Das zweibeinige Einhorn und andere Irrtümer
Gehören die Knochen aus der Höhle im Harz tatsächlich zu einem Einhorn, das auf zwei Beinen lief? Oder war das Fabelwesen nur eine Erfindung geschäftstüchtiger Wikinger, die die Stoßzähne von Narwalen verkauften? Immer wieder haben Archäologen gerätselt, gezweifelt – und die falschen Schlüsse gezogen. Eine Ausstellung im LWL-Museum für Archäologie zeigt lustige Irrtümer und dreiste Fälschungen.
Das Rätsel um die Badewanne
Wir schreiben das Jahr 4022, Archäologen haben bei einer Ausgrabung ein Gebäude aus dem 21. Jahrhundert entdeckt: das „Motel der Mysterien“. Die Archäologen rätseln: Welche Schätze verbergen sich in der mit einem „Bitte nicht stören“-Schild versiegelten Grabkammer? Liegt der Tote in einem weißen, auf Hochglanz polierten Sarkophag oder ist es eine Badewanne? Und schon sind die Besucher der Ausstellung mittendrin in den Fehldeutungen und Schummeleien, die Archäologen im Laufe der Jahrhunderte unterlaufen sind.
Der Eimer wird zur Krone
Anhand anschaulicher Beispiele zeigt die Ausstellung „Irrtümer & Fälschungen der Archäologie“, wie leicht der erste Anschein täuscht – auch Archäologen in der Vergangenheit. So zeigt die Ausstellung, wie Rand und Henkel eines Eimers, die neben einem Schädel lagen, zur Krone umgedeutet wurden. Bei einer anderen Ausgrabung fanden Forscher früherer Jahrhunderte Tierknochen und das Horn eines Narwals. Da viele Menschen zu der Zeit an Einhörner glaubten, setzten die Ausgräber die Funde zu einem Einhorn zusammen, das allerdings nur zwei Beine hatte.
Naheliegende Trugschlüsse
„In der Vergangenheit waren viele dieser Trugschlüsse logisch. Vieles wurde auch rituell gedeutet“, erläutert der Leiter des Museums, Dr. Josef Mühlenbrock. Archäologen standen weniger ausgefeilte wissenschaftliche Methoden zur Verfügung. Außerdem haben sie oft von ihrem eigenen Alltag auf den früherer Menschen geschlossen.
Besucher gehen auf Spurensuche
Den Trugschlüssen kommen die Besucher selbst auf die Spur: von Freitag, dem 23. März, bis Sonntag, 9. September 2018, im LWL-Museum am Europaplatz 1. Sie können durch die fiktive Ausgrabung in der Zukunft laufen und reale Ausgrabungen der Vergangenheit entdecken. Fälschungen warten darauf, entlarvt zu werden – was die Besucher mit Hilfe eines interaktiven Begleitheftes tun können. „Das Heft animiert dazu, sich in die Ausstellung hineinzufinden“, erklärt Marketingreferentin Astrid Jordan. „Auch wer nicht oft ins Museum geht, wird an die Hand genommen und kann vieles entdecken.“
Von der Antike bis zu Fake News
In der gesamten Ausstellung finden die Besucher Nachrichten – und können selbst herausfinden welche wahr sind und welche Fake News. „Wir wollen vermitteln, dass nicht jede Nachricht sofort geglaubt werden sollte oder dass eine Nachricht für immer als wahr angesehen wird“, so Jordan. „Gerade heute ist es wichtig, Kinder und Jugendliche an die Vergangenheit heranzuführen und zu zeigen, dass das keine trockene Geschichte ist, sondern ganz aktuell.“ Aber auch für Erwachsene gebe es viel zu sehen und zu schmunzeln. „Das ist eine vielschichtige, humoristische Ausstellung“, ergänzt Mühlenbrock.
Freche Fälschung
Einige dreiste Fälschungen zeigen, dass Menschen oft das glauben, was sie glauben wollen. Zum Beispiel Mitarbeiter des Pariser Louvre, die eine angeblich antike Tiara kauften, bevor ein anderes Museum sie bekommt. Trotz einiger Ungereimtheiten blieben die Forscher von der Kostbarkeit überzeugt, für die sie ein Vermögen gezahlt hatten – bis der Goldschmied erschien, der das Stück gerade eben erst fertig gestellt hatte.
Besondere Aktionen
Zur Eröffnung der Ausstellung am Freitag, 23. März 2018, ab 19 Uhr, wird auch David Macaulay kommen, der in seinem Buch „Motel of the Mysteries“ (Motel der Mysterien) das Szenario der Ausgrabungen im Jahr 4022 entwickelt hat. Am Donnerstag, 29. März 2018, feiert das LWL-Museum für Archäologie seinen 15. Geburtstag mit der Nacht der Irrtümer und Fälschungen. Von 20 bis 24 Uhr gibt es besondere Aktionen rund um die Ausstellung, der Eintritt ist an diesem Abend frei.
Nina-Maria Haupt