Grundsteuer

Belastungen verschieben sich

22. Februar 2024 | Wirtschaft
Foto: Andrey Popov, Adobe Stock.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Grundsteuer in ihrer bisherigen Form im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt. Das Berechnungsschema für die Grundsteuerwerte beruhte auf Zahlen aus dem Jahr 1964 bzw. 1935 (neue Bundesländer) und konnte die aktuellen Wertverhältnisse nicht mehr abbilden. Der Bundestag hat daraufhin Ende 2019 ein Gesetz zur Grundsteuerreform verabschiedet. Dieses Gesetz gilt grundsätzlich bundesweit, jedoch hat der Gesetzgeber eine Öffnungsklausel eingefügt, so dass einzelne Länder eigene Berechnungsmodelle entworfen haben. Nordrhein-Westfalen hat sich zusammen mit zehn anderen Bundesländern für das „Bundesmodell“ entschieden. Über die Auswirkungen für Herne hat Kämmerer Dr. Hans Werner Klee am Dienstag, 20. Februar 2024, gemeinsam mit dem Fachbereich Steuern und Zahlungsentwicklung in einem Pressegespräch informiert.

Schon in frühen Modellrechnungen mussten die Kommunen in NRW feststellen, dass es bei der Anwendung des Bundesmodells zu großen Belastungsverschiebungen bei den unterschiedlichen Grundstücksarten kommt. Für Wohngrundstücke wurden höhere Grundsteuermessbeträge errechnet, bei Geschäftsgrundstücken halbierten sich die Messbeträge. Die Landesregierung hat diese Berechnungen lange Zeit ignoriert und darauf hingewiesen, dass diese nicht repräsentativ seien. Nachdem mittlerweile über 80 Prozent der Grundstücke bewertet worden sind, erkennt auch das Land an, dass es in beinahe allen Kommunen in NRW zu erheblichen Belastungsverschiebungen der genannten Art kommt.

Neben den betroffenen Städten und Gemeinden in NRW haben auch kommunale Spitzenverbände die Landesregierung mehrfach aufgefordert, das Bundesmodell zu modifizieren und die Steuermesszahl für Geschäftsgrundstücke anzupassen, da diese offensichtlich zu niedrig gewählt wurde. Dies hat das Land mit Hinweis auf verfassungsrechtliche Bedenken und den hohen Verwaltungsaufwand bei der Finanzverwaltung abgelehnt. Das Festhalten des Landes am Bundesmodell wird – bei unverändertem Hebesatz – in Herne zu einem Grundsteuerausfall von bis zu vier Millionen Euro führen. Um Grundsteuererträge wie in den Vorjahren zu erreichen, müsste der Hebesatz für die Grundsteuer B auf deutlich über 900 Prozent angehoben werden. Dies führt zu einer überproportionalen Belastung der Wohngrundstücke, insbesondere der Ein- und Zweifamilienhäuser. Mit angepasstem Hebesatz werden Einfamilienhausbesitzer im Schnitt mit 31 Prozent und Zweifamilienhausbesitzer mit 22 Prozent mehrbelastet. Bei Eigentumswohnungen beträgt die durchschnittliche Mehrbelastung 11 Prozent und bei Mietwohnungen 7 Prozent.

Massiv entlastet werden dagegen Geschäftsgrundstücke Die Entlastung für Geschäftsgrundstücke liegt in Herne bei fast 50 Prozent. Diese Tendenz ist in ähnlichem Umfang auch in den Nachbarstädten festzustellen.

„Vor dem Hintergrund der in den nächsten Jahren katastrophalen Haushaltsentwicklung und der weiterhin ausstehenden Altschuldenregelung für die Kommunen ist die Stadt Herne gezwungen, den Übergang von der alten zur neuen Grundsteuer aufkommensneutral zu gestalten. Eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes ist damit unausweichlich“, fasste der Kämmerer diese Informationen zusammen. Und unterstrich zugleich: „Wir haben keine Karten in diesem Spiel“ und betonte, dass dies ein sehr unbefriedigender Zustand sei, aber aufgrund der Finanzlage kein anderes Handeln möglich sei.