Ruhrgebiet

Bund kündigt „Milliardenhilfe für arme Städte“ an

4. März 2015 | Gesellschaft Wirtschaft

Erst in der vergangenen Woche hatten der Oberbürgermeister und der Kämmerer mit rund 50 Amtskollegen vom Aktionsbündnis aus sieben Bundesländern in Berlin mit den Fraktionsspitzen der im Bundestag vertretenen Parteien entsprechende Gespräche geführt und sich mit Vizekanzler Sigmar Gabriel getroffen. „Mit einer derart schnellen Reaktion der Bundesregierung auf unsere Initiative in Berlin haben wir nicht gerechnet“, freute sich Schiereck über die Ankündigung. „Die geplanten Finanzhilfen zeigen, dass die Bundesregierung die Dringlichkeit verstanden hat“. "Nun hoffen wir auf die Nachhaltigkeit der finanziellen Beteiligung aus der Bundeshauptstadt an den Kosten des Gemeinwesens", ergänzt Dr. Klee.

"Die Früchte unserer Arbeit"

„Das sind die Früchte unserer Arbeit“. So kommentiert Mülheims Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld als Sprecherin des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ die Entscheidung aus Berlin, „arme Städte“ mit einer Milliardenhilfe zu versehen. „Unsere Hartnäckigkeit ist auf fruchtbaren Boden gestoßen“, so OB Mühlenfeld. „Offensichtlich ist die Botschaft nun endgültig angekommen, dass die Städte in einer Schuldenfalle stecken, aus der sie nur mit Staatshilfe herauskommen“.

Zentrale Forderungen der Stadtchefs

Eine Neuordnung der Soziallastenfinanzierung, eine Strategie zur Stärkung der kommunalen Investitionsfähigkeit und ein Sondertilgungsprogramm zum Abbau von Altschulden – diese zentralen Forde-rungen hatten die Stadtchefs, die rund acht Millionen Bürgerinnen und Bürger vertreten, in Berlin vorgetragen und dargestellt, dass nur so Haushaltsausgleich und Schuldenabbau in ihren Städten zu realisieren sind.

Vizekanzler Sigmar Gabriel kündigte konkret an, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und er sich am vergangenen Wochenende auf ein umfassenderes Investitionspaket verständigt haben. Am Montag sagten auch die Fraktionsspitzen dazu ja: Schon im Jahr 2017 sollen die Kommunen im Rahmen des Teilhabegesetzes um 2,5 Milliarden Euro entlastet werden. Bislang war dafür eine Milliarde Euro vorgesehen. Die zweite Stufe kommt dann 2018 mit den vollen fünf Milliarden Euro. Mülheims Stadtkämmerer Uwe Bonan sieht die ak-tuelle Entscheidung als sehr guten ersten Schritt an „Die Aufstockung der Eingliederungshilfe bedeutet für Mülheim an der Ruhr ab 2017 eine Haushaltsentlastung von rund 4,4 Mio. Euro. Das ist eine große Hilfe, um dem geplanten Haushaltsausgleich in 2021 zu erreichen. Wir sind aber weiterhin der Auffassung, dass, wie im Koalitionsvertrag verankert, die komplette Entlastungssumme von 5 Mrd. Euro bis 2017 fließen muss.“

Investitionsprogramm für finanzschwache Kommunen

Von 2015 bis 2018 legt der Bund laut den Informationen aus Berlin auch noch ein kommunales Investitionsprogramm für finanzschwache Kommunen mit 3,5 Milliarden Euro auf. Der Eigenanteil der Kommunen muss dabei nur zehn Prozent betragen. „Auch dies ist ein wichtiger Schritt“, so Bonan. „Wir erhalten hierdurch mehr Handlungsspielraum in unserem Investitionshaushalt, den wir auch dringend benötigen, um unsere maroden Brücken, Straßen und Gebäude sanieren zu können. Abzuwarten bleibt, nach welchen Kriterien die Mittel verteilt werden und wofür sie verwendet werden können. Ich erhoffe mir, dass das Programm ähnlich unkompliziert umgesetzt werden kann wie das Konjunkturprogramm II, dass uns in 2012 bereits ein großes Stück weiter geholfen hat.“

Berlin stockt Breitband auf

Drittens stockt Berlin die Verkehrs- und Breitbandinvestitionen nochmals um 4,35 Milliarden Euro auf. Dazu kommen noch die Erlöse aus der Frequenzversteigerung, so dass sich die im Koalitionsvertrag vereinbarte Erhöhung der Investitionen mehr als verdoppelt. Außerdem fließen 1,2 Milliarden Euro in Investitionen für die Energieeffizienz und weitere Mittel in verschiedene Maßnahmen für Kitas oder den Städtebau. „Dies ist ein erheblicher Beitrag zur Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur“, würdigt Bonan die Entscheidung.

Bundestag diskutiert demnächst über Hilfe

Neben aller Freude über die Ankündigung von Sigmar Gabriel erwartet Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld gemeinsam mit ihren „Bündniskolleginnen und -kollegen“ nun die baldige Terminierung der ihnen von allen Bundestagsfraktionen zugesagten Plenarsitzung des Deutschen Bundestages, damit das Thema Kommunalfinanzen und Ungleichheit der Lebensverhältnisse noch einmal grundlegend diskutiert wird. „Eine Stadt allein richtet in Berlin gar nichts aus. Doch wenn unser bundesweit aufgestelltes Aktionsbündnis geschlossen und aktiv vor dem Reichstag demonstriert, dann kommt einiges in Bewegung. Jetzt bleiben wir dran. Das ist unsere einzige Chance auf mehr Bundes- und Länderunterstützung zur Selbsthilfe“, da ist sich Oberbürgermeisterin Mühlenfeld sicher.