Schulen wollen traumatisierten Kindern das Lernen ermöglichen

Für Kinder sichere Räume schaffen

2. Juli 2019 | Gesellschaft

Kinder sollen ihr Potential entfalten können

„Es geht um die Sensibilisierung von pädagogischen Fachkräften für die Folgen von psychischen Belastungen von Kindern für das schulische Lernen“, so Osladil. „Wir wollen Kinder stark machen und ihnen die notwendige Unterstützung geben, damit sie sich entwickeln und ihr Potential entfalten können.“ Die Schule soll diesen Kindern und Jugendlichen einen geschützten Raum dafür bieten. Im vorigen Jahr haben schon elf von 20 Grundschulen an der Weiterbildung teilgenommen, ab dem Herbst werden sich auch Kita-Mitarbeitende aus Herne weiterbilden.

  • Regina Osladil vom KI erklärt, was belastende Erlebnisse mit Kindern machen. ©Thomas Schmidt, Stadt Herne

Auf die Haltung kommt es an

„Pädagogische Fachkräfte, beispielsweise Lehrer und Schulsozialarbeiter, müssen eine Haltung entwickeln, anzuerkennen, dass das Kind in einer besonderen Situation ist“, erklärt eine teilnehmende Lehrkraft. Auch wenn ein Kind sich unruhig verhält, ausrastet oder extrem angepasst ist, sollen Lehrkräfte und Sozialarbeiter es akzeptieren und ihm ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Belastend kann zum Beispiel Gewalt sein, Flucht, familiäre Krisen, Schicksalsschläge oder wenn Kinder zu schnell erwachsen werden und die Rolle der Eltern einnehmen müssen. Das betrifft häufig geflüchtete Kinder, aber auch Einheimische. Letztlich kann es jede Familie treffen.

Das nötige Handwerkszeug bekommen

„Wir wollen Schwierigkeiten von Kindern einordnen können und erkennen, ob ein Kind weitere Hilfe von anderen Experten braucht“, erklärt eine Schulsozialarbeiterin. Und eine Lehrerin ergänzt: „Viele von uns unterrichten in internationalen Klassen. Wir brauchen das Handwerkszeug, um diesen Kindern helfen zu können.“ Das Wissen, dass ein Kind auf eine belastende Situation reagiert, helfe ihnen, dessen Verhalten nicht persönlich zu nehmen und gelassen zu bleiben, auch wenn es einmal ausrasten sollte.

Auch Lehrer stecken Belastungen besser weg

An drei Nachmittagen lernen Lehrer und Schulsozialarbeiter, was bei traumatisierenden Erlebnissen im Gehirn passiert, wie man Kindern helfen kann, mit Belastungen umzugehen und wie man ihnen das Gefühl gibt, ihre Lebenssituation beeinflussen zu können. Dazu gehören zum Beispiel Rituale, verlässliche Strukturen und Transparenz.

Alle Übungen, die die Fachkräfte lernen, sind für die ganze Klasse gedacht und sollen alle Kinder stärken. Wichtig ist ihnen, dass kein betroffenes Kind hervorgehoben wird, sondern alle Kinder in der Entfaltung ihrer Potentiale bestärkt werden. Auch Kinder,  die keine großen Belastungen erlebt haben, profitieren davon. Ein sicheres Umfeld hilft ihnen, Resilienz zu entwickeln, also psychische Widerstandskraft. „Dafür braucht es resiliente Bezugspersonen. Die Fachkräfte können Selbstfürsorge lernen und müssen keine Einzelkämpfer sein“, so Osladil. Das helfe ihnen, selbst Belastungen besser wegzustecken.

Nina-Maria Haupt