Leidenschaft in jeder Bewegung
B-Boy Janis Heldmann entdeckt bei Pottporus die Passion fürs Tanztheater
Geschmeidige und ruhige Bewegungen enden in bizarren Figuren, kurz darauf ist hohes Tempo gefragt, wenn der durchtrainierte Akrobat mit viel Energie sein Publikum verzaubert: Es ist die Welt eines Breakdancers, es ist die Welt von Janis Heldmann. Die Bühne ist sein Zuhause.
Und genau deshalb ist sein Zuhause aktuell eigentlich nicht seine Wohnung in Bochum, sondern die Aula der Realschule Crange. Dort stehen die entscheidenden Proben auf dem Programm. Die Premiere rückt näher. Nur noch wenige Tage, dann findet die Erstaufführung der neuen Renegade-Produktion in den Flottmann-Hallen statt. „Lust“ heißt das Stück. Und wer Janis Heldmann auf der Bühne beobachtet, bekommt sofort Lust, sich Tickets zu kaufen. Keine Frage, der 23-Jährige ist bei jeder Anweisung von Choreografin Caterina Varela in seinem Element.
Leidenschaft lässt die Schmerzen vergessen
Würde man Tanzen als sein Hobby bezeichnen, würde man ihn beleidigen. Tanzen ist viel mehr, Tanzen ist seine große Leidenschaft. „Nur wer mit Leidenschaft dabei ist, investiert gerne die Zeit, vergisst die Schmerzen und die Disziplin“, sagt Heldmann und fügt hinzu: „Man erfährt mehr über sich und seinen Körper und das, was einen glücklich macht.“
Glücklich macht ihn die Vorfreunde auf die neue Produktion. Im Jahr 2003 war daran noch nicht zu denken. Damals hörte er über einem befreundeten Breakdancer zum ersten Mal von Pottporus. Die ersten Stücke sah er 2008, zwei Jahre später gehörte er mit gerade einmal 18 Jahren schon selber zur Renegade-Truppe. In „rumble reloadet“, der Neuauflage der preisgekrönte Adaption von Shakespeares Romeo und Julia, übernahm Heldmann die Rolle des Romeo. Auch in „Triptique“ war seine Körperbeherrschung zu sehen.
B-Boy wird zweimal Deutscher Meister
Zwei Deutsche Meistertitel kommen schließlich nicht von ungefähr. Mit seiner Breakdance-Crew „Regless“ war der B-Boy zweimal nicht zu schlagen. „Bei so einer Battle stehen wuchtige Bewegungen und viele Drehungen im Mittelpunkt. Ein Übergang zwischen zwei großen akrobatischen Elementen wird zur Nebensache, man vertuscht ihn fast. Ganz anders beim Tanztheater. Hier gibt es die Möglichkeit, andere Bewegungsqualitäten, die wir als urbane Tänzer haben, aber normalerweise nicht so im Vordergrund stehen, anzuwenden. Diese Möglichkeit hat mich an Pottporus sofort fasziniert, das war für mich etwas ganz Neues.“
Premiere am 14. November in den Flottmann-Hallen
Deshalb freut sich der Breakdancer, der schon mit elf Jahren seine ersten Hiphop-Schritte einstudierte, auf die beiden Aufführungen (14./15. November) in den Flottmann-Hallen. Dann liegen 40 lange Trainingstage hinter der Crew. Bei einem Probentag von acht Stunden darf die Frage erlaubt sein, ob sich der 23-Jährige als Profitänzer fühlt? Seine bescheidene Antwort: „Ich kann meine Lebensunterhaltskosten durch das Tanzen decken.“ Dabei war es nie sein Wunsch, Profi zu werden. Vielleicht war es ihm auch deshalb wichtig, parallel noch sein Studium in Duisburg mit viel Disziplin durchzuziehen. Allerdings ist die Richtung gegenüber dem Künstlerleben schon ein krasser Gegensatz. Denn beim Studienfach Nanotechnologie hört die künstlerische Freiheit wohl schon nach der ersten Vorlesung auf.
Im Sommer will er seine Bachelor-Arbeit schreiben. Vorher hat er allerdings schon die nächste Produktion fest im Blick: Mit der bekannten Choreografin Susanne Linke geht es nach Bochum. Das Tanztheater „Ruhrort“ wird im Schauspielhaus an mindestens 15 Tagen zu sehen sein. Für den gebürtigen Bochumer natürlich eine besondere Ehre.
Text: Michael Paternoga
Foto: Horst Martens