Junge Frauen, die Sexfilme drehen
Fünf junge Frauen öffnen nach ihrer Vorstellung lasziv den Reißverschluss ihrer weißen Kapuzenjacken. Darunter kommt schwarze Spitze zum Vorschein. Sie heißen Mia, Lucy oder Vicky und sind Pornodarstellerinen. Damit beginnt "Hot Girls Wanted", ein Stück über Frauen, die Pornos drehen.
Experimentieren unter Druck
Grundlage ist eine Netflix-Doku
Hot Girls Wanted. theater kohlenpott. Text und Regie: Sefa Küskü / Asisstenz: Chiara Pennisi / Choreographie: Diana Richter / Kostüme: Zoe Drückler. Es spielen Lilli Gehrke, Marisa-Giulia Gervasi, Malina Hoffmann, Jasmin Keller und Lea Terhaag.
Premiere: 26.8.2016, 19 Uhr, Flottmann-Hallen. Weitere Vorstellungen: 27.8. und August. Eintritt: 6,00 Euro, erm. 4,00 Euro. info@theaterkohlenpott.de, Tel. 0 23 23 / 162 95 61 oder 0162 286 90 37.
Wir reagiert das ältere Publikum
Die fünf Rollen spielen junge Frauen, die sich ebenfalls in der kohlenpott-Aura tummeln, übrigens allesamt Studentinnen, die ganz entspannt mit dem Tabu-Thema "Pornos" umgehen. Als Vertreterinnen einer jungen Generation, die mit der allgemeinen Verfügbarkeit von Sexfilmen aufgewachsen ist, während die Älteren sich in ihrer Jugend verschämt VHS-Kassetten in Pornoläden ausleihen musste. Deshalb sind sie gespannt, wie das Publikum reagieren wird: "Meine Eltern werden sich das Stück ansehen, sie werden ihre Freunde mitbringen", sagt Malina Hoffmann. "Manche davon finden es schon komisch, dass darüber öffentlich geredet wird."
Aufzeigen, nicht werten
"Und genau dafür ist Theater da", unterstreicht Gabriele Kloke. Es greift Themen auf, die tabuisiert sind. "Die Pornoindustrie ist ein Riesenvermarktungsbetrieb", so Kloke, "mit Schauspielern, Kameramännern, einer Marketingabteilung und allem, was dazu gehört." Auf der anderen Seite sind Millionen von Porno-Nutzern. Die Internet-Suchanfragen aus diesem Metier übertreffen die anderer Portale bei weitem. "Wenn man das Stück sieht, ist man aufgeklärt", meinen die Darstellerinnen, "aber nicht im pädagogischen Sinne". Denn den Zeigefinger wollen sie nicht erheben. Girls Most Wanted will nur aufzeigen, nicht werten. "Am Anfang wollte ich Nacktheit zeigen", sagt Küskü, "ich glaube, alle hätten mitgemacht. Aber nachdem wir darüber diskutiert haben, war uns klar: Das brauchen wir nicht." Da sollten die Zuschauer darauf vertrauen, dass das Kopfkino angeht. So geht es in 70 Minuten in einer Mischung aus Sprech- und Tanztheater um Freiheit und Selbstbestimmung, um Abhängigkeit, Geld und Ruhm.
Nächstes Jahr zum Vorsprechen
Die fünf Protagonistinnen lieben die Bühne, zeigen aber wenig Ambitionen, den Beruf der Schauspielerin zu ergreifen. "Allerdings ist ihr Theaterinteresse mehr als ein Hobby, viel zielgerichteter", so Kloke. Nur einer will mehr, Sefa Küskü, der Regisseur des Stückes. "Anfang nächsten Jahres mache ich mich auf die Reisen, um in vielen Theatern vorzusprechen", gibt er sein Ziel vor.
Text: Horst Martens