Millionen „Klickse“ in der Wache Wanne-West
Im Wanner "Mondpalast" feierten die "Die Wanne-Kopps" Premiere. Das Stück von Sigi Domke, Spezialist von Ruhrgebietskomödien, wurde vom Publikum mit viel Applaus bedacht.
"Die Wanne-Kopps", von Ekki Eumann inszeniert, erzählt von den alltäglichen Absurditäten der "Wache Wanne-West", in der drei Polizisten und eine Polizistin ihren Dienst versehen. Die Ordnungshüter bekommen es mit einem Zuhälter-Pärchen (Dirk Emmerich und Susi Fernkorn), einem notorischen Alkoholiker und einer quengelnden Witwe zu tun - alle vier keine Kandidaten für Mord und Totschlag, aber schon noch schwierige Kunden. Zumal der Chef (Axel Schönnenberg) auf Wunsch des Ministers auch noch die Devise nach mehr "Pürgernähe" ausgeben lässt, was - übersetzt man den Sprachfehler - eindeutig darauf hinaus läuft, gegenüber den "Kunden" freundlich aufzutreten: "Herzlich willkommen bei Ihrer Polizei!". Das geht vor allem Arni Böll (Martin Zaik) gegen den Strich, der "einfach nur Streife" gehen und sich nicht großartig verstellen will. Als Therapie ordnet die gerade frischgebackene Polizei-Anwärterin (Corinna Ketter) einen runden Teppich an, den "sicheren Ort", an dem er die "aufkommenden Aggressionen in den Griff bekommen soll".
Polizei crossmedial
Die Szenen atmen stark das Ruhrgebietsflair der 60-er und 70-er Jahre - wären da nicht diese Forderung nach mehr Bürgernähe oder dieser rappende Zuhälter, der auch schon mal beim "Dieter" (Bohlen) gepunktet hat. Am besten verkörpert die neue und die alte Welt die Anwohnerin (Silke Volkner) in ihrem braunen Stoffmantel und in ihrer Betonfrisur, die alle damit überrascht, wie sie überaus elegant mit ihrem Smartphone umgeht, eine für die Polizei peinliche Szene filmt und die Sequenz eine crossmediale Sekunde später auf Youtube veröffentlicht. Dies empört den Hauptkommissar, der mit Wut im "Pauch" feststellt, dass das Video innerhalb weniger Stunden Millionen "Klickse" erfährt und die ganze Welt über die Wache Wanne-West lacht - mit Ausnahme des Ministers.
Zwischen Traum und Wirklichkeit
Sigi Domke lässt das Geschehen in zwei Ebenen spielen. In der einen regiert der Alltag in der Wache mit den ganzen Rangeleien um mehr Bürgernähe. Die andere Ebene schildert Traumsequenzen: Wenn der Altgediente Arni und der Neuling Wenzel (Andreas Wunnenberg) in ihrem putzigen Einsatzwagen, eigentlich ein überdimensionales Spielzeug-Auto, "auf der Suche nach Recht und Ordnung sind", und abwechselnd einnicken und Geschichten träumen, die dann gar nicht so weit entfernt von der Wirklichkeit sind. Die Einschübe enden - in Anspielung auf Traumsequenzen in Filmen - im Zeitlupentempo. Auch in anderen Szenen existieren Verweise auf die Welt des Kinos, wenn mal kurz das Licht ausgeblendet wird und nach dem Einblenden die Handlung zeitlich fortgeschritten weitergeht.
Zwischen den Zeiten
Eine gewisse Wirklichkeitsnähe kann der Komödie bescheinigt werden, schließlich hat Andreas Dickel, Direktionsleiter Kriminalität vom Polizeipräsidium Bochum, die Patenschaft übernommen. Das Stück, die erste Mondpalast-Produktion im Theaterjahr, erhält seine humoristische Spannung durch die Verquickung der guten alten Zeit, in der das Ruhrgebiet noch der "Pott" ist und einer sehr aktuellen, sehr zukunftsweisenden Welt, in der Youtube, Facebook und das Internet regieren.
Horst Martens
weitere Infos: www.mondpalast.com