Ein Weinberg für das Ruhrgebiet

1. Januar 2023 | Ausgabe 2023/1

Winzerin Tina Krachten teilt ihre Erfahrungen

Die Tradition des Weinanbaus könnte bald auch in Herne Fuß fassen. Noch in diesem Jahr soll am Gysenberg ein Weinberg entstehen, der zukünftig Rosé liefert. Für das Mitmach-Projekt können sich freiwillige Helfer*innen melden, die Freude am Gärtnern unter fachkundiger Anleitung haben. Winzerin Tina Krachten, die im Auftrag der Emschergenossenschaft die Weinberge des Verbandes bewirtschaftet, wird die Hobbywinzer*innen unterstützen. Die 45-jährige Selbständige arbeitet seit vielen Jahren bei unterschiedlichen Projekten mit und berichtet von ihren positiven Erfahrungen mit den Mitmach-Weinbergen.

inherne: Frau Krachten, warum sind Sie gerne Winzerin?
Tina Krachten:
Ich finde es generell reizvoll, dass viele handwerkliche Berufe sehr komplex sind und meistens auch wissenschaftliche Komponenten haben. Andererseits kann man gestalten und hat am Ende ein Produkt, das man in der Hand hält. Bei allem was landwirtschaftlich geprägt ist, arbeitet man zudem mit der Natur. Was mich schon immer fasziniert hat, ist das Begleiten eines Produkts ganz von Anfang an.
inherne: Wie ist die Idee zu den Mitmach-Weinbergen entstanden?
Krachten: Die kommt von der Emschergenossenschaft, die sehr viel in Richtung Partizipation macht. Sie hat für den Weinberg in der Nähe der Uni in Dortmund jemanden gesucht, der Mitmach-Aktionen anleiten möchte. Und ich weiß aus Erfahrung mit Weinproben, dass ich das Wissen rund um die Pflege von Weinbergen und rund um den Wein ganz gut vermitteln kann.
inherne: Welche Erfahrungen haben Sie bisher in Bezug auf das Projekt gemacht?
Krachten: Wir waren anfangs etwas unsicher, ob wir genug Leute zusammenkriegen, die diesen Weinberg betreuen. Heute sind wir äußerst zufrieden, weil es inzwischen eine Gruppe von etwa 60 interessierten Menschen gibt, die regelmäßig Mails von mir bekommen. Das führt dazu, dass pro Aktion etwa zehn bis 15 Menschen dabei sind, die sehr engagiert mitmachen.

Weinreben am Phönixsee in Dortmund.

Tina Krachten wird die Hobbywinzer*innen mit wertvollen Tipps untzerstützen.

vlnr: Prof. Dr. Uli Paetzel, Tina Krachten und Dr. Frank Dudda bei einer Weinverkostung in Dortmund-Barop.

inherne: Wie oft muss der Weinberg gepflegt werden?
Krachten:
Das ist abhängig von der Vegetationsperiode. Wenn es warm ist und es ausreichend Niederschlag gibt, dann muss man oft hin. Je nach Bedarf alle zwei bis vier Wochen.
inherne: Was müssen Interessierte mitbringen?
Krachten: Interesse und eine pragmatische, entspannte Einstellung finde ich am allerwichtigsten. Ansonsten ist es natürlich nicht von Nachteil, wenn man körperlich fit und gut beweglich ist. Und etwas Grundverständnis sollte man mitbringen. Aber das, worauf es wirklich ankommt, vermittle ich bei den ersten Aktionen.
inherne: Was können die Teilnehmenden von dem Projekt mitnehmen?
Krachten: Wissen rund um den Rebstock und den Wein. Gerade am Anfang erkläre ich das Ausbrechen und Anbinden und gehe auf die verschiedenen Reberziehungsformen ein. Ich möchte schon, dass die Leute wissen, wofür sie sich da so anstrengen.

inherne: Wann kann man denn mit dem ersten Wein rechnen?
Krachten: Im vollen Ertrag sind die Reben nach drei bis vier Jahren, aber spätestens im zweiten Standjahr kriegt man ein paar Trauben, die man verarbeiten kann. In Barop habe ich daraus Marmelade gemacht und an die Mitmachenden verteilt. Wenn der Ertrag gut ist, werden aus den ungefähr 500 Rebstöcken bis zu 600 Flaschen. Es ist aber schwer abzusehen, wie die Sorte sich klimatisch bei uns im Ruhrgebiet macht.
inherne: Was würden Sie sich für das Projekt in Herne wünschen?
Krachten: In Barop haben wir die Erfahrung gemacht, dass das Projekt einfach sehr viele nette Leute anzieht und ich habe die Hoffnung, dass es in Herne genauso wird. Das allgemeine Feedback aus der Gruppe ist, dass da alle total gerne hinkommen und es einen Erholungswert für alle gibt. Und selbstverständlich wünsche ich mir, dass der Weinberg gut gepflegt wird.

Wer dazu beitragen möchte, die Vision des Weinbergs in Herne umzusetzen, kann sich per E-Mail an image@herne.de anmelden.

Text: Carina Loose     Fotos: Emschergenossenschaft (R. Oberhäuser/K. Neumann/J. Reichard)