Wirtschaft

10 Jahre BranchenForum Personal in der Logisitik

30. Juni 2015 | Gesellschaft Wirtschaft

Fachkräftemangel in der Logistik - das ist das Thema seit 10 Jahren beim BranchenForum. Stets praxisorientiert mit Workshops und aktiver Beteiligung organisiert, sollte diesmal auch die Politik zu Wort kommen: Wirtschaftsminister Garrelt Duin war eingeladen, einen Impuls zu der Frage „Was tut das Land für die Logistikbranche" zu halten.

branchenforum_2015_beide Minister Duin (Foto links) unterstrich den hohen Stellenwert der Logistik für den Standort NRW. Auf dem rechten Foto diskutieren (v.l): Kerstin Groß, IHK Mittleres Ruhrgebiet, Wulf Noll, Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW, Christian Moll, Spedition Moll GmbH, Martin Gaedt, Referent und Autor, Peter Abelmann, LogistikCluster NRW, Luidger Wolterhoff, Agentur für Arbeit Bochum. ©lmln

In einer Presseinformation des Forums heißt es:

Im Weiterbildungsforum der Stadt-Parfümerie Pieper begrüßte Geschäftsführer Dr. Oliver Pieper die Teilnehmer und berichtete, dass auch sein Unternehmen sich um Fachkräfte bemühen müsse. Es setzt dabei verstärkt auf Auszubildende sowohl im Handel in den mehr als 120 Filialen als auch auf Logistikfachkräfte im Logistikzentrum in Herne. Dr. Pieper merkte kritisch an, dass die Politik den Unternehmen mit immer neuen gesetzlichen Vorgaben wie etwa der Dokumentationspflicht beim Mindestlohngesetzes Steine in den Weg legt.

Rückblick auf zehnjähriges Bestehen

Als Einstieg gab es dann einen Rückblick auf 10 Jahre BranchenForum zu den unterschiedlichsten Personalthemen, von Führungskräfteentwicklung bis Mitarbeitermotivation oder Anwerbung ausländischer Fachkräfte am Bsp. der spanischen Berufskraftfahrer. „Wohin geht’s denn in den Urlaub? Ach kannst Du mir dann nicht ´nen Spanier mitbringen?", fragte Markus Rasche seinen Gesprächspartner Dr. Ingo-Maria Langen, beide tätig für das LogistikCluster NRW. Das war zwar lustig gesagt, aber im Grunde eine bitterernste Frage. Woher Fachkräfte nehmen, wenn sich keiner für den Beruf oder die Logistikbranche insgesamt interessiert? Welchen Einfluss hat das „magere" Image der Logistikbranche auf die Chancen von Unternehmen geeignetes Personal zu finden?

„Hört auf zu jammern, es gibt keinen Fachkräftemangel", war die provokante Botschaft des heutigen Referenten und Autors Martin Gaedt. Er hielt in einem klang-vollen Vortrag den anwesenden Teilnehmern schonungslos den Spiegel vor und vertrat vehement den Standpunkt, dass es gar keinen allumfassenden Fachkräfte-mangel gibt. Er zeigte Beispiele dafür, was die Unternehmen aktiv tun können, um Fachkräfte anzusprechen. „Wer hat von Ihnen denn schon mal die IHK Jahresbesten aktiv angesprochen?" fragte Gaedt und traf bei den Anwesenden einen wunden Punkt.

Am Ende von Gaedts Vortrags stand die klare Feststellung: Unternehmen müssen aktiv werden, sichtbar werden und sich rechtzeitig und vor allem wertschätzend um Bewerber, um Azubis und um Mitarbeiter kümmern, denn der Leitgedanke von Unternehmen, die Mitarbeiten sagen: „Sie können sich geehrt fühlen in den engen Kreis der potenziellen Mitarbeiter aufgenommen zu werden," wird immer häufiger von Mitarbeitern gekontert mit: „SIE können sich geehrt fühlen, in den engen Kreis der potenziellen Arbeitgeber aufgenommen zu werden." Laut Gaedt stehen wir vor der kompletten Verkehrung der Kräfteverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt.

NRW-Wirtschaftsminister Duin: Logistik eine unverzichtbare Säule

Garrelt Duin, Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW, ging in seiner Rede auf die Bedeutung der Logistik für den Standort NRW ein. Als eine der größten Branchen des Landes sei die Logistik eine unverzichtbare Säule der nordrhein-westfälischen Wirtschaft. Beim Thema Fachkräftesicherung hob Duin die Eigenverantwortung der Unternehmen hervor. „Es geht darum, die Arbeitsbedingungen möglichst attraktiv zu gestalten und die Potenziale des Arbeitsmarktes voll auszuschöpfen", betonte der Minister. Gleichzeitig machte er deutlich, dass die Logistik gute Voraussetzung biete, um ausländische Arbeitskräfte zu integrieren.

Zur Rolle der Politik dabei sagte Minister Duin: „Wir können nur einen rechtlichen Rahmen setzen, der die Bedürfnisse der Wirtschaft widerspiegelt." Darüber hinaus lobte er die Arbeit des LogistikClusters NRW und versicherte seine Unterstützung für das Projekt LogistiKids. Bei jungen Menschen anzufangen, um das Image der Logistik positiv zu besetzen, sei der richtige Weg.

Talkrunde zum Fachkräftemangel

In der anschließenden Talkrunde zu der Frage „Fachkräftemangel – Mythos oder Realität?" gab es am Ende dazu keine eindeutige Entscheidung. Christian Moll, Geschäftsführer der Spedition Moll GmbH aus Dülmen, berichtete über konkrete Aktivitäten, die er als Unternehmer unternimmt, um sich rechtzeitig um neue Azubis zu bemühen und dass er erfolgreich sei mit der Strategie. Peter Abelmann, Clustermanager LogistikCluster NRW, unterstrich die hohe Bedeutung des Personalthemas für die Logistikbranche. Eine Unternehmensbefragung der BVL kam zu dem Ergebnis, dass 75 Prozent der Unternehmen angaben, Schwierigkeiten zu haben offene Stellen adäquat zu besetzen und 73 Prozent der Befragten sogar erwarten, durch den Mangel an geeigneten Arbeitskräften Einbußen zu erhalten. „Das schlechte Image der Branche ist ein großes Problem der Unternehmen, " sagte Abelmann. Und er ergänzte, dass die Branche im Grunde im eigenen Saft mit dem Problem schmort: „Auf einer Veranstaltung wie heute sind Logistiker, in den Logistikfachmedien wird über das Problem berichtet und wer liest es? Logistiker. Imagekampagnen wie ´Tag der Logistik` und andere Ideen werden publiziert in logistischen Veröffentlichungen. Wieder liest es „nur" die betroffene Branche. Es ist wichtig, dass die Kommunikation über die konkreten Probleme viel breiter aufgestellt wird", sagte Abelmann im Laufe der Diskussion.

Rahmenbedingen der Branche verbessern

Wulf Noll, Ministerialdirigent im MWEIMH und Luidger Wolterhoff, Leiter der Agentur für Arbeit in Bochum und Herne unterstützen die Forderungen Gaedts, dass die Arbeitgeberattraktivität der Unternehmen deutlich gesteigert werden muss. Gleichzeitig bekräftigten beide die jeweiligen Aktivitäten des Ministeriums und der Arbeitsagentur, um die Rahmenbedingungen für die Branche zu verbessern. „Wir freuen uns sehr über Ihre Teilnahme, aber eigentlich hätten wir Ihre Ministerkollegen Schneider für Arbeit und Soziales (z.B. Mindestlohn, Lenk- und Ruhezeiten) und Groschek für Infrastruktur (z.B. Lkw-Stellplätze an Autobahnen) auch mit einladen müssen, um alle Beteiligten für die Rahmenbedingungen der Branche an einen Tisch zu bringen," sagte die Moderatorin der Talkrunde Kerstin Groß, IHK Mittleres Ruhrgebiet, zu Minister Duin. Im Ergebnis brachte die Diskussion zwar nicht keine „goldenen" Lösungen, wie ein möglicher Mangel behoben werden kann, aber für alle Beteiligten ein „Einschwören" darauf, dass Politik, Institutionen und Unternehmen gemeinsam dafür arbeiten müssen, das Image, die Rahmenbedingungen und die Attraktivität der Logistikbranche deutlich zu erhöhen.

Abschließend bedankte sich der Gesamtmoderator des Tages Dr. Joachim Grollmann vom last mile logistik netzwerk bei den Rednern, den Teilnehmern, den Veranstaltern und dem Organisationsteam und lud ein, gemeinsam das Jubiläum zu feiern.