Ich bin angekommen in Herne und auch meine Frau und die Kinder fühlen sich wohl.

Nur beim Karneval hat Herne noch Entwicklungsbedarf. Ich sehe das aber auch eher positiv. Die Tatsache, dass in Herne Karneval gefeiert wird, ist Ausdruck einer Lebensphilosophie, die ich hier wiederfinde und erkenne. Für mich ist Karneval der Höhepunkt einer permanenten Lebenseinstellung. Er bedeutet für mich, in der Lage zu sein, sich nicht so ernst zu nehmen. Das hat mir in meinem Leben immer geholfen und ist Teil meiner Philosophie."

Aufgeschrieben von: Philipp Stark