Woche des Jugendamtes: Erzieher

Mehr als nur mit Bauklötzen spielen

13. Oktober 2017 | Gesellschaft

  • Nicht nur Malen und Basteln - Kevin Praedel und Isabell Pilz haben Spaß an der Arbeit mit Kindern. ©Nina-Maria Haupt, Stadt Herne

Lieber Praxis als Theorie

„Ich war schon immer der Praxismensch und nicht der Schreiber“, sagt Kevin Praedel. Lange hatte der 24-Jährige überlegt, welcher Beruf zu ihm passt, hatte verschiedene Praktika gemacht. Schließlich machte er Praktikum in einer Kita. „Es hat mir sehr gut gefallen, die Kinder haben gerne mit mir gespielt. Und zum ersten Mal in einem Praktikum wurde ich gefragt, ob ich eine Aufgabe übernehmen möchte, anstatt dass jemand sagt: ‚Mach das‘. Der freundliche, soziale Umgang gefällt mir gut“, berichtet Praedel. In diesem Sommer hat er seine Ausbildung zum Erzieher abgeschlossen und arbeitet nun in der Kita „Rappelkiste“ an der Mont-Cenis-Straße. Zuerst machte Praedel eine Ausbildung zum Kinderpfleger, dann die Erzieherausbildung. „Ich bin glücklich in meinem Beruf und könnte mir nichts anderes vorstellen. Es ist toll, dass ich für das, was mir Spaß macht, Geld bekomme“, findet er.

Zur Entwicklung der Kinder beitragen

Auch Isabell Pilz ist seit diesem Sommer ausgebildete Erzieherin. Sie hat eine Stelle in der Kita Florastraße. Durch Zufall wurde sie auf den Beruf aufmerksam: „Meine Eltern haben sich gut mit meiner früheren Kindergärtnerin verstanden. Ich habe sie ein-, zweimal im Jahr besucht.“ Sie bekam ein Praktikum angeboten und damit war die Entscheidung klar. Erst machte Pilz das Fachabitur, dann die Erzieher-Ausbildung. „Dort bekommt man Hintergrund-Informationen, wie das eigene Verhalten auf die Kinder wirkt“, erklärt die 23-Jährige. Sie lernte Entwicklungsphasen, pädagogische und entwicklungspsychologische Grundlagen. „Ich habe die Fortschritte und die Entwicklung der Kinder beobachtet und das hat mich darin bestätigt, dass es der richtige Beruf ist. Es ist schön, wenn man etwas dazu beigetragen hat, dass ein Kind plötzlich Farben benennen kann.“

Lernen durch Spaß

Dabei sehen Außenstehende häufig nicht, wie viel gezielte Förderung dahinter steckt. Wenn Pilz die Sprachkompetenz der Kinder fördern will, sucht sie spezielle Spiele aus. Auch Bauklötze sind für Kinder mehr als nur eine Beschäftigung: „Wer damit baut, übt seine Geschicklichkeit. Handwerker zum Beispiel müssen geschickt sein, das haben sie zum ersten Mal in der Kita geübt“, weiß Praedel. Und fügt hinzu: „Die Kinder sollen durch Spaß lernen, wir fördern die Kinder im Alltag.“

Und auch der muss geübt werden, so Pilz: „Wir erarbeiten mit den Kindern viele grundlegende Situationen. Und oft ist es wirklich ein Erarbeiten. Gerade bei vielen zugewanderten Kindern läuft es zuhause ganz anders.“ So vermitteln die Erzieher auch Kultur und gesellschaftliche Regeln. „Schwierig ist es, wenn die Kinder mich nicht verstehen und ich sie nicht verstehe“, hat Praedel erlebt. „Die sprachliche Barriere ist ein großes Problem, gerade in der Elternarbeit“, weiß auch Pilz. Manchmal könnten ältere Kinder übersetzen, ansonsten verständigt sie sich auf Englisch, durch Gesten oder malt auch schon mal auf, was sie erklären will.

Die Eltern freuen sich über männliche Erzieher

Für die Erzieher ist der gute Kontakt zu den Eltern in vieler Hinsicht wichtig. „Ich habe lange mit dem typischen Vorurteil gegenüber männlichen Erziehern gekämpft. Von den Eltern bekomme ich aber nur positive Rückmeldung. Sie finden es gut, dass auch ein Mann in der Kita arbeitet“, erzählt Praedel.

„Auf dem Bau erlebst du sowas nicht“

Wer Erzieher werden will, darf nicht zu geräuschempfindlich sein. Und auch viel Sprechen sollte angehenden Erziehern nichts ausmachen. „Man sollte auch offen sein und auf die Kinder zugehen. Und keine Scheu haben, auch mal in andere Rollen zu schlüpfen. Für die Kinder war ich schon Godzilla – und eine Ballerina“, erzählt Praedel. „Außerdem ist man die ganze Zeit Vorbild, die Kinder machen vieles nach.“ „Man muss allzeit bereit sein. Kleine Kinder verstehen das nicht, wenn man einen schlechten Tag hat“, ergänzt Pilz. Dafür bietet der Beruf viele Entfaltungsmöglichkeiten. „Jeder im Team hat sein besonderes Talent, das er einbringt. Ich mag lieber basteln und sportliche Aktivitäten als vorzulesen“, erklärt Praedel. Schön finden beide Erzieher auch Situationen wie Trösten, Kuscheln und die mitunter sehr lustigen Kommentare der Kinder. „Es ist schön, wenn die Kinder glücklich sind. Sie geben einem ganz viel zurück, umarmen einen, malen ein Bild. Auf dem Bau erlebst du sowas nicht“, sagt Praedel.

Nina-Maria Haupt