Als in Herne 48 Schächte in die Tiefe führten
Das Interesse an Stadtgeschichte ist in Herne riesengroß. 20 Hobbyhistoriker kommen regelmäßig im "Treffpunkt Stadtarchiv" zusammen und stellen spannende Recherchen an. Aus dieser Forschungstätigkeit erwächst eine ganze Ausstellung. Der Titel: "Epilog - zum Ende des deutschen Steinkohlenbergbaus 2018".
Erst seit März 2018 trifft sich die Gruppe (in einem Veranstaltungsrahmen von Stadtarchiv und VHS) unter der Regie von Stadtarchivar Jürgen Hagen. Erstaunlich, was sie in dieser kurzen Zeit schon alles zusammen getragen haben. Weil der Abschied des Kohlenbergbaus schon 2018 in großen Tönen gefeiert wurde, einigte man sich auf eine Nachlieferung: "Wir wollen ein Nachwort formulieren", sagt Hagen. Und nichts anderes bedeutet bekanntlich Epilog.
Die Schäfte des Schusters Seidich
Sie geraten ins Schwärmen, wenn sie gefragt werden. 30-32 Bildtafeln erläutern die Themen der Bergwerkgeschichte - und jeder hat mit seinen Recherchen dazu beigetragen. Walter Müller zum Beispiel interessiert sich für die Sicherheit der Zeche und kam bei der Suche vom Allgemeinen zum Speziellen: Der Schuster Seidich stellte sichere Bergbauschuhe her, die verstärkt und mit Kappen versehen waren. Inzwischen hat sich daraus eine weltweit agierende Firma in der Schirrmannstraße entwickelt, die Schäfte herstellt - und zwar für orthopädische Zwecke. Ein anderer Zweig ist die Anfertigung von Maßschuhen.
EPILOG - Zum Ende des deutschen Steinkohlenbergbaus 2018 (24.1.–28.2.2019)
mo – fr: 09.00 – 19.00 Uhr, sa: 09.00 – 13.00 Uhr / Foyer von Stadtarchiv und VHS im Kulturzentrum, Willi-Pohlmann-Platz 1.
Eröffnung: Donnerstag, 24. Januar 2019, 18.00 Uhr, im VHS-Saal (Raum 050) und Foyer. Finissage: am 28. Februar 2019, 19.00 Uhr, im VHS-Saal mit dem Bühnenstück „Weg vom Fenster".
Die Veränderung der Stadtlandschaft
Gerd Körner weiß aus eigener Erfahrung, wie sich die Stadtlandschaft verändert hat. Sein Wissen hat er einfließen lassen bei der Fertigung von Karten aus verschiedenen Jahren, die genau diese Veränderungen dokumentieren. Auf einer Luftaufnahme sind zum Beispiel mit gelben Nadeln die 48 Schächte markiert, die in Herne einst in die Tiefe führten. Zu den Karten gibt es zusätzlich Foto- und Textleisten.
Auf der Suche nach Protego-Hauben
Gerd Biedermann, der die Facebook-Gruppe "Herne von damals bis heute" leitet, suchte mit Mitstreitern alle Protego-Hauben, die sich im Stadtgebiet befinden. Die Hauben, die den Austritt von Gas regulieren, weisen auch gleichzeitig auf den Standort einer ehemaligen Zeche hin, denn während es von Unser Fritz, Teutoburgia und Pluto noch Relikte gibt, sind von anderen nur noch die Hauben letzte Zeugen der Vergangenheit.
Bergbaulampen und andere Exponate
Hartmut Stockhorst war Knappe bei Friedrich der Große und ist seitdem auf Heimatkunde abonniert. Er steuert zur Ausstellung die dreidimensionalen Exponate aus seiner Sammlung bei - von Bergbaulampen, "Kaffeepullen" bis hin zum legendären Arschleder und vieles mehr. Er behauptet: "Für mein Privatarchiv brauche ich eine Vitrine, die so groß ist wie der Lesesaal im Stadtarchiv."
Die Kohleveredlung
Mit der Kohleveredlung und der Verwandlung der Kohle in Gase und chemische Stoffe haben sich Günter Habijan und Hans-Ulrich Bauer befasst. Sie haben auch dokumentiert, wie sich die Gasverwertungsgesellschaften entwickelt (Gaweg, Nord-Hydro) haben.
Die Stadt des Brotes
Wanne-Eickel, die Stadt des Brotes, hat Ingeborg Müller-Schuitz unter die Lupe genommen. Sie hat rausgefunden, dass 1955 noch 65 Bäcker selbst das Brot backten, und dass Wanne-Eickel unter den Brot backenden Städten in Deutschland an vierter Stelle rangierte. Sogenannte "Kaltbäcker" verkauften das Brot auch in den Straßen und brachten es bis vor die Tür. Vier Bildtafeln informieren über die Brot-Situation.
Der Film zur Eröffnung
Der Buch-Autor Wolfgang Berke informierte über den 65-minütigen Film, der bei der Eröffnung der Ausstellung gezeigt wird. Nahezu jede Zeche wird in historischen Filmaufnahmen und/oder aktuellen Aufnahmen behandelt. Zu den wichtigsten Autoren des Streifens zählt Roland Schönig, der Betreiber des "Mondkanals".
Am Schluss gab es von Stadtarchivar Jürgen Hagen noch ein dickes Lob für alle: "Jeder hat seriös und diszipliniert recherchiert und dabei auch Fotos, Literatur und andere Quellen benutzt".
Horst Martens