Beobachter der Berliner Republik
Der Eickeler Robin Alexander berichtet als Journalist für die Tageszeitung „Die Welt“ über die Berliner Politik. Er gilt als profunder Kenner der Materie
Es ist Mitte Oktober. Das Ergebnis der Bundestagswahlen vom 23. September steht fest. CDU und SPD haben sich darauf geeinigt, die Bildung der dritten Großen Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik zu verhandeln. Mindestens so spannend wie die überdreht anmutende heiße Wahlkampfphase vor der Bundestagswahl waren und sind die Tage und Wochen, nach denen die Wähler ihr Kreuz gemacht haben. Es gilt, eine neue Regierungskoalition zu finden. Einer derjenigen, der diesen Prozess aus der Nähe beobachtet, über ihn berichtet und ihn einordnet, ist Robin Alexander. Der Journalist stammt aus Eickel, arbeitet als Kanzleramtskorrespondent für die Tageszeitung „Die Welt“, gibt in Stefan Raabs Polittalk „Absolut Mehrheit“ seine fachlichen Einschätzungen zum politischen Geschehen und sitzt gelegentlich in der sonntäglichen Diskussionsrunde „Presseclub“ in der ARD.
Träger des Theodor-Wolff-Preises
Wer den 38-Jährigen kennt und ihn bei seinen TV-Auftritten beobachtet, gelangt zu der Einschätzung, dass er sich dabei nicht verstellt, sondern sich so gibt, wie er ist: Engagiert, meist kompetent und sprachlich klar. Eine gewisse Prominenz hat der Vater dreier Kinder durch die Experten-Auftritte, insbesondere bei Stefan Raab, erlangt: „Ich werde beim Brötchen holen, beim Sport oder in der Kirchengemeinde auf diese Auftritte angesprochen. Und zwar von Leuten, die meine Texte nicht lesen und keine klassischen politischen Sendungen im Fernsehen gucken. Aber Raab gucken sie und beschäftigen sich dann auch mit Politik.“
Dabei sind die Auftritte im Fernsehen nur ein kleiner Teil seines journalistischen Schaffens. Robin Alexander ist eigentlich ein Schreiber. Für sein Essay über den Begriff der „Herdprämie“ hat er in diesem Jahr einen der angesehensten Preise im deutschen Print-Journalismus erhalten – den Theodor-Wolff-Preis in der Kategorie Reportage/Essay/Analyse. Benannt nach dem Begründer des Berliner Tageblatts zeichnet der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) mit ihm in jedem Jahr Journalisten in verschiedenen Kategorien aus. Als Geehrter steht Robin Alexander nun in einer Reihe mit großen Namen im Journalismus wie Joachim Fest, Hellmuth Karasek oder Herbert Riehl-Heyse.
Den Vater überzeugen
Doch weder diesen drei Genannten noch sonst einem Journalisten hat Alexander nachgeeifert. Die Frage, ob er überhaupt journalistische Vorbilder hat, verneint er. Gleichwohl gab es einen Grund, in den Journalismus gehen. „Mein Vater hat sich immer sehr für Nachrichten interessiert. Bei uns zu Hause wurde außerdem am Küchentisch immer heiß politisch diskutiert. Das war eine hervorragende Schule für mich. Noch heute denke ich vor manchem Leitartikel: Wie könnte ich meinen Vater überzeugen?“
Seine journalistische Laufbahn verlief gerade zu Beginn geradezu klassisch für diese Branche: Redakteur der Schülerzeitung am Gymnasium Eickel, erste Praktika bei der WAZ und dem Lokalradio in Herne. Dann folgte 1995 der Wechsel an die Uni Leipzig. Wo zu DDR-Zeiten linientreue Journalisten ausgebildet worden waren, hatte sich eine bundesweit angesehen journalistische Fakultät gebildet. Das Studium war angereichert mit Auslandsaufenthalten und viel freier Mitarbeit. Favorisierter Lesestoff damals „die tageszeitung“, kurz taz, bei der Alexander auch volontierte und sich im Berliner Politjournalismus etablierte. Es folgte ein Intermezzo bei der gescheiterten deutschsprachigen Ausgabe des US-Magazins „Vanity Fair“, über das dreifache Familienvater rückblickend sagt: „Der verwegene Versuch in Deutschland, amerikanischen Journalismus zu machen. Wir sind auf ganzer Linie gescheitert, aber es hat einen Riesenspaß gemacht.“
Erst online, dann Print
Nach diesem Versuch mit Spaßpotential landete er bei der „Welt“, beim Tageszeitungs-Flaggschiff des Axel-Springer-Verlages. Dort beeindruckt ihn vor allem eines: „Keiner hat so konsequent auf neue, digitale Lesegewohnheiten umgestellt wie die ,Welt‘. Meine Artikel erscheinen zuerst im Internet auf der Seite www.welt.de und dann gedruckt.“
Aber ob digital, Print oder TV: Robin Alexander hat sich ein Profil geschaffen und ist inzwischen ein bekannter Beobachter der Berliner Republik.
Text: Christoph Hüsken
Foto: Privat