Schausteller Albert Ritter und Timo Lichte freuen sich auf Crange
Kaum eine Branche hatte es in den letzten beiden Jahren schwerer als das Schaustellergewerbe. Erst in diesem Jahr kommt das Geschäft wieder in Schwung. Nach einem hoffnungsfrohen Start steht mit der Cranger Kirmes nun eines der Saisonhighlights vor der Tür. Sabine Marek gilt als eine der größten Crange-Fans in der Stadtverwaltung. Die ehemalige Kirmesplanerin hat sich für die inherne mit dem Herner Schausteller Timo Lichte, dessen Familie in sechster Generation im Geschäft ist, und mit Albert Ritter, dem Präsidenten des Deutschen Schaustellerbundes e.V.,
getroffen.
inherne: Ganz simpel gefragt: Wie geht es euch nach zwei Jahren Pandemie heute?
Timo Lichte: Wir sind froh, dass es jetzt wieder losgeht. Für uns war es aber auch eine ganz besondere Situation. Wir konnten uns in dieser schwierigen Zeit an der Dorstener Straße bei Klaeser weitestgehend schadlos halten. Eine sehr nette Familie, bei der wir jetzt seit über zwei Jahren zu Gast sind.
Albert Ritter: Ich mache es kurz: Mein Herz ist voller Freude nach zwei Jahren faktischem Berufsausübungsverbot.
„Mein Herz ist voller Freude nach zwei Jahren faktischem Berufsausübungsverbot“, so Albert Ritter.
Die ehemalige Kirmesarchitektin Sabine Marek
Schausteller Albert Ritter
Schausteller Timo Lichte
inherne: Was hat euch gefehlt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ihr beide aus der Region kommt und mit der Cranger Kirmes groß geworden seid?
Timo Lichte: Uns hat nicht nur die Kohle im Portemonnaie gefehlt. Man hat sich auch ein bisschen seiner Seele beraubt gefühlt. Wenn man seinem Beruf gerne nachgeht, wie wir es als Schausteller-Familien seit Generationen tun, schmerzt ein faktisches Berufsverbot enorm. Wir machen das, was wir tun, mit Leib und Seele. Ohne den Rummel fehlt etwas ganz Entscheidendes, man fühlt sich einfach leer. Egal, ob Zahnarzt, Journalist, Fotograf oder was auch immer: Wenn man seiner Profession auf einmal und dann auch noch für einen langen Zeitraum nicht mehr nachgehen kann, schaut man erst einmal blöd aus der Wäsche.
Albert Ritter: Wir hatten die Gelegenheit, zu Coronazeiten eine kleine Gastronomie auf dem Kirmesplatz aufzubauen, das hat das Heimweh ein bisschen beschwichtigt und auf dem Platz auf Crange finde ich mich sowieso mit geschlossenen Augen zurecht. Aber es hat natürlich trotzdem etwas gefehlt, zumal Crange gerade auch der Menschen wegen meine Lieblingskirmes ist. Ich bin ein bekennender Ruhrgebietler, bin hier aufgewachsen und groß geworden und mag einfach den Menschenschlag. Das spiegelt sich auch in der Art und Weise wider, wie hier in der Region gefeiert wird – auch auf der Kirmes. Hier gibt es kein Etepetete, hier rückt man zusammen, schiebt die Currywurst in die Mitte vom Tisch und teilt sein Essen, solange der andere noch warten muss. Das macht mir einfach riesigen Spaß.
„Ohne den Rummel fehlt etwas ganz Entscheidendes, man fühlt sich einfach leer“, erklärt Timo Lichte.
„Die Leute wollten auf den Rummel und haben sich ihre Volksfeste zurückerobert“, sagt Albert Ritter.
inherne: Wie ist die Saison bisher gestartet?
Timo Lichte: Man merkt, dass die Leute wieder hungrig sind und unbedingt raus wollen. Für uns selber war der Wiedereinstieg aber durchaus ungewohnt und es hat ein bisschen gebraucht, bis wir wieder voll drin waren. Das ist allerdings ein bisschen wie Fahrradfahren. Was man einmal gelernt hat, das bleibt im Blut.
Albert Ritter: Wir sind sehr froh, dass alle Veranstaltungen in Deutschland und in Europa in diesem Frühjahr eine Abstimmung mit den Füßen waren. Die Leute wollten auf den Rummel und haben sich ihre Volksfeste zurückerobert. Wir haben von überall beste Rückmeldungen erhalten. Man sieht: Die Leute wollen und möchten wieder zusammen sein und vor allem mit der Familie unterwegs sein. Es hat sich gerade ganz deutlich gezeigt, dass gerade die Volksfeste mit großem Familienangebot die Gewinner sind. Auch auf den Festen selber werden die Angebote, die von Familien frequentiert werden, wie etwa das Entenangeln oder die Losbude, wieder gut angenommen. Das war vor der Pandemie durchaus anders, gerade diese Bereiche hatten ein bisschen geschwächelt. Die Sehnsucht der Menschen nach Crange ist groß, wir haben in diesem Jahr mehr Anfragen für die Cranger Kirmes.