Azubi-Speed-Dating

Die Zahl der Begierde: 604

27. September 2019 | Gesellschaft

Das war’s dann aber auch mit dem Lob – der Bochumer Arbeitsamts-Chef, in dieser Rolle auch für Herne zuständig, legte gleich den Finger in die Wunde: Zentrales Problem des Ausbildungsmarktes sei es, dass „leider noch zu viele Unternehmen gar nicht ausbilden oder nicht mehr ausbilden". Aber nur wer ausbilde, könne dem drohenden Fachkräftemangel im eigenen Unternehmen entgegenwirken.

Noch vor einigen Jahren, so Neukirchen-Füsers, habe man in den Betrieben „die Erforderlichkeit der eigenen Bemühungen" gar nicht gesehen – man habe sich ja auf dem Markt mit Fachkräften versorgen können. Dies sei heute vorbei. „Wir müssen zusätzliche Betriebe gewinnen, die ausbilden", lautet sein Credo.

Damit spielte er Kerstin Groß, Kompetenzfeldmanagerin „Menschen stärken" der IHK Mittleres Ruhrgebiet, direkt in die Karten – die beiden übten den Schulterschluss. Groß lieferte zunächst die Fakten: 604 Betriebe in Herne dürfen ausbilden – aber nur 264 tun das. Man habe lange genug an die Unternehmen appelliert, auf Ausbildung zu setzen – die IHK verfolge nun einen anderen Weg. Auf der Grundlage einer Befragung, mit der man ermittelt habe, aus welchen konkreten Gründen ein Betrieb nicht ausbilde, werde die IHK konkrete Unterstützungsangebote machen. Die Befragung habe beispielsweise gezeigt, dass der „demografische Wandel" längst in den Betrieben angekommen sei – viele Betriebe hätten gar keine Ausbilder mehr in ihren Reihen. Außerdem habe sich die Arbeit „verdichtet". Für Ausbildung bliebe demnach keine Zeit. Der Anspruch der IHK, dies machte Groß mehr als deutlich, für die eigene Arbeit der nächsten Jahre sei hoch: „Wir wollen alle 604 potenziellen Ausbildungsbetriebe perspektivisch kriegen …" Das nennt man Ansage.

  • Impressionen vom 3. Azubi-Speed-Dating. © Vera Loitzsch/Stadt Herne

Die hatte Hernes Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda natürlich auch im Gepäck. Wohl wissend, dass auch bei dieser dritten Auflage des Speed-Datings nur Haupt-, Real-, Gesamt-, Förderschulen und Berufskollegs mitgemacht hatten, formulierte er: „Jetzt fehlen nur noch die Gymnasien. Dafür muss man werben." Es sei aus seiner Sicht nicht die Aufgabe der Gymnasien, nur auf das Studium vorzubereiten. Das führe ja geradezu zu einer „Verengung bei den Schülern". Ausbildung, das habe er nicht zuletzt auf seiner jüngsten China-Reise wieder erlebt, sei „eines der Megathemen, mit denen Deutschland in der Welt punkten kann". Für ihn sei deshalb generell klar, dass „wir noch mehr für die berufliche Bildung tun müssen".

Das diesjährige Azubi-Speed-Dating, das erstmals in den Räumen der Herner Wirtschaftsförderung stattfand, hat die Erwartungen der Organisatoren teilweise übertroffen. Insbesondere am Vormittag war es „richtig richtig voll". 33 Unternehmen hatten ihre Informationsstände aufgebaut, um fern von Bewerbungsmappen und Formalien ins direkte Gespräch mit Schülern der Herner Abschlussklassen zu kommen. Hatten im letzten Jahr nur 118 Schülerinnen und Schüler dieses Angebot genutzt, waren es in diesem Jahr 235. Noch ohne Gymnasiasten … „Wir hatten gute Stimmung auf den Fluren", fasste Holger Stoye, Chef der Herner Wirtschaftsförderung, zusammen.

Die Schülerinnen und Schülern wurden von den Lehrkräften in der Schule vorbereitet und brachten ihre Bewerbungsmappen direkt mit. "130 Schülerinnen und Schüler der eingebundenen Schulen hatten 213 fest vereinbarte Gesprächstermine, darüber hinaus hatten sie auch die Chance sich über weitere Ausbildungsberufe zu informieren und Gespräche mit Firmenvertretern oder auch Auszubildenden der Firmen, also auf Augenhöhe, zu führen", freute sich Elke Borkenstein vom Herner Bildungsbüro über die gute Resonanz. Sie bestätigte zudem, dass das eingeholte Feedback der jungen Menschen äußerst positiv gewesen sei. Elke Borkenstein: "Viele haben direkte Angebote für ein Praktikum, ein Probearbeiten oder für einen Ausbildungsplatz erhalten." Das erfolgreiche Format soll auch im kommenden Jahr in Kooperation mit den beteiligten Akteuren bestehen bleiben!!