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LWL-Archäologie feierte in Herne

20. August 2020 | Gesellschaft

„Es ist erstaunlich, was uns die vermeintlich toten Gegenstände verraten können, wenn man sie zum Erzählen bringt", freut sich LWL-Direktor Matthias Löb über das Projekt „100 Jahre / 100 Funde". Dem Jubiläum zugrunde liegen die Ausführungsbestimmungen des Preußischen Ausgrabungsgesetzes von 1920. Sie bilden einen Meilenstein in der Geschichte der Bodendenkmalpflege und legen den Grundstein für das heutige Denkmalschutzgesetz und die gesamte Bodendenkmalpflege in NRW. Löb: „In Zeiten von knappen Kassen wird der Sinn von Denkmalschutz leider ab und zu infrage gestellt. Dabei zeigt die Archäologie mit diesem Projekt einmal mehr, wie wichtig der Denkmalschutz auch als politischer Beitrag ist. Die präsentierten Funde beweisen eindrücklich, dass Kulturwandel nicht die Ausnahme, sondern der Normalzustand ist. Auch in Westfalen gab es ein Kommen und Gehen, auf lange Sicht ist meist nur der Wandel beständig."

Aber nicht alles unterliege dem Wandel. „Es gibt natürlich Dinge, die auch in 100 Jahren gleichbleiben. Eines davon ist, dass wir auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen sind, da die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht überall vor Ort sein können", so Löb. Das Engagement von privaten Vereinen und Kommissionen sei auch die Grundlage der amtlichen Bodendenkmalpflege vor 100 Jahren gewesen. Prof. Dr. Michael M. Rind, Direktor der LWL-Archäologie für Westfalen, erläutert die Besonderheit der westfälischen Archäologie: „Anders als in anderen Regionen hatte kaum eine archäologische Kultur in Westfalen ihr Kerngebiet. Vielmehr zeichnet sich Westfalen fast durchgängig als Kontaktzone aus." Sesshafte Bauern lebten hier neben Jägern und Sammlern, römische Truppen trafen auf germanische Stämme, christliche Franken auf heidnische Sachsen und beeinflussten sich gegenseitig. „Dieses Bild einer Gesellschaft im Wandel möchten wir mit unserem Projekt „100 Jahre / 100 Funde" auf neuestem technischem Stand greifbar machen - mittels exzellenter Fotografien und digitaler 3-D-Objekte."

Dabei nimmt die LWL-Archäologie ihr Jubiläum zum Anlass für Rückblick und Blick in die Zukunft zugleich. „Das Jubiläum ist auch Anstoß zum Einstieg in die dreidimensionale digitale Erfassung unserer Funde, welche wir fortsetzen werden", erklärt Rind. In einer Online-Ausstellung sind etliche der 100 Funde als hoch aufgelöste 3-D-Objekte zu sehen - ausgewählt aus 20 westfälischen Museen und dem Fundarchiv des LWL. Sie werden über die Plattform „Sketchfab" gezeigt, die das größte Portal für 3-D-Modelle im Internet darstellt. Rind: „Das 3-D-Objekt ermöglicht den Zugang zum Fund und zumindest digital seine dauerhafte Sicherung. Wie wichtig beides ist, führen uns nicht zuletzt Unglücksfälle in Museen und Archiven sowie die aktuelle Corona-Pandemie vor Augen. „Leider können nicht alle 100 Funde als 3-D-Objekte gezeigt werden, da die derzeitigen Digitalisierungsmethoden nach wie vor an technische Grenzen stoßen. Alle Funde werden aber in einem Bildband in aufwendigen Fotos präsentiert.