Schleuse beeindruckt auch ohne Wasser

31. Juli 2020 | Ausgabe 2021/3

Inspektion findet alle sechs Jahre statt

Die gewaltigen Bauwerke üben eine ganz eigene Faszination aus: Wer eine Schleuse überquert, kann sich kaum dagegen wehren, einen kurzen Stopp einzulegen und die Schiffe beim Schleusengang zu bestaunen. Selbst eine Kammer ohne Wasser zieht die Menschen in ihren Bann. Zwei Mitglieder der inherne-Redaktion können das bestätigen: Sie steigen ab in die Südkammer der Zwillingsschleuse Herne-Ost.

Höhe von fast 18 Metern

Sofort wird klar, dieser Besuch ist etwas Besonderes. Der Blick von oben in die Kammer ist schon beeindruckend. Wer aber das Glück hat, einmal unten auf dem Boden zu stehen, kommt aus der Phase des Bewunderns nur schwer heraus. Die Länge von 190 Metern wirkt mindestens doppelt so lang und auch die Höhe von fast 18 Metern hat es in sich. Keine andere der fünf Schleusen am Rhein-Herne-Kanal hält mit diesen Ausmaßen mit. Diese Kulisse mit den Muscheln an den Wänden beeindruckt – allerdings nicht (mehr) Edgar Lohbeck. Kein Wunder: Seit 30 Jahren ist der Wasserbaumeister am Rhein-Herne-Kanal im Einsatz und packte in dieser Zeit bei jeder Inspektion mit an. Nur für eine Inspektion werden die Kammern trockengelegt. Alle sechs Jahre ist es somit überhaupt möglich, einen Fuß auf den Boden zu setzen. „Dort, wo wir jetzt stehen, garantieren wir normalerweise eine Wassertiefe von vier Metern, was übrigens für fast den gesamten Kanal gilt“, betont der Mitarbeiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Westdeutsche Kanäle mit dem Hauptstandort Duisburg.

Nur für eine Inspektion werden die Kammern trockengelegt. Alle sechs Jahre ist es somit überhaupt möglich, einen Fuß auf den Boden zu setzen.

Ein Mann und seine Schleuse: Wasserbaumeister Edgar Lohbeck ist seit mehr als 30 Jahren am Rhein-Herne-Kanal im Einsatz.

Aus Duisburg-Meiderich reisen Lohbeck und sein Team allerdings nicht extra an. Am Hoverskamp befindet sich die Herner Außenstelle des Amtes und somit fast in Sichtweite zur Schleuse Herne-Ost. Für die Eindämmung – so wird das Trockenlegen der Kammern genannt – bedeutet das kurze Wege. Das ist auch von Vorteil, wenn die Fachfirmen anrücken und die Instandsetzungsarbeiten übernehmen. Der größte Kraftakt ist dabei sicherlich der Ausbau der Schleusentore, der diesmal nicht an der Schleuse Herne-Ost, aber in Wanne-Eickel nötig ist. Ein Exemplar bringt sage und schreibe 60 Tonnen auf die Waage. „Mit einem mächtigen Kran werden die Tore angehoben und in die Kammer gelegt. Im Anschluss werden sie gesandstrahlt und bekommen einen neuen Anstrich, bevor sie wieder eingebaut auch ohne Wasser werden“, erklärt Lohbeck. Die Nischen der Schwimmpoller werden mit dem Hochdruckreiniger gesäubert, der Boden mit einem Radlader und auch der Hubsteiger ist für die Malerarbeiten an den Pollern und Leitern im Dauereinsatz. Nicht ohne Grund sagt Lohbeck: „Wer sich für den Beruf des Wasserbauers interessiert, sollte handwerkliches Geschick mitbringen.“

Das gefüllte Schleusenbecken.

Die Öffnungen des Wasserzulaufs zum Beckenboden.

Ein Ponton-Schuber sichert die gesperrte Schleusenzufahrt.

Binnenschiffe müssen Umwege fahren

Und das übrigens nicht nur für die Arbeiten an der Schleuse Herne-Ost, auch die Schleusen Wanne-Eickel und Gelsenkirchen gehören zum Zuständigkeitsbereich. Über gut erhaltene Schleusen freuen sich natürlich auch die zahlreichen Binnenschiffer, die die künstliche Wasserstraße über eine Länge von 45,5 Kilometern regelmäßig zum Waren- und Güterverkehr nutzen. Die fünfwöchige Inspektion des Bauwerkes in Wanne-Eickel sorgt allerdings stets für ein Ärgernis. Der Grund: Da es nur eine funktionierende Schleuse gibt, müssen die Binnenschiffe teilweise große Umwege fahren und auf den Wesel-Datteln- Kanal ausweichen. Der Bau einer neuen Schleuse wurde schon mehrfach verschoben. Doch Wasserbaumeister Lohbeck macht Hoffnung: „Die Arbeiten sollen im Jahr 2025 beginnen.“ Dann haben die Menschen wieder eine Attraktion mehr am Rhein-Herne-Kanal.

inherne-Redakteur Michael Paternoga im Gespräch mit Edgar Lohbeck.

Text: Michael Paternoga     Fotos: Thomas Schmidt