Woche der Ausbildung bei Handwerksbetrieben

Handwerk sucht Azubis

15. März 2019 | Gesellschaft Wirtschaft

  • Bei Friga Kältetechnik erfahren die Jugendlichen, wie ein Mechatroniker für Kälte- und Klimatechnik arbeitet. ©Frank Dieper, Stadt Herne

Ausbildung ist eine gute Alternative

„Der Fachkräftemangel ist da. Meister, die uns in der Kreishandwerkerschaft besuchen, fragen uns nach Azubis. Für viele wird es langsam eng“, berichtet der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Martin Klinger. Zwar gibt es in Herne doppelt so viele jugendliche Bewerber wie freie Ausbildungsplätze, aber oft interessieren sich die jungen Menschen nicht für die angebotenen Berufe. Oder sie geben auf, wenn der Wunsch-Betrieb sie nicht nimmt. „Wenn es bei der ersten Bewerbung nicht klappt, darf man nicht aufgeben. Auch ich habe mehrere Bewerbungen geschrieben und bin die ersten Male abgelehnt worden. Das ist nicht schlimm, das ist normal. Man darf nicht den Mut verlieren“, verrät Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda. Er gibt Bewerbern den Tipp, auch Gewerken eine Chance zu geben, die vielleicht nicht der Traumberuf sind, aber auf den zweiten Blick tolle Möglichkeiten bieten. „Eine Ausbildung zu machen ist eine gute Alternative dazu, nach der Schule zum Berufskolleg zu gehen.“

Nicht warten - kennenlernen

Aber auch die Betriebe greifen nicht immer sofort zu. „Auch wenn in einem Jahr nicht der perfekte Azubi dabei ist, ist es hoch risikoreich ein Jahr zu warten. Denn vielleicht bewerben sich im nächsten Jahr noch weniger junge Menschen. Bei Betrieben mit sechs bis acht Mitarbeitern wird es dann schnell knapp, sobald einer in den Ruhestand geht oder kündigt“, weiß Dr. Regine Schmalhorst, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Bochum/Herne.

Die drei Firmen, die sich bei der Bustour am Donnerstag, 14. März 2019, vorstellen, haben es richtig gemacht: „Diese Arbeitgeber sorgen gut für sich, indem sie selbst ausbilden“, lobt Dr. Schmalhorst. Auch die elf jungen Menschen, die an diesem Tag mitfahren, überzeugen: „Wir haben sehr interessierte Jugendliche, die sich darauf einlassen, verschiedene Berufe kennen zu lernen.“

„Der Beruf wird nie langweilig“

Einer dieser Berufe heißt Mechatroniker für Kälte- und Klimatechnik. „Das Schöne an dem Beruf ist, es wird nie langweilig. Wir haben mit Elektro zu tun, mit Kälte und Klima. Es ist jeden Tag etwas anderes“, erklärt Dustin Lötzer. Der 26-Jährige hat 2011 seine Ausbildung bei der Friga Kältetechnik GmbH begonnen. Nun können die Bewerber unter seiner Anleitung Rohre schneiden, entgraten und selbst löten. Der 15-jährige Anas hat in der Schule schon einmal gelötet und findet es gut, dass er beim Besuch in der Firma etwas selbst machen darf.

„Wichtig ist, dass die Bewerber interessiert sind. Auf der Baustelle zählt Motivation. Wir achten außerdem auf Mathe, denn in der Ausbildung wird auch gerechnet“, erklärt Heiko Wobbe, der gemeinsam mit Ingo Ciekawy den Betrieb leitet. Die Chancen, dass jemand nach abgeschlossener Ausbildung bleiben kann, sind groß: „Wir bilden nicht nur aus, um auszubilden, sondern brauchen Monteure.“

Von der Schule bis zur Rente Geld verdienen

Ähnlich ist es bei Wärmetechnik Leickel GmbH, wo Anlagenmechaniker für sanitär, Heizung und Klima ausgebildet werden. „Handwerk hat noch goldenen Boden, ich war nicht einen Tag arbeitslos“, sagt Martin Thumerer. Der Meister ist „Klempner aus Leidenschaft“ und lernt mit seinen Azubis auch mal nach Feierabend für eine Prüfung. „Für mich ist die Zensur nicht das Wichtigste. Für mich ist das Wollen das Wichtigste. Wir helfen so lange, bis die Azubis es verstanden haben“, verspricht Thumerer. Drei Azubis pro Jahr stellt die Firma ein. Sie sollten mindestens den Hauptschul-Abschluss haben, Interesse an Mathe und Physik und handwerkliches Geschick mitbringen.

Marc Gremmler gehört dazu. Er ist im zweiten Ausbildungsjahr und kann gut verstehen, wenn Schüler sich schwertun, den richtigen Beruf zu finden. „Nach der Schule war ich unschlüssig, dann habe ich ein Praktikum hier gemacht. Und dann war es klar. Die erste Woche war schleppend, die zweite war ausschlaggebend, denn da konnte ich bei einer Großanlage hinter die Kulissen gucken.“ In seiner Lehre lernt er, Heizungen zu installieren, Solaranlagen zu bauen und Sanitärinstallationen zu machen. „Unsere Firma hat die Heizung im Wananas gemacht. Es ist warm dort und wenn man weiß, was dahinter steckt, ist das enorm“, schwärmt der 18-Jährige.

Einen Blick hinter die Kulissen empfiehlt auch Geschäftsführer Gerwin Schweppe: „Probiert alles aus, schaut, was euch gefällt. Und geht ins Handwerk, da könnt ihr von der Schule bis zur Rente Geld verdienen.“

Fleiß und Motivation zählen

Einen Blick hinter die Kulissen bietet auch der  Malerbetrieb Disselkamp GmbH. Sieben Lehrlinge lernen dort, jedes Jahr sind zwei bis drei Ausbildungsplätze frei. Die 15-jährige Julia möchte Malerin werden und erkundigt sich sofort, ob für dieses Jahr noch eine Lehrstelle frei ist und worauf die Meister achten. „Man muss fleißig sein“, erklärt Geschäftsführer Klaus-Peter Arns. „Wie stellt man sich auf der Baustelle an? Wie geschickt, wie motiviert ist man? Grundlagen der Geometrie sind auch wichtig, man sollte die Größe eines Raumes berechnen können.“ Ansonsten ist ihm wichtig, dass Azubis so bald es geht den Führerschein machen, damit sie im dritten Lehrjahr selbst zu Baustellen fahren können.

Malermeisterin Dagmar Carstensen zeigt den Bewerbern, was sie in der Ausbildung erwartet: „Wir machen Stuck, verputzen, malern, machen Wärmedämmung, tapezieren, beherrschen verschiedene Maltechniken und Spachteltechniken, verlegen auch Laminat.“ Zwei ihrer Lehrlinge, Lukas Bahlke und Fofana Bubacarr zeigen den Schülern, was sie schon gelernt haben und beantworten Fragen. „Fofana ist noch nicht lange in Deutschland, spricht aber gut Deutsch. Wir haben zwei, die erst seit kurzem in Deutschland sind – das sind nicht die schlechtesten Lehrlinge“, findet Arns. Gute Chancen haben Auszubildende jeder Herkunft in seinem Betrieb allemal: „Wir suchen Leute. Wenn man einen guten Job macht, wird man bei uns nach der Ausbildung übernommen.“

Nina-Maria Haupt