Bündnis für Arbeit

Gute Nachrichten vom Arbeitsmarkt – trotz Corona

10. September 2020 | Wirtschaft

Trotz der Corona-Krise zeigt der Vergleich mit den vorigen Jahren, dass mehr Arbeitsplätze entstanden sind. Vor allem Frauen und zugewanderte Frauen arbeiten nun häufiger als zuvor oder absolvieren eine Ausbildung. Auch flexible Formen der Arbeitszeitgestaltung sind häufiger geworden.

Der negative Trend ist gebrochen
Dennoch macht sich die Corona-Pandemie auf dem Arbeitsmarkt in Herne bemerkbar, erklärte Dieter Groß, Operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Bochum/Herne: Rund 10.000 Menschen sind in Herne derzeit arbeitslos, Stichtag ist der 31. Juli 2020. Die Arbeitslosenquote ist auf 12,7 Prozent gestiegen, allerdings sind im Juli mehr Menschen in Arbeit gekommen, als in den Monaten zuvor. „Wir haben den Trend von Mai gebrochen“, sagte Groß. „Das Kurzarbeitergeld trägt uns, jeder Tag ist wichtig, um Menschen vor dem Jobverlust zu schützen.“ Allerdings sind mehr Menschen, die Arbeitslosengeld I beziehen, länger als ein Jahr arbeitslos. Das liegt daran, dass sie durch die aktuellen Regelungen länger Arbeitslosengeld I bekommen können, ohne Arbeitslosengeld II beantragen zu müssen. Dennoch: „Die Pandemie schlägt uns ins Kontor“, so Groß.

  • Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda hatte das Bündnis für Arbeit in die Akademie Mont-Cenis eingeladen. ©Nina-Maria Haupt, Stadt Herne

Neue Chancen auch nach langer Arbeitslosigkeit
Anders sieht es bei den Jobcentern aus, erläutert Karl Weiß, Leiter des Herner Jobcenters: „Die Pandemie ist im Arbeitslosengeld II noch gar nicht richtig angekommen. Wir haben wenige Solo-Selbstständige, die Arbeitslosengeld II beantragen, die meisten warten ab. Außerdem bekommen viele Arbeitslose länger Arbeitslosengeld und kommen deswegen nicht ins Jobcenter. Das Jobcenter nutzt diese Zeit: Wir schauen uns jeden Tag an, was wir machen können, um Menschen in Arbeit zu bringen und ihnen Möglichkeiten zu bieten.“ Stark sei Herne vor allem darin, nach dem Teilhabechancengesetz Menschen, die lange keine Arbeit gefunden haben und verschiedene Schwierigkeiten mitbringen, einen Neustart auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. „Wir sind eine der Städte mit dem höchsten Anteil an Teilnehmenden bezogen auf die Anzahl der Arbeitslosen. Viele Menschen sind durch dieses Gesetz dauerhaft in Arbeit gekommen, was auch dank der hier geschaffenen Voraussetzungen funktioniert“, lobte Weiß das Bündnis für Arbeit.

Besondere Hilfe für Familien
Ein weiterer Baustein, um Menschen den Neustart in Arbeit zu ermöglichen, ist das Programm „G.U.T – gemeinsam unterstützend tätig“. Seit dem 1. April 2020 läuft das Programm mit Caritas und der Gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft mbH (GBH). Das Programm bietet ein umfassendes Coaching für Familien mit Kindern unter 18 Jahren, die Leistungen des Jobcenters beziehen, aufstockende Leistungen bekommen oder die vom Sozialamt unterstützt werden. Das kann auch für Familien gelten, in denen die Eltern arbeiten, das Geld aber nicht reicht. Außerdem können Eltern teilnehmen, die Kinderzuschlag bekommen oder Alleinerziehende sowie Eltern mit Behinderungen.
Die Teilnahme ist freiwillig und kostenfrei, die Gespräche mit den Coaches bleiben vertraulich. Träger des Programms sind die Gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft Herne mbH und der Caritasverband Herne e.V. Sie helfen bei Problemen im Job und in der Familie weiter, ob es nun um die Jobsuche geht oder eine Weiterbildung, ob die Kinder einen Praktikumsplatz suchen oder der Familienalltag weniger anstrengend werden soll. Auf Wunsch helfen die Coaches auch dabei, Leistungen zu beantragen und herauszufinden, welche Unterstützung die Familie überhaupt bekommen kann. Dazu vermitteln die Coaches ehrenamtliche Experten, Praktika oder Qualifizierungen, stellen Hilfsangebote vor oder bieten Workshops an, zum Beispiel zu Themen wie Zeitmanagement und Gesundheit. Gefördert wird das Programm durch Mittel des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie der EU.

Noch freie Ausbildungsplätze
Auf dem Ausbildungsmarkt hat die Pandemie für einige Verzögerungen gesorgt. Viele Arbeitgeber haben zunächst die Lage beobachtet, bevor sie Ausbildungsstellen ausgeschrieben haben. Aber auch weniger Jugendliche haben sich bislang für eine Ausbildung beworben. Noch sind mehr Jugendliche unversorgt, als in den Vorjahren. Dennoch haben in einer Umfrage die meisten Unternehmen angekündigt, dass sie ihr Angebot an Ausbildungsplätzen erhalten wollen. Nur zwölf der 270 von der Arbeitsagentur befragten Betriebe wollen weniger Stellen anbieten, 43 überlegen noch. Die IHK meldet allerdings schon einen Zuwachs von über 80 Stellen im Vergleich zu den vorigen Jahren.
Ein Problem ist nach wie vor, Bewerber und Arbeitgeber zusammen zu bringen. Das ist vor allem schwierig, weil Jobmessen und größere Veranstaltungen ausfallen mussten. Allerdings starten die Arbeitsagentur und die Kommune mehrere Vermittlungsaktionen. Dazu kommt, so kündigte Dr. Dudda an, dass viele neu angesiedelte Unternehmen noch nicht ausbilden, aber damit bald beginnen könnten. Dazu sind noch weitere Plätze im Gesundheitswesen in Aussicht. Einen positiven Effekt könnte auch die Ausbildungsprämie haben, die Betriebe bekommen, wenn sie während der Krise ihre Ausbildungsplätze erhalten oder sogar noch mehr anbieten.
„Die Krise hat uns ziemlich erwischt, es gibt aber Möglichkeiten, etwas zu gestalten. Jetzt kommt es darauf an, wie sich die Situation weiter entwickelt. Wir sehen Licht am Ende des Tunnels“, so das Fazit von Dr. Dudda.

Nina-Maria Haupt