Züchtung und Kreuzung von Charolais- und Limousin-Rindern mitten im Ruhrgebiet

Die „kleine Farm“ in Holthausen

26. Februar 2019 | Gesellschaft

Ein Familienbetrieb wie aus dem Lehrbuch

Es mutet fast exotisch an, doch wer den Weg nach Holthausen findet, fühlt sich aufs Land versetzt: Auf dem Hof Böckmann, ein Familienbetrieb, in dem auch Oma Böckmann sowie Tochter und Sohn (16 und 18 Jahre jung) kräftig mit anpacken, tummeln sich über 120 Rinder und Schweine, nicht zu vergessen die beiden Hunde Lotte und Fenja.

Am Eingang zum Hof an der Börsinghauser Straße 30 weist ein kleines Schild auf die Besonderheit des landwirtschaftlichen Betriebes in der Großstadt hin: „Nächster Verkauf am 2. März“, heißt es da, mit Kreide auf einer Schiefertafel geschrieben. Denn der Haupterwerb der Böckmanns ist die Direktvermarktung eigener Fleisch- und Wurstwaren – immer am ersten Samstag im Monat. Für den Verkauf an den Endverbraucher gibt’s auf dem Hof einen Raum, ähnlich einer kleinen Metzgerei, „in der wir ausschließlich unsere selbsthergestellten Produkte verkaufen“, verspricht Bäuerin Silke Böckmann (48).

  • Silke und Heinz Böckmann mit den Hunden Lotte und Fenja auf ihrem Hof in Holthausen. ©Thomas Schmidt, Stadt Herne

Verkauf aus eigener Züchtung

„Eigene Produkte“ heißt auf dem Hof Böckmann „eigene Tiere“ aus „eigener Züchtung“. Anfang Februar waren es 74 Rinder und 50 Schweine, die in den drei offenen Stallungen auf Stroh stehen und auch liegen. „Ab März oder April, je nach Witterung, kommen sie auf unsere Wiesen“, erklärt Bauer Heinz Böckmann (48), der ca. 45 Hektar Weide- und Ackerfläche in Herne und Bochum betreibt. Auf diesen grasen ab dem Frühling Rinder einer ganz besonderen Gattung: Charolais und Limousin, nicht nur unter Feinschmeckern bekannt für ihre besondere Fleischqualität. Heinz Böckmann: „Mein Vater begann in den 1980er Jahren mit der Züchtung von Charolais-Rindern, Anfang 2000 kamen die Limousin-Rinder dazu. Beide werden hier auf dem Hof auch gekreuzt. Neben dem sehr feinfaserigen Fleisch haben die Tiere für uns als Direktvermarkter noch einen Vorteil: Es gibt kaum Probleme bei den Geburten.“

Apropos Haus-, Entschuldigung, Hofgeburten: Die Mutterkuh ist neun Monate trächtig, die „Kinder“ kommen in der Regel alleine „oder mit unserer Hilfe auf die Welt“, erklärt Silke Böckmann, „nur im Notfall ziehen wir einen Tierarzt hinzu“. „Vater“ ist ein Zuchtbulle, meist ca. eine Tonne schwer. Die Geburtenrate auf dem Hof Böckmann steigt vor allem zwischen November und März an, „damit die ganze Familie im Frühjahr gemeinsam auf die Wiese kommt“, lacht Bauer Böckmann. Fast immer bekommen die Kälbchen auch Namen – „die uns gerade so einfallen“.

  • Stillleben am Hofladen. © Karolin Zier, Stadt Herne

Zehn-Kilo-Mischpaket

Von Holthausen geht es für die Tiere zu Schlachthöfen in Waltrop (Rinder) und Recklinghausen (Schweine). Den Transport übernimmt der Hof Böckmann: „Wir holen alles selbst ab und verarbeiten es, ab und zu mit der Unterstützung eines Aushilfsmetzgers, in der Metzgerei auf unserem Hof. Das ist dann unsere „Wurstwoche.“ Vermarktet wird das ganze Tier, verkauft werden die edlen Teile zumeist auf Vorbestellung oder direkt im Hofladen. „Wir bieten zum Beispiel auch ein Zehn-Kilogramm-Mischpaket an. Daraus können dann Rinderrouladen oder Gulasch hergestellt werden, aber wir verkaufen auch Suppenfleisch.“ Der Kundenstamm kommt zu 80 Prozent aus Herne und Umgebung, „aber auch aus Köln haben wir regelmäßig Bestellungen.“ Selbst gehobene Restaurants fragen in Holthausen an, „doch für eine regelmäßige Belieferung haben wir einfach zu wenig Fleisch“, erklärt Silke Böckmann.

Sieben Tage Direktvermarktung

Sieben Tage in der Woche wird auf dem Hof für diese Einnahmequelle der Böckmanns, die Direktvermarktung von Fleisch- und Wurstwaren, gearbeitet. Das Futter für die Rinder und Schweine wird selbst angebaut und auch geerntet – nur hier kaufen die Böckmanns etwas dazu, nämlich Mineral- und Eiweißfutter, „selbstverständlich gentechnikfrei“. Trotzdem ist der Holthauser Landwirtschaftsbetrieb kein „Bio-Hof“ – „nein, wir arbeiten konventionell“. „Und essen Sie Ihr Fleisch und die Wurst auch selbst?“ „Natürlich“, lachen die Bauern aus Herne-Holthausen.

 

Text: Jochen Schübel

Fotos: Karolin Zier und Thomas Schmidt