Liebeserklärung auf dem Kulturschiff
Ein bestens aufgelegter Kai Twilfer, viele humorvolle Geschichten über das Ruhrgebiet und ein ausverkauftes Kulturschiff - bessere Zutaten hätte es für einen lauen Sommerabend auf dem Rhein-Herne-Kanal kaum geben können.
Das Fahrgastschiff "Friedrich der Große" hatte an der Künstlerzeche Unser Fritz noch nicht ganz abgelegt, da war bereits klar, dass die Stadtbibliothek Herne mit dem Bestsellerautor den richtigen Mann für eine Lesung mit an Bord genommen hatte. „Normalerweise versuche ich immer, die Leute mit ins Boot zu holen, das muss ich heute nicht, ihr seid alle schon da. Außerdem könnt ihr in der Pause nicht abhauen. Sonst hat man schon mal Angst, wie viele Stühle im zweiten Teil leer bleiben", sagte der Autor gleich zu Beginn. Doch selbst, wenn das Kulturschiff etwa auf halber Strecke an der Schleuse in Gelsenkirchen angelegt hätte, um eine kleine Pause einzulegen, wäre wohl niemand der 80 Besucher auf die Idee gekommen, das rettende Ufer zu erreichen. Denn zu euphorisch,
kurzweilig und unterhaltsam nahm Twifler die Menschen mit auf eine Entdeckungsreise durch das Ruhrgebiet, festgehalten in dem Werk "111 Gründe, den Ruhrpott zu lieben". Es ist eine Liebeserklärung an die großartigste Region der Welt. So lautet auch der bescheidene Untertitel des Buches. Es ist eine Hommage an die Region, die Menschen und natürlich auch an die Sprache. „Seit Jahrzehnten gönnen wir uns den Luxus, auf den Genitiv zu verzichten. So wird aus Großmutters großer Liebe ganz schnell auch schon mal die Omma ihren Alten."
Mit seinem humorvollen Reiseführer über seine Heimat steuerte der Autor das Fahrgastschiff Friedrich der Große quer durch das Ruhrgebiet. Er legte unter anderem in einem Bergarbeiter-Wohnmuseum in Lünen an, wo eine rekonstruierte Wohnung die Lebensumstände Bergarbeiter aus den 30erJahren veranschaulicht. "Selbst das Plumpsklo hier noch vorhanden. Ein Besuch lohnt sich auf den jeden Fall", verspricht der gebürtige Gelsenkirchener, bevor er in Richtung Jahrhunderthalle aufbrach. Die stand einst übrigens in Düsseldorf und wurde erst später nach Bochum transportiert. Für das beauftragte Umzugsunternehmen kaum ein Problem: "Da müssen wir aber zweimal fahren, hieß es am Telefon."
Natürlich durfte auch die Stadtehe zwischen Wanne-Eickel und Herne an diesem Abend nicht fehlen. Grund 53 das Ruhrgebiet zu lieben, lautet schließlich: Freiheit für Wanne-Eickel. „Wanne war schließlich mal die dichtbesiedelste Stadt in ganz Deutschland. Wanne war voll konnte man da sagen. Wenn ihr damals in der Innenstadt standet und habt das Standbein gewechselt, da stand da schon einer", hatte Twifler wieder die Lacher auf seiner Seite. Zum Ende musste natürlich auch noch ein Lied angestimmte werden, um die beschauliche Atmosphäre auf dem Kanal perfekt zu machen: "Nichts ist so schön, wie der Mond von Wanne-Eickel ..." Eine Liebeserklärung an die großartigste Region der Welt. Eine Liebeserklärung, die auch bei den Organisatoren der Stadtbibliothek gut ankam. "Das war ein wunderbarer Abend mit einem ausgezeichneten Autor", lautete das Fazit von Karin Anlauf und Ingrid von der Weppen.