Nur mit Worten bewegen
Miriam Gardemann sitzt in der U-Bahn auf dem Weg zum Leichtathletik-Training. Plötzlich kommt ihr eine Idee für einen neuen Text. Sie ist Poetry-Slammerin. Die 16-Jährige aus Holthausen liebt es seit jeher zu schreiben. Vor einem Jahr hat sie diese Form des Vortragens ihrer Texte auf der Bühne für sich entdeckt.
Eigentlich sei ihr Plan immer gewesen, ein Buch mit einer durchgehenden Geschichte zu schreiben, erzählt die Schülerin. „Aber irgendwie wurden die Texte dann immer kürzer und kürzer und dann haben sie sich auch noch gereimt.“ Beim Thema Gedichtanalyse animierte ihr Deutschlehrer die Klasse, einfach mal selber ein Gedicht zu schreiben, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Zuhause sei sie dann auf einen Text der bekannten Poetry-Slammerin Julia Engelmann gestoßen: „Das war der Moment, wo ich dachte, vielleicht ist Poetry Slam eher meins. Es fällt mir oft schwer, an Dingen dranzubleiben, weil mir immer neue Ideen einfallen, die dann aber nicht zusammenpassen. Im Poetry Slam kannst du immer etwas Neues anfangen und es ist trotzdem eins.“
Im Vergleich zu geschriebenen Gedichten oder Geschichten habe man bei Poetry Slams mehr die Möglichkeit, dem Publikum eine Message rüberzubringen, findet Gardemann. „Du hast die Chance, Menschen zu sagen, was du denkst und fühlst.“ Außerdem gefalle ihr, dass man so frei dabei sei, denn es gibt nur wenige Regeln im Poetry Slam: Vortragende dürfen weder Hintergrundmusik noch Utensilien benutzen und ihr Auftritt darf nicht länger als fünf Minuten dauern. „Sonst bleibt dir alles offen, du wirst nicht eingegrenzt. Du kannst nur durch deine Worte etwas ausdrücken“, erklärt die Teenagerin.
Gardemanns Texte reimen sich meist, das müssen sie aber nicht unbedingt. Ob lustig, wissenschaftlich oder gesellschaftskritisch – es gibt viele Stilrichtungen im Poetry Slam. Die Schülerin schreibt oft über Liebe, das Geliebtwerden oder die Selbstliebe und inzwischen auch immer öfter über gesellschaftskritische Themen. Ein Text, den sie beim Maike-Day 2022 – einem Aktionstag für junge Frauen – vorgetragen hat und auf den sie besonders stolz ist, dreht sich um Umwelt und Klimaschutz. „Er handelt davon, dass wir unseren Planeten durch unser Handeln immer mehr zerstören und wir die Schuld auf andere schieben, anstatt sie bei uns selbst zu suchen.“
Bei ihrem allerersten Auftritt bei der Eröffnung des Stadtteilzentrums H2Ö sei die Hernerin ziemlich nervös gewesen. „Aber ich fand es gut, Zuspruch für das zu bekommen, was ich mache.“ 2022 hat Miriam Gardemann am Herner Jugendkulturpreis „HERBERT!“ teilgenommen und den vierten Platz belegt. „Es ist einfach eine coole Atmosphäre dort“, berichtet sie. „Es fühlt sich an wie eine große Familie.“ Die Chancen stehen gut, dass die junge Poetry-Slammerin dort noch einmal ihre Texte präsentiert – und damit sicher so einige Menschen im Publikum zum Nachdenken anregt.