„Kommt mit ins Abenteuerland“
Der Abenteuerspielplatz am Hasenkamp in Holsterhausen wird 40 Jahre jung. Die Angebote abseits der „Glotze“ werden von Kindern und Teenies weiterhin gut angenommen.
„Komm mit mir ins Abenteuerland, auf deine eigene Reise. Komm mit mir ins Abenteuerland, der Eintritt kostet den Verstand. Komm mit mir ins Abenteuerland und tu's auf deine Weise. Deine Phantasie schenkt dir ein Land, das Abenteuerland.“ Was in dem Klassiker der Gruppe „Pur“ noch etwas schwülstig daherkommt, ist in unserer Stadt gelebte Jugendarbeit. Denn seit 1975 schafft der Abenteuerspielplatz am Hasenkamp in Holsterhausen Freiräume für Kinder und Jugendliche, abseits der TV-Glotze oder der Spielkonsole. Am Sonntag, 31. Mai, wird auf dem etwa 10.000 Quadratmeter großen Gelände der runde Geburtstag gefeiert.
„Kindheit ist heute gekennzeichnet von einem Mangel an erlebbaren Abenteuern. Wir erleben eine rasante Entwicklung der Weltaneignung der Kinder aus zweiter Hand, und zwar über die Medienwirklichkeit. Aber wir wissen auch, dass Kinder nach wie vor Freiräume mit Hügeln, Büschen, Hecken und Nischen brauchen, wo sie ihre authentischen Erfahrungen machen können.“
Aus dem Grußwort von Franz Müntefering anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Abenteuerspielplatzes im Jahr 1995. Der SPD-Politiker war damals Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.
40 Jahre – ein Erwachsenenalter! Hat sich daher das Projekt „Abenteuerspielplatz“ für Kinder- und Jugendliche überlebt? Ist es überhaupt noch zeitgemäß? „Ja, eindeutig!“, sagt Gerhard Stoll. Der 58-jährige Sozialerzieher betreut seit 1986 seine Schützlinge in Holsterhausen: „Auch heute wollen Kinder noch etwas erleben. Diesem Grundbedürfnis komme wir hier nach.“ Und Marion Heuer (58), Sozialpädagogin in der Jugendförderung der Stadt Herne, ergänzt: „Früher sind die Kinder oder Jugendliche von alleine gekommen. Heute müssen wir sie erst einmal an- und von ihren Daddelmaschinen weglocken. Wenn sie aber hier sind, packen wir sie auch, dann sind sie ganz bei uns.“ „Gepackt“ werden sie in zwei Gruppen: Für Kinder (6-14 Jahre) und Jugendliche (bis 17 Jahre) gibt’s die unterschiedlichsten Angebote, auch mal getrennt nach Zeiten. Hinzu kommt einmal monatlich ein reiner Mädchentag. 15 bis 30 Abenteuerlustige tummeln sich im Durchschnitt täglich auf dem Gelände, in den Ferien sind es bis zu 100. Früher waren es weitaus mehr, als es, so Stoll, „noch keine Ganztagsschule oder die vielen Vereinsangebote gab“.
„Einem Abenteuerspielplatz kommt gerade in einem Ballungszentrum eine besondere Bedeutung zu, denn er bietet einen gesicherten Bewegungs-, Spiel und Experimentierraum im Freien.“
Hernes Alt-OB Wolfgang Becker im Jahr 1995
Wer den Weg zum Hasenkamp gefunden hat, der Großteil der Kinder und Jugendlichen kommt aus dem Stadtteil Holsterhausen, findet alles, was zu einem richtigen Abenteuerspielplatz gehört und was ihn von den „normalen“ Spielplätzen abhebt: Feuer-, Wasser- Sand- und Matschbereiche, einen Nutzgarten mit Kräutern, Gemüse, Kartoffeln und Obst, wo selbst geerntet wird, ein Mehrzweckfeld für Ballspiele aller Art, ein Trampolin undundund. Nicht zu vergessen der renaturierte Schmiedesbach, der mitten durch das Gelände fließt, ein echter Fuhrpark aus Go-Karts und Bobby-Cars, der selbst angelegte Teich, wo Frösche quaken, oder das Spielhaus mit Kicker, Billardtisch, Kochecke und den Rückzugsräumen zum „Chillen“. Marion Heuer: „Wir gehen bewusst auf die Bedürfnisse der Mädchen und Jungen ein. Wer mal nur quatschen oder eben chillen will, ist hier ebenso gut aufgehoben wie der, der mit Hammer, Zange und Nägeln etwas tun will.“
Apropos Lärm: Konflikte mit der Nachbarschaft gibt und gab es hier nie, „die Akzeptanz ist da“, freut sich Marion Heuer. Und noch etwas sollte nicht unerwähnt bleiben: Trotz permanenter Finanznot hat die Kommune, der das Gelände gehört und die den Personal- und Sachetat im Haushalt verankert, eine Schließung des Abenteuerspielplatzes in den letzten 40 Jahren nie ins Auge gefasst.
Ausflüge mit Abenteuer-Charakter
Der Abenteuerspielplatz am Hasenkamp wurde 1975 als Modellvorhaben des damaligen Arbeits- und Sozialministeriums eröffnet. Seit 2008 verwaltet das Team Herne-Mitte der städtischen Jugendförderung den Platz. Zwei Erzieher und ein Anerkennungs-Praktikant betreuen die Kinder und Jugendliche. Geöffnet ist die Anlage in der Regel zwischen 14 und 20 Uhr. Vormittags können Kindergärten, Kindertagesstätten und auch Schulen den Platz nutzen.
Auch außerhalb der Anlage sind die Betreuer mit ihren Kindern und Jugendlichen aktiv. Ob beim Besuch einer Partie der Fußball-Bundesliga des VfL Bochum, bei einer Radtour in den Revierpark Gysenberg oder einer Tagestour ins Phantasialand in Brühl – „unsere Ausflüge haben zumeist auch ein Spur von Abenteuer-Charakter“, lacht Gerhard Stoll. Im vergangenen Jahr wandelte eine Gruppe der Hasenkamp-Kinder in der Hauptstadt Berlin sogar „auf den Spuren der deutschen Geschichte“. Und zwar nicht alleine, sondern mit ihren Altersgenossen aus Hernes Partnerstädten Wakefield (GB) und Hénin-Beaumont (F). Marion Heuer: „Dieser internationale Austausch mit Besuchen und Gegenbesuchen in den Partnerstädten, auch im polnischen Konin waren wir schon, gehört zu unserer Tradition.“
Für Geburtstagfeier wird noch Unterstützung gesucht
Am Sonntag, 31. Mai, feiert der Abenteuerspielplatz am Hasenkamp seinen 40. Geburtstag. Geplant ist ein Fest zwischen 11 und 18 Uhr mit einem Spiel- und Kulturangebot für Groß und Klein. Noch sucht das Team Unterstützung, zum Beispiel beim Kaffee- und Kuchenverkauf, am Schminkstand, im Sinnespfad im Garten oder an den verschiedenen Spielstationen. Wer Interesse und Zeit hat, kann sich hier melden: Telefon WAN 440 82, per E-Mail: asp@herne.de
Text: Jochen Schübel
Fotos: Frank Dieper