Mahnmal gegen WM in Katar
20.000 Grabkerzen, 6.500 sandgefüllte Fußbälle und rund 300 Ehrenamtliche der AWO Bezirk Westliches Westfalen und AWO International sowie der Aktionskünstler Volker-Johannes Trieb haben das Stadion am Schloss Strünkede in ein Mahnmal verwandelt. Anlässlich des Fußball-WM-Auftaktes fand am Sonntag, 20. November 2022, die Trauerfeier für die toten Arbeiter statt. Die Stadt Herne wurde unter anderem durch Bürgermeister Kai Gera vertreten.
Foto: ©AWO Westliches Westfalen
„Die FIFA hat den Fußball verraten und verkauft. Profit darf nicht über Menschlichkeit siegen. Menschenleben dürfen nicht für Gewinn geopfert werden. Der Zweck heiligt nicht alle Mittel und schon gar keine Allianzen mit Diktaturen.“ Michael Scheffler, Vorsitzender des AWO Bezirks Westliches Westfalen, fand deutliche Worte für die Fußball-WM, die am Sonntag, 20. November 2022, in Katar begonnen hat. Zur gleichen Zeit fand im legendären Stadion am Schloss Strünkede in Herne eine Trauerfeier für die vielen tausend Arbeiter statt, die auf den WM-Baustellen gestorben sind.
Den Toten wurde mit 6.500 sandgefüllten Fußbällen auf dem Spielfeld und 20.000 Grabkerzen auf den Rängen ein einzigartiges Denkmal gesetzt. Mehrere hundert freiwillige Helfer waren nach Herne gekommen, um es zu errichten und der Menschen zu gedenken. Das Eröffnungsspiel in Doha zu verfolgen, kam für sie nicht in Frage: „Die Spiele, die heute beginnen, sind mit Leid und Tod erkauft. Es ist die blutigste WM, die es je gab“, sagte Volker-Johannes Trieb, Aktionskünstler aus Osnabrück und Initiator der Aktion. Katar sei ein Ort der Schande, so Trieb. Die Menschenfeindlichkeit, die dort herrsche, sei für ihn unerträglich. „Heute ist kein Tag zum Jubeln, sondern zum Trauern“, so der Künstler.
Mit kurzen Reden, einer Schweigeminute und einer symbolischen Kerze, die auf dem Spielfeld entzündet wurde, fand in Herne das Gegenteil des Eröffnungsspiels statt. Der Cellist Willem Schulz würdigte die Toten mit einem eigens komponierten Requiem. Die Band „Westwärts“ sang zum Abschluss das, was alle vor Ort dachten: „We say NO!“ Moderiert wurde das Gedenken von Kommentator Manfred Breuckmann, der ebenfalls gegen das Turnier in der Wüste Position bezieht: „Eine WM auf den Gräbern von Wanderarbeitern – das geht gar nicht. Ich schäme mich für alle, die ‚nur über Fußball‘ reden wollen. Sie begreifen nicht, dass sie mithelfen, Menschenverachtung salonfähig zu machen.“
Bereits am 1. April dieses Jahres hatten Volker-Johannes Trieb und Vertreter vom AWO Bezirk Westliches Westfalen und AWO international vor der FIFA-Zentrale in Zürich gegen die Vergabe der WM an Katar protestiert. „Die Menschen, die auf den Baustellen gestorben sind, stammen aus den ärmsten Ländern der Welt. Sie haben dort geschuftet, um ihre Familien zu ernähren. Wir sind heute in Gedanken bei ihren Angehörigen“, sagte Ingrid Lebherz, Geschäftsführerin von AWO International. Der Verband engagiert sich in den Ländern der Hinterbliebenen für die Rechte von Arbeitsmigranten, die in Ländern wie Katar ausgebeutet werden. „Weltweit leben rund 50 Millionen Menschen in Sklaverei – das ist eine ungeheure und beschämende Zahl. Ein Großereignis wie die WM in Katar wären eine Chance gewesen, die Arbeitsverhältnisse zu verbessern und etwa das Kafala-System mit aller Entschlossenheit zu unterbinden. Die FIFA hat das aber durch ihre jahrelange Ignoranz versäumt.“