Ein Jahr unterwegs im Autoscooter

21. Juni 2023 | Ausgabe 2023/2

Dagmar Osselmann hat nach Crange noch viele Termine

Eine Kirmes kann anstrengend sein. Nach elf Tagen Crange müssen viele Menschen erst einmal wieder Kraft tanken. Dagmar Osselmann kennt solche Auszeiten nicht. Gerade noch stand sie auf der Rheinkirmes, nach Crange geht es direkt weiter nach Luxemburg. Die inherne-Redaktion durfte für ein Jahr mitfahren im Autoscooter „DIAMOND“.

„Unsere Saison startet mit der Palmkirmes in Recklinghausen“, betont Dagmar Osselmann mit Blick auf den Terminkalender. Die Veranstaltung im März ist auch für viele weitere Schaustellerfamilien der Startschuss, um nach einem langen Winter erstmals wieder Spaß und Adrenalin zu verbreiten. Im Anschluss fahren die Schwerlasttransporter nach Düsseldorf. Erst zur Osterkirmes, dann zur Frühlingkirmes. Für die Schaustellerin bedeutet das eine kurze Anreise. Die 60-Jährige wohnt in Mettmann. Pfingsten steht der „DIAMOND“ traditionell auf dem Schützenfest Furth. Hunderte Uniformierte tummeln sich dann in der Neusser Nordstadt zwischen Zuckerwatte und Mandelstand. Diese süßen Klassiker dürfen natürlich auch in Oberhausen nicht fehlen, wenn in Sterkrade mit der Fronleichnamskirmes eines der größten Volksfeste in Nordrhein-Westfalen auf den Autoscooter wartet.

Rheinkirmes als Heimspiel

Nach ein paar Tagen Pause steht schon das nächste Highlight der Saison auf dem Programm. Die Rheinkirmes im Juli ist quasi ihr Heimspiel. Auch hier haben übrigens die Schützen das Sagen und fungieren sogar als Veranstalter. „Das hat bei uns Tradition. Schon mein Schwiegervater und mein verstorbener Mann waren Standartenreiter im Reitercorps Wilhelm Marx. Als meine beiden Töchter noch jünger waren, ritten auch sie mit. Das geht heute nicht mehr, heute helfen sie im Betrieb mit.“ Tochter Sarah (35) ist gelernte Bankkaufrau und hilft in Düsseldorf am Wochenende im Kassenhäuschen aus. Tochter Nina (32) ist gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Hermann Petter komplett ins Schaustellerdasein eingestiegen. „So ein Leben kann man nur führen, wenn alle mithelfen. Der Zusammenhalt macht überhaupt das Leben einer Schaustellerfamilie aus“, betont die 60-Jährige, die nach dem Abitur eigentlich Architektur studieren wollte. Dann traf sie ihren Ehemann, der sie für das Schaustellerleben begeisterte und mit auf die Tour nahm.

Durchatmen vor Crange

Natürlich auch nach Crange. Nach den Rheinwiesen geht es somit direkt zum Rhein-Herne-Kanal. „Für jeden Schausteller ist es eine große Freude in Crange dabei sein zu können. Die Atmosphäre auf dem Platz und die Mischung des Publikums machen diese Kirmes aus. Die Menschen haben hier das Herz am rechten Fleck. Zu manchen Anwohnern sind sogar Freundschaften entstanden. Da ist der Grill schon an, wenn wir zum ersten Mal wieder auf den Platz einbiegen“, freut sich Dagmar Osselmann über eine jahrzehntelange Verbundenheit. Sie dankt insbesondere auch ihrem Mann Uwe Wynohradnyk für die jahrelange Unterstützung: „Ohne sein Engagement hätte ich den DIAMOND nicht bis hierhergebracht. Auch, wenn er mit seinem eigenen Mandelwagen-Betrieb oft in anderen Bundesländern unterwegs ist, hilft er, wo er kann. Crange war damals unser erster gemeinsamer Platz auf unseren Reiserouten.“

Meistens liegt zwischen den Veranstaltungen in Düsseldorf und Crange noch ein freies Wochenende. „Dann kann das Personal etwas durchatmen. Das ist gut so, denn nach Crange geht der Blutdruck direkt wieder nach oben.“ Warum? Luxemburg ruft, oder besser gesagt – die „Schueberfouer“. Mitten in der Innenstadt geht es 20 Tage am Stück noch einmal hoch her. Und auch Mitte September ist keine Pause in Sicht, diesmal drehen sich die Fahrgeschäfte in Rheinland-Pfalz – das Alzeyer Winzerfest lässt grüßen. Alle zwei Jahre steht alternativ die Kirmes in Haan Ende September auf dem Programm.

Jetzt ist Saisonendspurt angesagt. Am zweiten Oktoberwochenende geht es zur Viktorkirmes nach Dülmen und Anfang November oft nach Dinslaken zur Martinikirmes. Der Autoscooter hat spätestens jetzt sein Jahrespensum erfüllt und darf ins Winterquartier. Nicht so Dagmar Osselmann. Mit einem Imbiss und Ausschank geht es bis Anfang Januar noch einmal nach Luxemburg zum Weihnachtsmarkt. „Zwei Wochen Urlaub gibt es für uns erst Ende Januar.“

„Zu manchen Anwohnern sind sogar Freundschaften entstanden. Da ist der Grill schon an, wenn wir zum ersten Mal wieder auf den Platz einbiegen“

Text: Michael Paternoga     Fotos: Osselmann/DIAMOND