Herne trotzt der Pandemie

13. Dezember 2021 | Gesellschaft
Foto: ©Bundesagentur für Arbeit

Frank Neukirchen-Füsers, Vorsitzender Geschäftsführer der Agentur für Arbeit, Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda und Karl Weiß, Geschäftsführer des Jobcenters, verweisen in einer gemeinsamen Pressekonferenz noch einmal auf die Herausforderungen, die der lokale Arbeitsmarkt zu stemmen hatte. Das Jahr 2021 bilanzieren sie in aller Kürze mit den Worten „Stabiler Arbeitsmarkt dank Kurzarbeit“.

Die Arbeitslosigkeit weist zum Ende des Jahres zwar keinen nennenswerten Rückgang auf, aber sie hat sich im Vergleich zum Vorjahr auch nicht weiter verschlechtert. An die positive Entwicklung vor der Pandemie konnte sie allerdings noch nicht wieder anschließen. Corona hat auch in diesem Jahr wieder viele Branchen sehr gefordert – darunter das Hotel- und Gaststättengewerbe, die Reisebranche und auch der Handel. In vielen Fällen konnte die Kurzarbeit erneut zahlreichen Arbeitnehmern die Anstellung sichern. Auch wenn die Anzeigen hierfür in diesem Jahr stark hinter den Anzeigen aus 2020 zurückblieben. Wer klug war, hat die Zeit der Kurzarbeit für Weiterbildung genutzt. Leider sei dies selten der Fall gewesen, so die Agentur für Arbeit. Das positive Ergebnis zum Ende des Jahres bliebe jedoch erfreulich.

Eckwerte* 2021 im Jahresdurchschnitt auf einen Blick:

  • 9.158 Arbeitslose, 9 weniger als im Vorjahr
  • 11,5 % Arbeitslosenquote, 0,1 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr
  • 879 jugendliche Arbeitslose (bis 25 Jahre), 12 weniger als 2020
  • 2.642 Arbeitslose (älter als 50 Jahre), 68 Arbeitslose mehr als 2020
  • 4.214 Langzeitarbeitslose, 945 mehr als Vorjahr
  • 100 Bewerber kommen auf 54 Ausbildungsplätze
  • 83 Unternehmen zeigten Kurzarbeit*² an, 1.131 Anzeigen weniger als 2020

*hochgerechnete Werte aus den Zahlen Jan-Nov, *² insgesamt kumuliert bis November, nicht durchschnittlich

Neukirchen-Füsers betont, dass es für eine Erholung auf dem Arbeitsmarkt noch zu früh gewesen sei und das in vielen Branchen die Pandemie immer noch Auswirkungen hat. Die Herausforderungen für die Herner Unternehmerschaft im zurückliegenden Jahr dürfe man bei der Bewertung des Jahresergebnisses nicht vergessen. Einige Betriebe hätten arg leiden müssen. Für viele galt auch in diesem Jahr die Kurzarbeit als Retterin in der Not. Ihr Einsatz hat sich in vielen Branchen rentiert. „Wir konnten viele Arbeitsplätze und damit auch Existenzen retten. Insgesamt verzeichnen wir mit Blick auf das Vorjahr eine fast konstante Arbeitslosigkeit. Zwar sind die Zahlen nicht mehr so gut wie vor der Pandemie. Dennoch kann man von einem zufriedenstellenden Verlauf sprechen und die Kurzarbeit hat vielen Unternehmen helfen können. Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass noch mehr Unternehmen die Zeit während der Kurzarbeit genutzt hätten, ihre Mitarbeiter weiterzubilden. Leider ist dies viel zu wenig in Anspruch genommen worden.“

Der Ruf nach gut ausgebildetem Personal wird immer größer und das Vermittlungsgeschäft immer schwieriger. Während Branchen wie das Hotel- und Gaststättengewerbe, der Handel und die Reisebranche 2021 schwer um ihre Existenz kämpfen mussten, ist die Nachfrage in vielen Bereichen nach gut ausgebildetem Personal ungebrochen. Allen voran in der Gesundheitsbranche, in der Informationstechnologie, im Bereich Erziehung und Unterricht sowie in vielen Fachbereichen einzelner Unternehmen.

„Dass viele Unternehmen oder Institutionen trotz Pandemie hohen Personalbedarf melden, ist einfach zu erklären. Es gibt zahlreiche Branchen, die von den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt abgekoppelt sind. Das ist gut und gibt einen gewissen Grad an Sicherheit auf dem Arbeitsmarkt. Weniger gut ist, dass das passende Personal immer häufiger fehlt. Viele Vermittlungen können nicht greifen, da die Personalanforderungen der Unternehmerschaft nicht erfüllt werden können. Ohne vorherige Fort- und Weiterbildung ist eine Vermittlung nicht möglich, aber Industrie 4.0 hat in der Pandemie nicht haltgemacht. Vielen ist sie jedoch ob der Situation durch die Pandemie nicht mehr präsent. Das müssen wir ändern. Angesichts des Mangels an gut ausgebildeten Fachkräften hätte ich mir mehr erfolgreiche Vermittlungen in Ausbildung und Arbeit für das Jahr 2021 gewünscht. Im eigenen Unternehmen ausgebildete Fachkräfte sind die Besten. Umso wichtiger ist es, auch bereits vorhandenes Personal regelmäßig weiterzubilden. Wir benötigen für die Zukunft jeden Mann und jede Frau auf dem Arbeitsmarkt. So stehen bei uns zum Beispiel auch alle Berufsrückkehrerinnen und -rückkehrer, die nach einer Familienphase wieder zurück in den Beruf wollen, in der Akquise im Fokus. Die Agentur für Arbeit bietet viele Förder- und Unterstützungsprogramme sowohl für die Unternehmen als auch für die Arbeitnehmer an. Aber sie müssen auch genutzt werden. Sonst holen einen die technischen Entwicklungen und Neuerungen auf dem Arbeitsmarkt ein und man bleibt zurück. Hier gilt es auch für das kommende Jahr kräftig gegen zu wirken, auszubilden und zu qualifizieren. Wer Bedarf hat, soll sich bei uns melden.“

Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda sieht die durch die Pandemie entstandenen Herausforderungen, blickt aber zuversichtlich auf das neue Jahr und sagt: „Obwohl wir uns im zweiten Jahr der pandemischen Lage befinden, ist es uns gelungen, die Situation auf dem Arbeitsmarkt zu stabilisieren und – das zeigen die Jahresendzahlen recht deutlich – sogar den vor Corona erfolgreich angelaufenen Aufholprozess wieder anzustoßen. Das ermutigt uns in unserer Auffassung, dass wir mit dem Bündnis für Arbeit das passende Werkzeug zur Hand haben, mit dem die Agentur für Arbeit, die Stadt Herne, Wirtschaft, Handel und Gewerbetreibende gemeinsam daran arbeiten, Menschen in Lohn und Brot zu bringen. Mut macht uns auch, dass die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften nach wie vor hoch ist. Zu hoch ist leider die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen, hier müssen wir noch nachjustieren. Avisierte Firmenansiedlungen werden in den kommenden Monaten und Jahren aber weitere Hernerinnen und Herner in Arbeit bringen und so neue Chancen eröffnen.“

Auch der Geschäftsführer des Herner Jobcenters, Karl Weiß, gibt zu bedenken, dass die Pandemie für viele Menschen in der Grundsicherung eine besonders starke Herausforderung im zurückliegenden Jahr darstellte und erklärt: „Der hohe Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit in Herne ist sicherlich den Auswirkungen der Pandemie geschuldet. Es fehlte beispielsweise oftmals die Möglichkeit in Präsenz an Maßnahmen teilzunehmen. Hier gilt es in 2022 anzusetzen und gute Lösungen für die Menschen zu finden. Der Mitteleinsatz in verschiedenen Förder- und Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich von Fort-und Weiterbildung ist wichtig und geplant. Dafür sollten die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Auch für die wichtige und sinnvolle Verstetigung des sozialen Arbeitsmarktes ist ein hohes Engagement erforderlich, um langzeitarbeitslose Menschen nachhaltig zu unterstützen. Dies hilft auch den betroffenen Familien und trägt zu einer sozialen Stabilisierung bei.“