Container Terminal

Von Wanne-Eickel nach Malmö

7. Oktober 2014 | Gesellschaft

Damals durfte inherne dem Kranführer der CTH Container Terminal Herne GmbH für einen Tag über die Schulter schauen.

Den Originalartikel finden Sie in der Printausgabe vom Mai 2013.

13.51 Uhr: Pünktlich rollt der Zug aus Malmö auf das Betriebsgelände, präzise rangiert ihn der Lokführer genau unter den Kran von Andre Banaszak. Für den 50-Jährigen beginnt jetzt mit der Mittagschicht ein ganz normaler Arbeitstag am Westhafen. Allerdings in luftiger Höhe. 14 Meter trennen ihn von den Gleisen und somit auch den Ladeeinheiten – den so genannten Trailern.

Schnell wird klar, hier sollte jeder Handgriff sitzen: „Man muss schon sehr konzentriert sein, viele Fehler darf man sich nicht erlauben ", sagt Banaszak und meint das im Grunde ironisch. Denn wer einen Trailer am Haken hat, darf sich überhaupt keinen Fehler erlauben. Schon beim ersten Ladevorgang des Tages zeigt der Monitor auch warum. 17 Tonnen sind auf dem Display zu lesen. 17 Tonnen, die gerade völlig ruhig durch die Luft schweben, um kurz darauf wieder Boden unter den Füßen zu haben. Oder besser gesagt unter den Rädern. Denn im Gegensatz zu normalen Containern verfügen Trailer bereits über Auflieger mit mehreren Achsen. Kaum landet das Schwergewicht auf der Erde, wird es schon von einem Mitarbeiter der CTH mit einer kräftigen Zugmaschine weggeschleppt, um später vom Kunden per Lkw problemlos auf dem Parkplatz in Empfang genommen zu werden.

  • Beeindruckend präsentiert sich der Containerterminal Herne dem Betrachter. © Thomas Schmidt, Stadt Herne

Zwei neue Portalkräne im Dauereinsatz

Noch allerdings muss der Zug aus Malmö mit seinen 38 Trailern erst entladen werden. Banaszak macht das nicht allein, 50 Meter weiter hilft ein Kollege im zweiten Kran mit. Und das durchaus zügig. Denn trotz der mächtigen Maße bewegt sich der Koloss recht schnell. Für 160 Meter benötigt er gerade einmal eine Minute. Tempo gemacht wird mit den beiden Schalthebeln und den vielen blinkenden Knöpfen, die fast an ein Cockpit erinnern. In die Luft abheben kann der mächtige Portalkran allerdings nicht. Aber auch so ist der Anblick imposant. Die beiden Riesen bringen es auf eine Höhe von 26 Meter – die Fahrerkabine befindet sich also nicht im allerhöchsten Stock.

Seit einigen Monaten sind die Kräne im Dauereinsatz und unterstreichen damit noch einmal Hernes regionale Bedeutung in Sachen Logistikstandort. Zur offiziellen Eröffnung des neuen Terminals konnte CTHGeschäftsführer Patrick A. Wisotzky im Februar sogar NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) begrüßen. „Die Erweiterung war dringend nötig, wir sind im vergangenen Jahr an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen", betont Wisotzky, der vom Trend von der Straße auf die Schiene überzeugt ist: „Der Zug ist in 15 Stunden in Malmö, mit dem Lkw ist das nicht zu schaffen." Der Westhafen liegt sehr verkehrsgünstig, sicherlich ein Vorteil gegenüber anderen Terminals. „Man ist von hier aus sehr schnell auf den Autobahnen A42, A43, A2 und A45. Unsere Kunden können somit optimal das Ruhrgebiet und die Benelux-Region erreichen", weiß auch Dirk Kapeller.

250.000 Ladungen pro Jahr möglich

Der Terminalleiter hat mit seiner Mannschaft im vergangenen Jahr 114.000 Ladungen umgesetzt, nach dem Ausbau sind nun 250.000 möglich. Neben Schweden steuern die Züge fast täglich Wien und die italienischen Städte Verona und Melzo an. Bevor sich der Zug mit der Ankunftszeit 13.51 Uhr aber wieder in Richtung Skandinavien verabschiedet, zeigen erst noch einmal die beiden neuen Portalkräne ihr Können. Natürlich auch Andre Banaszak. Als Mitarbeiter der Wanne-Herner Eisenbahn und Hafen GmbH hievt er die Fracht schon seit etwa 30 Jahren durch die Gegend. „Anfangs noch direkt von den Schiffen auf dem Rhein-Herne- Kanal", erinnert sich der gelernte Maler und Lackierer. Obwohl die Schleuse Wanne-Eickel nur einen Steinwurf vom Gelände der CTH entfernt ist, fehlt aus baulichen Gründen ein direkter Zugang zum Kanal.

Arbeitsplatz in 14 Metern Höhe

Seinen ehemaligen Arbeitsplatz hat er allerdings fest im Visier. Denn die 14 Meter Höhe sorgen für einen grandiosen Panoramablick. Würde es den hohen Sicherheitsstandards von CTH nicht im Wege stehen, könnte man zur Zeit der Cranger Kirmes fast ein Eintrittsgeld für die besten Logenplätze verlangen. Banaszak hat diesen Blick immer, nur keine Zeit, ihn zu genießen. Nach knapp einer Stunde sind die Trailer aus Malmö von der Schiene. „Jetzt wird wieder beladen für die Rückfahrt, dieser Zug muss als Erster raus", erklärt der Kranfahrer, als er mit viel Fingerspitzengefühl die vier ausgefahrenen Arme des Krans in Position bringt, um zuzupacken. Das geschieht überraschend geräuscharm. „Die Kräne werden elektrisch betrieben. Wir haben so eine Energieersparnis von 50 Prozent, die Reachstacker wurden nämlich mit Diesel betankt", erinnert Kapeller an den Beitrag zum Umweltschutz. „Reachstacker" heißen die Fahrzeuge, die vor der Montage der Kräne die Fracht bewegten und stapelten. Das funktionierte allerdings nur auf drei Gleisen. Mit den Kränen kamen zwei weitere Gleise hinzu und erhöhen die Leistungsfähigkeit des Terminals – auch im Blick auf die Konkurrenz – nicht unerheblich.

Leerfahrten sehen Logistiker nicht gerne

Was Banaszak allerdings genau befördert, weiß er nicht. „Das interessiert mich auch nicht", sagt er kurz vor seiner Pause um 18.30 Uhr. Das Thema Malmö hat sich zu diesem Zeitpunkt erledigt. Jetzt wartet das nächste Gleis auf die kräftigen Arme der Kräne. Und als kräftig darf man sie wohl bezeichnen bei einer maximalen Tragfähigkeit von 46 Tonnen. Die Züge nach Wien und Verona wurden Stunden vorher von der Nachtschicht gelöscht. Die Mittagschicht muss sie jetzt wieder für die Rückfahrt beladen – Leerfahrten sehen Logistiker nicht gerne. Und so schwingen sich die Kranführer nach ihrer Pause wieder in die etwa zwei Quadratmeter große Kabine. Mit präzisen Bewegungen bremst, hebt und lenkt Banaszak die schwere Fracht über die Gleise. Meistens ohne Probleme.

Auch der Wind kann den nächsten Zug nach Wien nicht mehr stoppen. „Bei 68 Stundenkilometern schaltet sich der Kran automatisch ab, das ist aber bisher kaum passiert", verrät der 50-Jährige. Von diesen Windgeschwindigkeiten ist man an diesem Tag weit entfernt. Näher ist da schon der Feierabend: Um 22 Uhr übernimmt die Nachtschicht…