Die Herner Künstlerin Johanna Falchi und ihre Kunst des Hinsehens
Wo andere den Blick abwenden, beginnt für Johanna Falchi die Arbeit. Die Ölgemälde der Herner Künstlerin zeigen fantastische Szenerien mit seltsamen Gestalten, die zwischen dem Abstoßenden und kaputter Schönheit schwanken.
„Auch die unbequemen Seiten des Seins haben ihren ganz eigenen Ästhetikanspruch“, sagt Falchi. Und wirklich: Unbequem muss man es mindestens nennen, was Falchi auf die Leinwand zaubert. Ein Blick auf die „Serenade der Selbstzerstörung“ verdeutlicht das. Ein verstümmelter menschlicher Körper ist dort zu sehen, durchbohrt von einer Lanze, die er selbst zu führen scheint. Direkt daneben: eine fantastische Bestie, deren Maul mit erschreckend vielen Zähnen bewehrt ist. Den Hintergrund bildet eine ländliche Idylle, über die die Nacht hereinbricht. Ein Vorhang im vorderen linken Teil öffnet oder schließt sich vor der gesamten Szene. Falchis Kunst ist voller Symbolik, stellt viele Fragen und gibt wenige Antworten.
In Herne zuhause
Die 1997 in Herne geborene Künstlerin ist in ihrer Heimatstadt verwurzelt. Nach dem Kunststudium folgte ein Masterstudium in Germanistik und Literatur- und Medienpraxis. Heute arbeitet sie als freischaffende Künstlerin und als Cutterin für Fernsehproduktionen. Seit Jahren ist Falchi auch ehrenamtlich im Kulturbereich aktiv – unter anderem im Kulturell-alternativen Zentrum Herne (KAZ) und als Jurymitglied des Herner Jugendkulturpreises HERBERT!“

„Erhebung“

„Aschefestung“

„Tiraden Toter Traumsequenzen“
Feiner Humor
Demut vor der Natur als Ganzes treibt sie an – und zur Natur gehören eben nicht nur die schönen, sondern auch die hässlichen Seiten. In ihrer symbolreichen Bildsprache greift sie religiöse und politische Motive auf, ohne sich selbst als religiös zu verstehen. Die Gemäldeserie „Abyss“ erforscht die dunklen Seiten der menschlichen Psyche, doch zwischen Einsamkeit und Melancholie schimmert immer wieder das Absurde durch – ein feiner Humor, der aufmerksamen Betrachter*innen nicht entgeht.
Liebe zum Handwerk
Falchis naturalistische Ölmalerei ist geprägt von einer handwerklichen Begeisterung: Sie stellt ihre Keilrahmen selbst her und reibt Ölfarben aus Pigmenten an. Neben den düsteren Abgründen gilt ihre Vorliebe auch der Darstellung von Tieren – besonders Pferde und Insekten haben es ihr angetan. Ihre Werke sind oft großformatig und fordern beim Betrachten heraus, nicht wegzuschauen.
Demut vor der Natur
Herne ist für Falchi nicht nur Heimat, sondern auch Bühne: Ihre Arbeiten waren schon in den Flottmannhallen, im KAZoptikum und in der Kulturbrauerei Hülsmann zu sehen. Im September 2025 wird sie im Rathaus Herne ihre Ausstellung „Soziale Wärme in 4 Dimensionen vs. die Dimension der Angst“ präsentieren. Mit ihrer Kunst zeigt die junge Herner Künstlerin, dass Ästhetik mehr umfasst als klassische Schönheit – und dass sich in der „demutsvollen Verbeugung vor der Natur“ eine tiefere Wahrheit verbirgt: Es muss nicht alles schön sein, aber alles ist betrachtenswert.


„Serenade der Selbstzersörung“