Neue Exponate der Stadtgeschichte

Das Bonanza-Rad

24. Juli 2015 | Gesellschaft Kultur

Easy Rider Feeling

Das Chopper-Feeling begeisterte ihn und wenn er die Shamrockstraße rauf und runter radelte, fühlte er sich wie Dennis Hopper auf der legendären Route 66. „Easy Rider" eben. „Den Film selbst habe ich damals nicht gesehen. Ich kam nur in die Jugendvorstellungen um 13 Uhr: ‚Godzilla‘. Aber die Fotos im Aushang der Lichtburg haben wir alle bestaunt." Tatsächlich liegt in der Assoziation zum Motorrad auch der Ursprungsmythos des Rades. Der Legende nach waren es Latino-Kids an der amerikanischen Westküste, die Anfang der 1960er Jahre Motorradsitzbänke und -lenker an ihre Fahrräder montierten. Ab 1968 sorgte der Neckermann-Versand mit einem High-Riser namens „Bonanza" auch in Deutschland für den kommerziellen Durchbruch.

  • Bonanzarad © Frank Dieper, Stadt Herne

Fuchsschwanz und Pornoschaltung

Das Bonanza-Rad beschwor „street credibility", bevor es den Begriff überhaupt gab. „Mit Batterie-Hupe, Sturm-Klingel, Zierspiralen aus Plastik und bunten Fähnchen wurde jedes Rad individuell aufgemotzt. Es war eine Art Statussymbol", so Schönemann. Allerdings nur für Jungen, Mädchen blieben außen vor, was unter heutigen Endvierzigerinnen zu Traumata geführt haben soll. Und in dieser Jungen-Welt zwischen ZACK-Parade und Marvel-Superhelden-Comics firmierte die Torpedo-Dreigangnabe von Sachs, deren Schaltkonsole mittig auf dem Oberrohr thronte, auch bald unter dem Namen „Pornoschaltung".

Cross auf dem Almaring

Im Gegensatz zu den Versprechen der Werbung hielt sich die Geländetauglichkeit des Rades jedoch in Grenzen. „Von Röhlinghausen aus fuhren wir zum Motodrom auf dem Gelände der ehemaligen Kokerei Alma in Ückendorf. Dort jagten wir mit unseren Bonanza-Rädern über die Buckelpiste. Täglich gab es Stürze und Schäden", erzählt Frank Korte. Für den heutigen Besitzer eines Fahrradladens an der Bahnhofstraße wurden diese Erlebnisse wegweisend: „Wir konnten nicht jedes Mal zu Fahrrad-Runo in der Plutostraße rennen, also musste man selbst ran: Ersatzteile im Schrott suchen und herumschrauben. Ich war bald ganz gut darin und begann, Nachschub an die Kollegen zu verscherbeln: eine Mark hier, 50 Pfennig da. So fing eigentlich alles an." Mit dem Beginn der BMX-Ära Anfang der 1980er Jahre verschwand das Rad aus dem Straßenbild. Nur noch ab und an trotzen verwegene Hipster mit Chopper-Lenker, Bananensattel und Fuchsschwanz dem Diktat von Carbon-Rahmen und 21-Gängen und radeln lässig am Rhein-Herne-Kanal der untergehenden Sonne entgegen.

Der Erwerb des Bonanza-Rades für das Heimatmuseum Wanne-Eickel wurde vom Förderverein „Freunde des Emschertal-Museums" ermöglicht. Erstmals wird auch die Zeit des Strukturwandels museumsreif. Interessante Exponate und Geschichten werden noch gesucht.

Kontakt: ralf.piorr@herne.de