Glühendes Eisen

15. Februar 2021 | Ausgabe 2021/1

Feldkampschmiede: Familientradition trifft Kreativität

Die Werkstatt ist noch ein paar Meter entfernt, doch der typische Klang, den man erwartet, wenn man eine Schmiede betritt, ist schon zu hören. Mit kräftigen aber gleichmäßigen Schlägen saust der Vorschlaghammer in Richtung Amboss. Das dazwischenliegende Stück Eisen glüht noch, wird aber schon bald als Blickfang ein Gartentor in Herne verzieren: Willkommen in der Feldkampschmiede.

„Bei uns ist jeder Tag anders.“

Firmenchef Mark Willmath in der Schmiede.

Kreative Lösungen gefragt
Mit diesen Worten begrüßt Firmenchef Mark Willmath auch die inherne-Redaktion. Schnell wird klar: Dieser Mann liebt seinen Beruf, oder ist es schon Berufung? Bereits als kleiner Steppke begleitete er seinen Vater, von dem er den Betrieb 2006 übernommen hat. „Wer ein Handwerk lernt, kommt durchs  Leben“, ist der 46-Jährige überzeugt und schwärmt geradezu von den Herausforderungen, die es zu meistern gilt: „Bei uns ist jeder Tag anders. Die Kunden kommen mit einem Problem zu uns, wir müssen kreativ sein und die Lösungen entwickeln“, sagt Willmath, der gerade neben einer Standbohrmaschine steht, die älter ist als er selbst. In jeder Ecke versprüht die Werkstatt einen ursprünglichen Charme, lädt fast zu einer Zeitreise ein. Das gilt natürlich auch für die Esse. Dort, wo das Feuer auf die richtige Temperatur gebracht wird, um das Eisen kurz darauf mit viel Schweiß und noch mehr Augenmaß in die richtige Form zu bringen. Seniorchef Klaus Willmath (80) ist hier in seinem Element. Jeder Geselle kann sich glücklich schätzen, von dem Erfahrungsschatz eines solchen Altmeisters zu profitieren. Hier gibt es die Tipps, die man auf YouTube vergeblich sucht und die in keinem Lehrbuch stehen.

„Bei uns ist jeder Tag anders.“

Werkzeuge liegen griffbereit an der Feuerstelle.

Seniorchef Klaus Willmath (80) an der Esse.

„Am Ende des Tages sieht man, was man geschaffen hat.“

Neue Fluchttreppe für die Gesamtschule
Doch das Schmiedefeuer wird längst nicht mehr täglich entzündet. Es ist fast schon die Ausnahme. „Hierfür gibt es nur noch wenige Aufträge, oft geht es um gerade Linien mit wenig Geschnörkel“, sagt Schlossermeister Mark, der sich auch Schweißfachmann nennen darf. Nicht ohne Grund. Das Schweißgerät ist an diesem Morgen oft im Einsatz. Der Musikraum der Gesamtschule Wanne-Eickel „wartet“ auf eine neue Fluchttreppe. Für den Gesellen Lukas Bettenhausen kein Problem. Nach präziser Anzeichnung und Messung geht es in den Nebenraum, wo die sechs Meter langen Vierkantrohre durch die Kreissäge die passende Länge und Gehrung erhalten. Die Funken sprühen. Zurück in der Werkstatt ist die nächste Schweißnaht mit ruhiger Hand schnell gezogen. Das Geländer der Treppe ist auf der Richtplatte um ein weiteres Stück gewachsen. Hier wird klar, was Willmath meint, wenn er sagt: „Am Ende des Tages sieht man, was man geschaffen hat.“ Draußen auf dem Hof warten bereits zwei fertige Treppen auf den Abtransport. „Die hat unser Lehrling gemacht“, freut sich der Firmenchef über das gute Ergebnis und wundert sich gleichzeitig darüber, dass keine Bewerbung mehr auf seiner Werkbank landet.

Teile einer Feuertreppe werden vermessen.

Junior und Senior an der fertiggestellten Feuertreppe im Hof der Feldkampschmiede.

Ein Werkstück aus alten Zeiten; ein geschmiedeter Brezel für eine Bäckerei-Reklame.

Noch mit 80 Jahren im Blaumann im Einsatz
„Die jungen Leute fragen heute nicht mal mehr nach einem Praktikumsplatz, dabei bin ich in fast allen Herner Schulen im Einsatz“, sagt der Herner, der den Metallbau-Nachwuchs in der Fachrichtung Konstruktionstechnik ausbildet. Oft geht es bei den Aufträgen um Reparaturen. Aber auch neue Gartentore oder Balkongeländer verlassen das Firmengelände in Herne-Süd. Drei Gesellen und ein Lehrling komplettieren neben Mark und Klaus Willmath das aktuelle Team der Bauschlosserei, die etwas versteckt am Ende einer Sackgasse der Feldkampstraße liegt. „Ich habe den Betrieb 1994 übernommen, aber schon als 20-Jähriger damals bei meinem alten Chef Hans Overwien angefangen zu arbeiten. Da war der Betrieb noch da, wo heute Getränke Terjung ist“, erinnert sich der Seniorchef, der 60 Jahre später immer noch den Blaumann trägt. Der Name des Vorgängers steht noch in großen Buchstaben auf dem Gebäude. Wer von der A43 aus Riemke in Richtung Herne fährt, kann den Schriftzug lesen. Vielleicht wird dort irgendwann einmal der Name Cedrik Willmath stehen. Sohn Cedrik möchte bei seinem Vater in die Lehre gehen. Dann sagt die nächste Generation: Willkommen in der Feldkampschmiede.

Text: Michael Paternoga     Fotos: Thomas Schmidt

Gemeinsam am Amboß: Willmath Senior und Geselle Lucas Bettenhausen.

Lucas Bettenhausen an der Flex im Einsatz.