Am Donnerstag, 14. Juni 2018, haben die Stadt Herne und das Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung“ (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum die Ergebnisse einer Befragung zu Umwelt, Wohlbefinden und Entwicklung, kurz UWE, vorgestellt.

Ergebnisse der UWE-Befragung in Herne vorgestellt

15. Juni 2018 | Gesellschaft

Herne ist die bundesweit erste Stadt, die diese Befragung von Siebt- und Neuntklässler an ihren Schulen mit Sekundarbereich I durchgeführt hat. „Die Ergebnisse bringen der Stadt, den Schulen und unseren Partner Hinweise darauf, wo wir hinschauen müssen“, erklärte Bildungs- und Jugenddezernentin Gudrun Thierhoff bei der Präsentation. „Wir wollen UWE als einen festen Bestandteil das Monitorings etablieren“, sagte sie weiter. Prof. Peter Strohmeier vom ZEFIR, der die wissenschaftliche Leitung inne hatte, sagte, dass mit UWE steuerungsrelevante Daten erhoben worden seien. Er lobte ausdrücklich die hohe Kooperationskultur in Herne. Da es sich um eine Pilotstudie handelt gib es keine Vergleichswerte aus anderen Städten in Deutschland. Die Stadt strebt einen engen Beteiligungsprozess mit den Schulen an. „Die Schulen werden mit den Ergebnissen nicht allein gelassen“, sagte sie.

  • ©Thomas Schmidt, Stadt Herne

Über das körperliche, emotionale, mentale und soziale Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in Herne gab es bislang keine gesicherten Erkenntnisse. Das Bildungsbüro der Stadt Herne und das „Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung“ (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum haben deshalb, bundesweit erstmalig, das Pilotprojekt durchgeführt. Dazu wurden Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge 7 und 9 aller 14 Herner Regelschulen befragt. Das Instrument dafür stammt aus Kanada. Im kanadischen Original heißt es „Middle Years Development Instrument“. Im August 2014 bei den Herner Bildungsgesprächen stellte Prof. Dr. Strohmeier das Kanadische MDI-Instrument vor; die Stadt Herne signalisierte direkt großes Interesse und wurde so Modellkommune für das Projekt. Mittelgeber war das Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung (e.V.) in Düsseldorf. Von April bis Juni 2017 erfolgte die Befragung der Schülerinnen und Schüler an den 14 Schulen.

Zum Nutzen von UWE
-         Die Schüler sind für die Lehrkräfte keine „black box“ mehr, die Lebenslage von Kindern und Jugendlichen wird erfahrbar
-         Die Bedeutung von Beziehungen zu Gleichaltrigen und Erwachsenen für den Bildungserfolg rückt in den Fokus.
-         Begleitung der Schulen vor Ort durch Workshops und Schulungen.
-         UWE ist ein Mehrwert für die Schul- wie auch die Quartiersentwicklung.
-         Neben dem Kita-Beobachtungsinstrument KOMPIK (Implementierung ab 2013) ist UWE nun der zweite Baustein für ein umfassenden Monitoring Systems von Kindern und Jugendlichen und begleitet so den Aufbau der Herner Präventionskette.

Hier die zentralen Ergebnisse im Überblick:
-         41 Prozent aller befragten Schülerinnen und Schüler in der Klasse 7 haben ein niedriges Wohlbefinden.
-         44 Prozent aller befragten Schülerinnen und Schüler in Klasse 9 haben ein niedriges Wohlbefinden.
-         Höhere Differenzen im Wohlbefinden bestehen zwischen den statistischen Bezirken in Herne. Der Anteil für mittleres und hohes Wohlbefinden zusammen ist in Elpeshof (59 Prozent), Börnig (57 Prozent) und Wanne-Nord (56 Prozent) am höchsten und im statistischen Bezirk Hannover (38 Prozent), Röhlinghausen-Kern (38 Prozent) und Altenhöfen (39 Prozent) am niedrigsten. Insgesamt liegt das geringe Wohlbefinden in 17 der 28 aufgelisteten Bezirke über 50  - in mehr als jedem zweiten statistischen Bezirk geht es mindestens je-dem zweiten Kind nicht gut.
-         22,4 Prozent in Klasse 7 und 31,6 Prozent in Klasse 9 geben an, nie bis 2-mal pro Schulwoche ein Frühstück zu haben. In den Bezirken Pantrings Hof, Bickern, Wanne-Nord, Feldkamp und Herne-Süd ist der Anteil am höchsten.
-         87 Prozent verfügen über Beziehungen zu Gleichaltrigen, 70 Prozent gehen organisierten Aktivitäten nach, 53 Prozent verfügen über ausreichend Ernährung und Schlaf, 52 Prozent haben positive Schulerfahrungen und 26 Prozent verlassen sich auf unterstützende Beziehungen zu Erwachsenen in der Schule, zu Hause und in der Nachbarschaft.
-         Wie stark der Zusammenhang zwischen Ressourcen und Wohlbefinden ausgeprägt ist, wird deutlich, wenn man die fünf Ressourcen zusammen betrachtet. Sind alle fünf Ressourcen vorhanden, wird der Anteil mittleren und hohen Wohlbefindens zusammen auf 77 Prozent geschätzt. Fehlen jedoch sämtliche Ressourcen, liegt dieser Anteil bei 12 Prozent.
-         Eine große Bedeutung für das Wohlbefinden hat der Familienkontext: Kinder und Jugendliche aus Familien mit mindestens zwei Erwachsenen haben ein um 19 Prozentpunkte höheres Wohlbefinden als Jugendliche aus Familien mit nur einem Erwachsenen. Nur 33 Prozent der Kinder und Jugendlichen von allein Erziehenden haben ein mittleres oder hohes Wohlbefinden.
-         Darüber hinaus bietet UWE eine große Chance für die kommunale Präventionspolitik: Durch die auf der Ebene der statistischen Bezirke aggregierten Wohnortinformationen der Jugendlichen lassen sich sozialraum- bzw. quartiersscharfe Handlungsstrategien entwickeln. UWE erweitert das „Herner Präventionsmonitoring“ jetzt mit Daten zu Jugendlichen aus der Sekundarstufe I.

Zum Weiteren Vorgehen
-         Stadtweite Ergebnisse als Startpunkt für einen breiten Diskussions- und Beteiligungsprozess.
-         UWE dient einerseits als Partizipationsinstrument (Einbindung von Eltern sowie Schülerinnen und Schülern), andererseits als Steuerungsinstrument (schulinterne datenbasierte Schulentwicklung und kommunale Steuerung der Bildungslandschaft).
-         Im Sinne des gemeinsamen Verantwortungsraumes werden Schulen keinesfalls mit den Ergebnissen alleine gelassen.
-         Kommunales Bildungsbüro der Stadt Herne als Knotenpunkt des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements.
-         Die Fortführung des Projektes und erneute Befragung wird angestrebt.