Ein lebendiges Haus feiert Jubiläum

1. Januar 2023 | Ausgabe 2023/1

„Trotz der schwierigen Lage rund um Corona kamen 250 Gäste zu unserer Silvesterparty. Wir waren alle begeistert.“

Das Volkshaus Röhlinghausen hat in 100 Jahren viel erlebt

Das Volkshaus Röhlinghausen liegt vielleicht nicht im geografischen Mittelpunkt des Stadtteils, aber es liegt vielen Menschen am Herzen. Und das bereits seit 100 Jahren. Schon 1923 zog es das Volk in die Räumlichkeiten am Stratmanns Hof. Und auch heute ist es immer noch ein beliebter und wichtiger Treffpunkt.

So wie am 20. April 2023 – dann trifft sich nicht nur die Röhlinghauser Familie zur Jubiläumsveranstaltung und blickt auf ein ganzes Jahrhundert zurück. Günter Varney wird sich diesen Termin natürlich nicht entgehen lassen. Der heute 76-Jährige kann viel über die Geschichte des Hauses berichten. „In der Görresschule hatten wir damals keine eigene Aula. Bei größeren Anlässen sind wir deshalb gerne ins Volkshaus ausgewichen“, erinnert sich der damalige Lehrer, der später als erster Rektor die Erich-Fried-Gesamtschule leitete. Schon in den 60er-Jahren traf er sich mit seiner Frau zu Tanzabenden auf dem Parkett. Und das Parkett muss noch heute einiges aushalten. „Trotz der schwierigen Lage rund um Corona kamen 250 Gäste zu unserer Silvesterparty. Wir waren alle begeistert“, berichtet Ina Losch-Schröder und blickt bereits auf das nächste Großevent: „Auf unseren Tanz in den Mai freut sich schon jetzt ganz Röhlinghausen.“

Trägerverein seit 1994 aktiv
Die 64-Jährige ist die erste Ansprechpartnerin, wenn es um die Vermietung geht. Etwa 120 Einzeltermine wie Hochzeiten, Geburtstage oder Musikveranstaltungen gehen jährlich im Volkshaus über die Bühne. „Und diese Veranstaltungen sind wichtig, davon leben wir“, sagt Jürgen Cokelc. Wenn der 74-Jährige von „wir“ spricht, meint er nicht nur das Volkshaus, sondern insbesondere den Trägerverein. Die offizielle Bezeichnung lautet: Verein zur Förderung der Stadtteilarbeit Röhlinghausen. Die Gründung 1994 darf wohl als Meilenstein in der Geschichte des Hauses bezeichnet werden.

Denn das Gebäude – immer im städtischen Besitz – hatte in den Jahren zuvor eine schwere Phase zu überstehen. Der Saal füllte sich nicht mehr so einfach wie zu den Zeiten der legendären Beat- und Rockkonzerte in den 60er-Jahren. Die Zukunft war ungewiss. Als Lösung erwies sich ein Modell der Landesregierung, das öffentliche Begegnungsstätten förderte. Mit einem neuen Nutzungskonzept und nach vielen Gesprächen zwischen Politik, Stadtverwaltung und Akteur*innen vor Ort gab es 1994 einen Neuanfang – samt umfangreichen Umbau.

Im Zentrum des Ruhrgebiets. Schon in den 60er Jahren wurde intensiv für das Volkshaus geworben.

Sport gilt als wichtiger Motor
Sportliche, gesundheitliche und kulturelle Aktivitäten rückten nun mehr in den Fokus. Die in Röhlinghausen tätigen Vereine trugen das mit und übernahmen die Trägerschaft – ehrenamtlich versteht sich. Seitdem bilden sie das Rückgrat des Volkshauses. Als treibende Kraft erwies sich der Sport. „Ohne den Sport hätte es den Trägerverein nicht gegeben“, ist sich Cokelc sicher. Cokelc ist seit 2015 Vorsitzender des Trägervereins und vertrat 1994 an der Seite von Lothar Sommer den Stadtsportbund. Als große Fürsprecherin des neuen Konstruktes erwies sich die damalige Dezernentin Dagmar Goch. Eng verbunden mit dem Volkshaus ist auch Reinhard Michalak. Noch heute im Verein als Kassierer aktiv, leitete er beim Neustart das städtische Sport- und Bäderamt. „Auch die örtliche SPD machte sich für die Umgestaltung stark“, wie es in der Chronik heißt.

Ehemalige Scheune zerstört
Wobei Chronik ein gutes Stichwort ist. Varney, Ehrenvorsitzender des Trägervereins und Mitglied in der Gesellschaft für Heimatkunde Wanne-Eickel, nimmt die inherne-Redaktion noch einmal mit zu den Anfängen. Mit zum Stratmanns Hof – auf dem die ehemalige Scheune des Bauernhofes später zum Volkshaus umgebaut wurde. „Im Jahr 1921 kaufte die damals noch selbstständige Gemeinde Röhlinghausen den Stratmanns Hof. Zwei Jahre später eröffnete das Volkshaus, das teilweise auch als Badeanstalt genutzt wurde.“ Unter anderem gab es aber bereits einen großen Saal mit Bühne für Veranstaltungen und zwei Bibliotheksräume im Obergeschoss. „Das Gebäude wurde 1933 in Göbbelshaus umbenannt, 1943 durch einen Bombenangriff zerstört“, so Varney weiter. Der Bau des aktuellen Gebäudes begann 1958, die Eröffnung erfolgte zwei Jahre später. Neben dem Saalbau galt das Volkshaus, das auch über eine Gastronomie und zwei Kegelbahnen verfügt, im Anschluss lange Zeit als wichtiger Veranstaltungsort in Wanne-Eickel.

„Im Jahr 1921 kaufte die damals noch selbstständige Gemeinde Röhlinghausen den Stratmanns Hof. Zwei Jahre später eröffnete das Volkshaus, das teilweise auch als Badeanstalt genutzt wurde.“

Kultureller Bereich gewinnt an Bedeutung
Und wichtig ist es noch heute. Insbesondere für die zahlreichen Mitgliedsvereine, die von Montag bis Freitag in den Räumlichkeiten aktiv sind. Dabei spielt der Sport und Gesundheitsbereich immer noch eine zentrale Rolle: So waren der TV, der SC und die Spielvereinigung Röhlinghausen genauso wie der TV Wanne 85 schon im Gründungsprotokoll vermerkt. Doch der Sport ist längst nicht alles. „Wir sind bunt und vielfältig aufgestellt, dadurch wird das Haus lebendig“, freut sich Ina Losch-Schröder über ein breites Spektrum an Angeboten. Ob Square-Dance oder Luft- und Bodenakrobatik – 30 Vereine halten dem Volkshaus die Treue. Inzwischen nimmt auch die Kultur immer öfter die Bühne in Beschlag. Die Theatergruppe „TiV“ – Theater im Volkshaus – präsentiert seit 2006 jedes Jahr ein neues Stück. „Im vergangenen Jahr ist bei uns sogar zum ersten Mal ‚Fidele Horst‘ aufgetreten“, sieht Ina Losch-Schröder noch weiteres Potenzial für den Kulturbereich. Da passt es natürlich, dass erst kürzlich in die Technik investiert wurde. „Wir haben eine neue Beleuchtung bekommen, außerdem lässt sich jetzt jeder Scheinwerfer einzeln ansteuern.“ Vielleicht gibt es ja auch bald ein neues Parkett: Denn es soll noch oft getanzt werden – im Volkshaus Röhlinghausen …

vlnr: Engagieren sich im Verein Ina Losch-Schröder, Jürgen Cocelc und Günter Varney.

Text: Michael Paternoga     Fotos: Michael Paternoga, Archiv der Stadt Herne