Nico Stank startet durch

18. November 2021 | Ausgabe 2021/4

Der gebürtige Herner begeistert im Internet, auf Bühnen und der Kinoleinwand

Einst war Nico Stank der kleine Junge, der 1999 bei dem Malwettbewerb „So sehen wir unsere Stadt“ der Stadt Herne einen 50-DM-Gutschein gewonnen hat. Jetzt ist Nico Stank ein aufstrebender Künstler in Berlin. Der 32-Jährige arbeitet als Schauspieler, Comedian, Synchronsprecher und Fotograf. Bei Instagram folgen ihm mit 209.000 Abonnenten mehr Menschen, als in Herne leben.

Traumberuf: Schauspieler
Er ist in der Teutoburgia-Siedlung aufgewachsen, hat sein Abitur am Otto-Hahn-Gymnasium gemacht und bei der Tanzschule Schmidt-Hutten und dem TTC in Bochum getanzt, als sein Berufswunsch schon feststand. Nico Stank wollte Schauspieler werden und hat schon vor dem Schulabschluss beim Jungen Ensemble am Bochumer Schauspielhaus gespielt.
Nach dem Abitur ging es für ihn direkt zur „Stageschool“ nach Hamburg – hier wurde er zum Musicaldarsteller ausgebildet. „Während der Abschlussshow habe ich schon die erste Produktion bekommen. Ich war dann an den Kammerspielen und beim Altonaer Theater. Dann habe ich die nächsten Jahre Musicals gespielt – immer mehrere Produktionen im Jahr. Das hat mir wahnsinnig Spaß gemacht, aber ich habe gemerkt, dass der Schwerpunkt Schauspiel gefehlt hat“, erinnert er sich heute.

„Dann habe ich angefangen über Dating-Themen und Homosexualität zu sprechen. Es wurde viel einfacher, weil man auch über sich selber lachen konnte.“

Auch als Fotograf aktiv
Sein Entschluss stand fest: Um die Schauspielkarriere zu verfolgen, hat er mit den Musicals aufgehört. „Das war eine große Umstellung: Denn im Musical hat man gut verdient.“ Seine Miete hat er dann mit Fotografie und Synchronsprechen verdient. „Ich habe immer viel Geld für Bewerbungsfotos bei Schauspielerfotografen ausgegeben. Die sind extrem teuer. Dann habe ich selbst mit Fotografie angefangen, mir ein Standbein mit Porträtfotografie aufgebaut und meine Musicalkollegen fotografiert.“ Mithilfe von Workshops und Tutorials hat er sich die benötigten Fähigkeiten angeeignet. Eine Freundin habe für die Kontakte ins Synchron-Business gesorgt, sodass er auch heute noch ein- bis zweimal die Woche als Synchronsprecher arbeitet.
Aber die Schauspielkarriere kam nicht in Gang. „Ich wurde gar nicht richtig wahrgenommen. ,Du bist homosexuell. Das ist schwierig zu vermitteln.‘ oder ,Wenn du Musical gemacht hast, kannst du nicht spielen‘ habe ich gehört.“ Nico Stank hatte mit vielen Vorbehalten zu kämpfen.

Stand-Up-Comedy
Er startete einen neuen Anlauf: „Ich dachte, ich schaffe es vielleicht mit Stand-Up-Comedy wahrgenommen zu werden. Da wusste ich gar nicht, wo die Reise hingeht. Ich habe einen Blödsinn geredet“, sagt Nico Stank heute lachend. Aber mit seinem Programm ist er angetreten – zum Beispiel bei der Quatsch Talentschmiede im Quatsch-Comedy-Club. Aus der Jury kam dann der Tipp, der ihm half, seine Einstellung zu verändern: „Ich sollte offener mit meiner Sexualität umgehen. Das könnte mir helfen, mein Bühnenprogramm zu verbessern, weil man dann Geschichten von sich selbst erzählen kann. Dann habe ich angefangen über Dating-Themen und Homosexualität zu sprechen. Es wurde viel einfacher, weil man auch über sich selber lachen konnte. Es war kein Thema mehr, das ich umgehen wollte.“
Er erfand etwas später seine Comedyfigur „Nicola“. „Aber vorher war ich erstmal in der Selbstfindungsphase. Ich habe mich erst gar nicht getraut. Ich dachte auch, ich dürfte mich nicht feminin präsentieren. Aber die Denkweise habe ich seit einiger Zeit abgelegt“, berichtet er heute erleichtert.

Durchbruch bei Instagram
Die Coronapandemie sorgte für Probleme: Seine Jobs als Comedian, Fotograf und Synchronsprecher fielen weg. Er begann Comedy-Videos zu drehen und ins Netz zu stellen. Bei Instagram folgten ihm innerhalb weniger Monate gleich 200.000 Menschen. Dadurch ist genau das passiert, was Nico Stank sich erträumt hatte: Die Schauspielszene wurde auf ihn aufmerksam.
Im Jahr 2022 wird er nun gleich in zwei Kinofilmen zu sehen sein: in „Liebesdings“ und in „Freibad“ sogar in einer Hauptrolle. „Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, wie es dann ist, im Kino zu sitzen und dann steht da mein Name. Das ist einfach unglaublich.“ In „Freibad“ spielt Nico Stank eine non-binäre Rolle. „Und ich dachte immer, wenn die Leute wissen, dass ich homosexuell bin, komme ich für Rollen nicht mehr infrage.“ Aber das ist ganz anders. Es hat sich nämlich noch ein weiterer Traum erfüllt: Nico Stank ist als „Nicola“ bei der Berliner Fashion Week bei einer Show von Marina Hoermanseder gelaufen.
Beruflich lief 2021 für Nico Stank sehr gut, aber einen Erfolg feiert er besonders: „Dass ich zu mir selbst gefunden habe und dass ich meiner Intuition gefolgt bin. Es war immer der größte Feind, nicht zu dem zu stehen, der man ist.“ Mittlerweile wird er auch auf der Straße angesprochen und nach Fotos gefragt. „Ich bin so dankbar, dass das alles läuft gerade“, sagt er. Auch für 2022 gibt es schon Pläne: Im Herbst wird er mit seinem Comedy-Programm durch Deutschland touren. Dann möchte er natürlich auch wieder seine Heimatstadt besuchen.

„Es war immer der größte Feind, nicht zu dem zu stehen, der man ist.“

Text: Anja Gladisch     Fotos: Nico Stank & Luke Fontana