Jan Thürmer plant Großes am Friedrich-Ebert-Platz
Jan Thürmer, Inhaber einer geschichtsträchtigen Manufaktur für Pianos und Klaviere, hat die ehemalige Polizeiwache am Friedrich-Ebert-Platz gekauft und will schon bald den Firmensitz der Ferd. Thürmer Pianofortefabrik zurück nach Herne verlegen. Seine Pläne für das historische Gebäude mitten in der Herner City gehen dabei weit über den Bau, die Restaurierung und die Wartung von Instrumenten hinaus.
Geplant ist unter anderem auch ein visionärer und in dieser Form wohl einzigartiger Campus für Musikstudierende der Folkwang-Universität. Die Musikeleven aus aller Welt sollen demnächst mitten in unserer Stadt lernen, üben und auch wohnen. Das Einzigartige daran: All das findet konzentriert und eng miteinander vernetzt an einem Ort statt. Durch die besondere räumliche Situation des historischen Gebäudekomplexes zwischen Behrens-, Bebel- und Freiligrathstraße mit einem quasi abgeschlossenen Innenhof kann hier in Zukunft nahezu rund um die Uhr musiziert und geübt werden, ohne dabei jemanden zu stören.
„Das gibt es sonst meines Wissens nirgendwo auf der ganzen Welt.“
Appartements für Studierende
„Die räumliche Situation schreit quasi danach, die Übungsräume zum Innenhof hin einzurichten“, bringt es Jan Thürmer auf den Punkt und ergänzt: „An der anderen Seite, mit Blickrichtung zum Friedrich-Ebert-Platz, sehe ich auf der fünften Etage vor allem studentisches Wohnen. Mein Wunsch wären hier rund 30 Appartements, von denen aus man zu jeder Tages- und Nachtzeit in die Übungsräume gehen kann. Und genau das gibt es sonst meines Wissens nirgendwo auf der ganzen Welt.“
Im Gespräch mit Jan Thürmer merkt man schnell, dass er es ernst meint. Mit großer planerischer Übersicht beschreibt er seine Vision und man fühlt förmlich den großen Elan, der ihn antreibt. Geprägt hat ihn neben seinen erfolgreichen Vorfahren sicher auch die herausfordernde Kindheit.
Bis zu 300 Mitarbeitende
Doch der Reihe nach: Zunächst prosperierte das 1834 gegründete Meißener Traditionsunternehmen prächtig, expandierte mehrfach und hatte bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs nicht nur eine große Reputation vorzuweisen, sondern auch 50.000 Klaviere produziert. In Spitzenzeiten arbeiteten für die Ferd. Thürmer Pianofortefabrik bis zu 300 Menschen. „Bis zum ersten Weltkrieg war das Pianoforte das Instrument mit dem breitesten Klangspektrum und deshalb quasi allgegenwärtig“, erklärt Jan Thürmer den Erfolg des Instruments und die hohen Stückzahlen in dieser Zeit.
In der Zeit danach schwand mit den zwei großen Kriegen und der nachlassenden Konjunktur auch der Bedarf an Klavieren und Flügeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam dann ein ganz entscheidender Bruch: Die Familie Thürmer wurde von der sowjetischen Besatzungsmacht enteignet. Während der Vater von Jan Thürmer 1947 im Internierungslager verstarb, zog die Mutter mit vier Kindern 1955 in den Westen.
Dort studierte Jan Thürmer in den 70er Jahren Rechtswissenschaften und baute das Unternehmen in fünfter Generation wieder auf. Zuvor hatte er noch einen Rechtsstreit um die Namensrechte zu überstehen, denn in der DDR wurden seinerzeit Klaviere unter dem Namen Thürmer gebaut, die wie es Jan Thürmer heute ausdrückt, „beliebige Instrumente“ waren.
Zurück nach Herne
Auch diese Episode meisterte er mit Erfolg und so führte ihn 1977 der Weg nach Herne, wo nach firmeneigenen Vorgaben gefertigte Halbfabrikate in Fabrikräumen Am Trimbuschhof zusammengebaut wurden. Später übersiedelte er nach Bochum, wo der inzwischen auch als erfolgreiche Konzertveranstalter tätige Jan Thürmer einen Kammermusiksaal mit 450 Plätzen errichtete, den weithin bekannten Thürmer-Saal. 2009 kaufte ihm das Land die Räumlichkeiten ab und widmete sie der Schauspielausbildung der Folkwang Universität der Künste. Aktuell sitzt die Pianofortefabrik Ferd. Thürmer in Bochum-Weitmar, kehrt aber sehr bald wieder zurück nach Herne.