Bereit für den Winter

29. April 2024 | Ausgabe 2024/3

Aufgeräumte Gärten für die Natur nutzlos

Mitten in der Stadt tun sich an einigen Stellen grüne Oasen der Ruhe auf. Zwischen Obstbäumen und Blumenbeeten lässt es sich vortrefflich Abtauchen vom stressigen Alltag. Gemeint sind die Schrebergärten mit ihren grünen Parzellen, von denen es in Herne über 2.500 gibt, organisiert in 40 Vereinen. Den ältesten im Stadtgebiet – den Kleingartenverein Sorgenfrei – haben wir besucht. Mit zwei Gartenprofis sprachen wir darüber, wie man das Grün für den Winter fit macht.

Der erste Vorsitzende des Vereins mit insgesamt 86 Parzellen ist seit 15 Jahren Hans-Peter Müller. „Der Verein ist meine Heimat fast von Geburt an“, sagt der ehemalige Industriekaufmann, der in der Parzelle seiner Eltern laufen gelernt hat. „Sobald ich durchs Haupttor in die Vereinsanlage komme, habe ich Urlaub“, so der 65-Jährige, der sich mit der gärtnerischen Arbeit auch fit hält. Seit zwei Jahren berät Natascha Tomlik als Gartenfachberaterin die Mitglieder der KGV Sorgenfrei. Auch sie hat zusammen mit ihrem Mann eine eigene Parzelle, wie schon ihre Eltern. Die 48-Jährige, die sich seit 2015 in der Jugendarbeit engagiert, hat in Absprache mit dem Vorstand außerdem eine freie Parzelle umgewidmet und einen Projektgarten für die Jugendarbeit eingerichtet. Dort bewirtschaftet der Gartennachwuchs unter anderem verschiedene Hochbeete

„Ganz wichtig ist natürlich das Mulchen“,

Die Gartenfachberaterin Natascha Tomlik und der Vereinsvorsitzende Hans-Peter Müller machen die Kleingartenanlage KGV Sorgenfrei fit für den Winter und haben einige Tipps auf Lager.

Zum Schutz von Tieren und Insekten

„Wie viel Zeit man in seinen Garten investiert, ist ganz unterschiedlich“, erläutert Tomlik. Das hängt davon ab, wie pflegeleicht man sich diesen anleget. „Drei bis vier Stunden pro Woche sollten es aber auf aber alle Fälle sein“, rät sie. „Wichtig ist, dass man kontinuierlich arbeitet“, ergänzt Müller, der selbst fast täglich kommt. „Generell gilt, ganz aufgeräumte Gärten sind zwar hübsch anzuschauen, aber für die Natur eigentlich nutzlos“, weiß die Gartenfachberaterin und weiter: „Denn in aufgeräumten Gärten können weder Insekten, Vögel, noch Kleintiere irgendwas an Futter finden.“ Zum Schutz der Tiere kann man aktiv beitragen: „Wir bauen zum Beispiel Igelhäuschen oder Totholzhaufen, wo sie die Tiere auch verstecken können über den Winter“, so der Experte. Für die Insekten kann man aus Stroh eine Behausung bauen. „Im Herbst sollten die Nistkästen für die Vögel saubergemacht werden. Damit diese im nächsten Jahr ihre Wohnung wieder schön neu einrichten können“, rät Müller mit einem Augenzwinkern.

Mulchen hilft

Wie man den Garten ansonsten noch für den Winter fit macht, wissen die Gartenprofis. „Ganz wichtig ist natürlich das Mulchen“, sagt Tomlik. Darunter versteht man das Abdecken des Bodens mit organischen Materialien, um diesen zu schützen. „Alles, was an Laub runterkommt, kann unter die Sträucher, um die im Winter zu schützen sowie auch die Insekten und Igel.“ Zum Überwintern sind für einige Insekten auch die Stauden lebenswichtig: „Die sollten jetzt noch nicht geschnitten werden, sondern erst im Frühjahr“, so Tomlik weiter. Einige Pflanzen sollten vor dem ersten Frost geschützt werden. Dazu gehören beispielsweise Dahlien oder Geranien. Letztere werden zum Überwintern zurückgeschnitten und in den Keller gestellt. Bei den Dahlien müssen die Knollen aus der Erde und bis zum nächsten Frühjahr eingelagert werden. „Einheimische Stauden und Pflanzen können in der Regel mit dem Frost umgehen. Sie können geschützt werden, indem man etwas Mulch oder Laub darüber gibt“, raten die Experten. Müller nimmt dafür beispielsweise den gehäckselten Obstbaumschnitt.

Gemüsebeete praktisch auflockern

„Auch die Gemüsebeete, die abgeerntet sind, sollte man nicht brachliegen lassen, sondern eine Gründüngung über den Winter aufbringen“, so Müller. Dafür eignen sich einjährige Pflanzen, die im Winter durch den Frost eingehen, zum Beispiel Bienenfreund, Senf oder Phacelia. „Die Pflanzen arbeiten dann über den Winter für uns und lockern den Boden auf“, so Müller. „Und es wächst auch weniger Unkraut“, ergänzt Tomlik. „Denn das Unkraut macht im Winter keine Pause“. Im Frühjahr werden die Pflanzen dann einfach in den Boden eingearbeitet. Und selbst im Herbst kann noch Gemüse gepflanzt werden: „Man kann jetzt auch noch Feldsalat aussähen oder Jungpflanzen von Grün- oder Rosenkohl pflanzen“, so Tomlik.

Schutz für Bäume

„Bäume schützt man natürlich mit dem Weißanstrich“, erklärt der Vereinsvorsitzende. Dieser hat verschiedene Funktionen: „Bei starken Temperaturschwankungen schützt er den Baum, im Winter vor Frost und im Sommer vor Sonnenbrand. Insbesondere bei älteren Bäume setzt er die Ritzen zu, damit sich dort nicht zu viele Schädlinge über den Winter einnisten können. Auch Moose und Pilze haben es so schwerer. Außerdem ist er für den Baum ein natürlicher Dünger.

Das Thema Baumschnitt ist komplex. „Obstbäume kann man den ganzen Winter über schneiden“, so Müller und rät weiter: „Nicht die Fruchttriebe abschneiden, die im kommenden Jahr das Obst bringen, sondern auslichten, was kreuz und quer wächst, so dass man eine schöne Form bekommt.“ Bleibt man untätig, kann sich das auf die kommende Ernte auswirken: „Wenn man einen Apfelbaum nicht schneidet, hat man sehr viele Äpfel, aber die sind alle mickrig. Schneidet man etwas raus, werden die Äpfel auch größer. Natürlich gebe es für die unterschiedlichen Obstsorten auch verschiedene Baumschnitte.

Regentonnen besser ausleeren

Vor den ersten Frösten sollten Regenfässer besser entleert werden. Falls sie komplett durchfrieren, können diese platzen. Die Lauben dichtet man in der kalten Saison möglichst ab, aber gut durchlüftet sollten sie schon sein. Denn durch die Feuchtigkeit kann sich in der kalten Hütte Schimmel bilden. So gerüstet kann der Winter kommen und am Ende hat Gartenfreund Müller noch einen Extra-Tipp: Wer sich den Herbst zuhause noch etwas erhalten möchte, kann jetzt aus den abgeschnittenen Gräsern oder zum Beispiel Hortensien auch eine tolle Herbstdeko machen.

Text: Carina Loose     Fotos: Philipp Stark, Adobe Stock