Ionela Ghenov baut Brücken

10. November 2022 | Ausgabe 2022/3

Die Familienbegleiterin betreut Menschen aus Rumänien

Eine neue Stadt, ein neues Land, ein neues Zuhause: Ionela Ghenov weiß, wie es sich anfühlt, diesen Schritt zu gehen. Vor sechs Jahren kam sie aus Rumänien nach Herne. Heute arbeitet sie als Familienbegleiterin und sagt längst: „Herne ist meine neue Heimat. Hier bin ich angekommen.“

Natürlich dauert es etwas, bis so ein Heimatgefühl aufkommt. Eine fremde Umgebung, eine fremde Sprache – viele Herausforderungen sind zu meistern. Die 37-Jährige hat sie gemeistert. Die Hernerin kennt die Situation, zum ersten Mal eine Behörde zu betreten, einen Kitaplatz zu suchen oder den ersten Elternbrief aus der Schule in den Händen zu halten. Und weil die gebürtige Rumänin genau das alles selbst miterlebte, hat sie für sich den perfekten Job im Kommunalen Integrationszentrum (KI) gefunden: Als Familienbegleiterin berät und betreut sie Eltern und Kinder aus Rumänien beim Ankommen in Herne.

Unterstützung im Unterricht
Und wie genau funktioniert das? Vormittags unterstützt sie die Lehrkräfte an sechs Grundschulen. Nach den ersten beiden Stunden erfolgt ein Wechsel zur nächsten Einrichtung, sodass immer zwei Schulen pro Tag angesteuert werden. Besonders die Kinder aus den beiden Anfangsklassen an der Josefschule haben Ionela Ghenov ins Herz geschlossen. „Das ist meine Stammschule, an der ich jeden Tag im Einsatz bin. Dort unterstütze ich Kinder im Unterricht bei Aufgaben, die sie nicht verstanden haben und bei denen sie Hilfe benötigen“, sagt die Familienbegleiterin und fügt hinzu: „Vor allem in den Fächern Deutsch und Mathematik ist eine Förderung notwendig.“ Die Sprache spielt natürlich auch in der Schule eine zentrale Rolle. „Das versuchen wir den Eltern auch immer wieder zu vermitteln.“ Die städtische Mitarbeiterin hat das schnell erkannt. Während ihr Mann bereits in Deutschland für eine rumänische Firma arbeitete, absolvierte Ionela Ghenov in ihrem Heimatland ihren ersten Deutschkurs. In Herne angekommen, wurde fleißig weitergelernt. Mit Erfolg: Schon ein Jahr nach ihrer Ankunft arbeitete die Honorarkraft als Sprach- und Kulturmittlerin in Schulen und im KI. 2020 erfolgte die Anstellung als Familienbegleiterin bei der Stadt Herne.

„Vor allem in den Fächern Deutsch und Mathematik ist eine Förderung notwendig“, berichtet die 37-Jährige.

Ionela Ghenov mit ihrer Mentorin Regina Osladil …

… und im Unterricht in der Josefschule.

„Frau Ghenov ist für unsere Schule der Erfolgsgarant für eine erfolgreiche Integration“, betont Robert Faber, Leiter der Josefschule.

Elterngespräche sind gefragt
„Wir wollen eine Brücke bauen zwischen der Schule und der Familie“, betont die 37-Jährige. Und das scheint zu gelingen. „Frau Ghenov ist für unsere Schule der Erfolgsgarant für eine erfolgreiche Integration. Ihre Arbeit ist extrem wertvoll, weil wir so alle Familien aus Rumänien erreichen. Durch ihre Unterstützung fühlen sich die Menschen integriert, toleriert und respektiert“, betont Robert Faber, Leiter der Josefschule. Neben der Unterstützung im Unterricht finden auch viele Elterngespräche in der Schule oder am Nachmittag am Telefon statt. „Die Eltern fühlen sich sicherer, wenn wir bei den Gesprächen dabei sind. Wir erklären dann auch, wie die Mütter und Väter zuhause ihre Kinder fördern können.“ Wenn Ionela Ghenov „wir“ sagt, meint sie auch ihre Kollegin Leyla Demir, die sie von Beginn an unterstützte. Leyla Demir betreut die Bulgar*innen in Herne, die Türkisch sprechen. Gemeinsam organisierten beide vor Corona-Zeiten Elterncafés und weitere Projekte.

Schulleben kennenlernen
Für viele Familien gehe es nach ihrer Ankunft aber erst einmal darum, überhaupt das deutsche Schulleben mit den verschiedenen Schultypen kennenzulernen. Auch Ionela Ghenov musste sich vor sechs Jahren erst einmal herantasten. Gut aufgehoben fühlte sie sich im Kommunalen Integrationszentrum. Mit Regina Osladil fand sie dort auch eine Mentorin, die sie auf ihrem Weg in Herne bei vielen Gelegenheiten unterstützte. Nicht nur deshalb sagt die zweifache Mutter: „Das KI war und ist eine wichtige Anlaufstelle. Mein älterer Sohn machte dort 2016 einen Test, um für ihn die richtige Schule zu finden. Es war der Beginn der Integration. Niemals hätte ich gedacht, dass ich heute selber Menschen dabei unterstütze, in Herne gut anzukommen. Diesen Familien helfen zu können, macht mich sehr glücklich.“

„Niemals hätte ich gedacht, dass ich heute selber Menschen dabei unterstütze, in Herne gut anzukommen“, erzählt Ionela Ghenov.

Text: Michael Paternoga     Fotos: Frank Dieper