118 Bewerber kamen zum Azubi-Speed-Dating
Die positive Zahl des Tages hatte Dieter Groß, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit, im Gepäck: Die Zahl der von Unternehmen in Herne gemeldeten Ausbildungsstellen habe sich 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent erhöht. Also wieder eine deutliche Zunahme – war doch schon vor einem Jahr an gleicher Stelle ein Plus von zehn Prozent verkündet worden. Und dennoch: Das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage ist in Herne ein weiteres Mal eklatant; mindestens 200 Bewerber, so Groß, würden zum offiziellen Stichtag am 30. September 2018 keinen Ausbildungsvertrag in der Tasche haben. „Wir spüren, dass wir in Herne auf einem guten Weg zur Chancen-Stadt sind", analysierte Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda, „aber wir wissen auch, dass dieser Weg noch lang ist."
Donnerstag, 20. September 2018, Akademie Mont Cenis, 2. Herner Azubi-Speed-Dating: Schülerinnen und Schüler aller Abschlussklassen von Haupt-, Real- und Gesamtschulen in Herne hatten über fünf Stunden lang Gelegenheit, mit Arbeitgebern ins Gespräch zu kommen. Sich über Berufe und Angebote zu informieren, Vorstellungsgespräche zu verabreden oder sogar schon fertige Bewerbungsmappen abzugeben. 35 potenzielle Arbeitgeber hatten ihre Tische aufgebaut – Versicherungen und Industrie-Unternehmen, Handwerker und Händler, Dienstleister und Gastronomen. Die Spanne konnte breiter kaum sein.
Bedauerlich im Vergleich zur Premiere 2017: Zwei der acht eingeladenen Schulen machten dieses Jahr nicht mit und schickten keine Schülerinnen und Schüler – „wegen Klassenfahrten", wie Schulamtsdirektor Rainer Ruth begründete. Unter dem Strich hatten am Ende des Tages 118 Schülerinnen und Schüler die Chance zum Speed-Dating genutzt – darunter 30, die auch ohne Anmeldung spontan vorbeischauten.
An der grundsätzlichen Attraktivität des Formats haben die Partner, die hinter dem Azubi-Speed-Dating stehen – Stadt Herne, Kreishandwerkerschaft Herne, Kommunales Bildungsbüro, Wirtschaftsförderung Herne, Agentur für Arbeit, Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen und IHK Mittleres Ruhrgebiet – keinen Zweifel. „Wir können gar nicht genügend Aktivitäten entwickeln, um Schüler und Wirtschaft zusammenzubringen", so Dudda. „Wir brauchen mehr Dialog auf Augenhöhe, so wie hier", ist sich Kerstin Groß, Kompetenzfeldmanagerin bei der IHK Mittleres Ruhrgebiet, sicher. Die „persönlichen Gespräche" seien wichtig – gerade auch im Vorfeld eines Bewerbungsverfahrens. Dies sei ein Weg für Unternehmen, Nachwuchs zu finden – sich positiv darzustellen, eine eigene Marke zu entwickeln. „Wir möchten Unternehmen für Ausbildung begeistern", skizzierte sie die Leitlinie der IHK.
Auch die Arbeitsagentur setzt auf Formate wie das Azubi- Speed-Dating. „Je früher Schüler mit Arbeitgebern in Kontakt kommen, desto besser", so Dieter Groß. Und Martin Klinger von der Kreishandwerkerschaft formulierte, „die Unmittelbarkeit spricht für das Format". Meint: In lockerer Atmosphäre bei einem Speed-Dating könnten Betriebe und potenzielle Bewerber ganz anders miteinander reden als später in einem formalen Bewerbungsverfahren. „Häufig ist der erste Eindruck ja entscheidend."
Eines ist für alle Akteure auf dem Ausbildungsmarkt klar: Eine gute Ausbildung ist die Grundvoraussetzung für ein „sicheres Berufsleben", so Klinger. Und für Dr. Dudda ist es deshalb extrem wichtig, Schüler noch viel früher in der Schule „zu erreichen", um ihnen die Bedeutung einer Ausbildung klar zu machen. Und ihnen zu vermitteln, dass „schulische Warteschleifen" keine gute Alternativen zur Ausbildung seien. Diese Ansprache will er forcieren – damit der Weg zur „Chancen-Stadt" etwas kürzer wird …