Eine Kindheitserinnerung wird zum Markenzeichen
Sie dreht sich unermüdlich auf Bierdeckeln, Wimpelketten oder Babylätzchen. Die Rede ist von der wohl berühmtesten Windmühle Hernes, die in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag feiert. 1973 zierte sie erstmals das Plakat für die Cranger Kirmes und ist bis heute ihr bekanntestes Markenzeichen. Als Inspiration für die Windmühle diente eine Kindheitserinnerung an das bekannte Volksfest.
Der Schöpfer der Windmühle ist der gebürtige Wanne-Eickeler Helmut Bettenhausen, der über viele Jahre Mitarbeiter der Stadtverwaltung war – erst im Planungsamt und ab 1974 im Presseamt der Stadt, wo er zwei Jahrzehnte die grafische Handschrift verantwortete. Die damals noch eigenständige Stadt Wanne-Eickel hatte 1973 zu einem Wettbewerb aufgerufen, in dem ein Entwurf für das Kirmesplakat ermittelt werden sollte. Die Ausbeute blieb jedoch mager und so machte sich der profilierte Künstler Bettenhausen selbst ans Werk.
„Ich erinnerte mich, dass ich als Kind mit meinem Vater zur Cranger Kirmes gegangen bin, da war ich immer begeistert von den Windmühlen, die man kaufen konnte. Die waren an einem Stock und dann ging man damit nachhause“, erzählt Bettenhausen. „Da habe ich das erste Mal dieses Motiv visuell gesehen. Das war mein Grundmotiv, plakativ und gut umsetzbar.“
Die Kirmesplakate der Jahre 1973, 1974 und 1975 mit dem Windmühlen-Motiv.
Preisausschreiben zu Fehldruck
Bettenhausen erhielt den Zuschlag. Für den Entwurf baute er eine Windmühle aus Plastik dreidimensional nach. Diese wurde fotografiert und das Motiv ging an die Druckerei. So weit, so gut. „Doch dann kam der eigentliche Hammer“, erinnert sich der 87-Jährige. Die Mühle war falschherum auf dem Plakat abgebildet. Es musste neu gedruckt werden. Die Stadt machte aus der Not eine Tugend und veranstaltete ein Preisausschreiben. „Zehn der falsch gedruckten Plakate wurden im Stadtgebiet von Wanne-Eickel geklebt“, so Bettenhausen. Wer diese fand, konnte Eintrittskarten und Fahrscheine für die Kirmesattraktionen gewinnen.
Große Zukunft vorausgesagt
Vielleicht hat auch diese Aktion mit dazu geführt, dass die Bürger*innen gleich eine starke Bindung zu dem Symbol entwickelten. Schon bei der Vorstellung der Windmühle sagte die Westfälische Rundschau in der Ausgabe vom 7./8. April 1973 der Windmühle eine große Zukunft voraus: „Bettenhausens Symbol der Bewegung und Heiterkeit hat die allerbesten Chancen, zum dauernden Gütezeichen für die Cranger Kirmes zu werden.“
„Zehn der falsch gedruckten Plakate wurden im Stadtgebiet von Wanne-Eickel geklebt.“
Helmut Bettenhausen bei der Vorstellung seiner Ausstellung Positionen 1958 bis 2021.
Hoher Wiedererkennungswert
Und genauso kam es. Bis heute ziert Bettenhausens Windrad unzählige Werbeträger und Souvenirs. 1974 hatte er dieses in seiner bis heute typischen Farbgebung weiterentwickelt und bis 1993 immer wieder in seinen Entwürfen verwendet. Mittlerweile ist das Windrad eine geschützte Bildmarke und als solche Teil des Markenlogos der Cranger Kirmes. „Durch die jahrzehntelange Tradition, den hohen Wiedererkennungswert und die große Beliebtheit ist das Windrad einfach nicht mehr wegzudenken“, erläutert Holger Wennrich, Geschäftsführer von Stadtmarketing Herne. „Der Stellenwert ist vergleichbar mit den Logos von Lufthansa oder Apple.“
Den Erfolg erklärt Wennrich so: „Das Windrad hat eine ebenso einfache wie schöne Form, die schon von Schulkindern nachgemalt werden kann. In der Vervielfältigung ergibt es ein dekoratives Muster. Bunte Windräder machen einfach Freude. Die leichte Schrägstellung drückt eine gewisse Dynamik aus und steht damit für die Vorfreude, dass sich die Karussells auf Crange bald wieder drehen.“
Im Laufe der Jahre wurden kuriose Varianten der Windmühle geschaffen: Vorschlag zu einer Sitzgruppe für die Innenstadt.
Eine Broschüre zur Kirmes aus demPresseamt aus den 1990er Jahren.
Von einem Crange-Fan selbst gebautes Geschicklichkeitsspiel.