Shoah-Mahnmal

„Offener Brief“ des Oberbürgermeisters der Stadt Herne:

4. April 2014 | Gesellschaft

 

der feige Anschlag auf das Shoah-Mahnmal hat mich, wie viele von Ihnen, sehr erschüttert. Es handelt sich hier nicht um Vandalismus. Ich werte diese Tat als einen Angriff auf unsere Stadtgemeinschaft, auf die Werte der Demokratie. Der Anschlag trifft nicht den Stein, sondern er trifft erneut die Menschen, für die dieser Gedenkstein errichtet wurde - die Opfer der Shoah und ihre Angehörigen. Aber er trifft auch jede und jeden von uns. Denn wir verurteilen Gewalt, Hass, Diskriminierung und Zerstörung in unserer Stadt.

Wir dürfen solche Taten deshalb nicht unkommentiert akzeptieren. Wir müssen diese Taten öffentlich verurteilen. Ich war sicher, dass die Herner Bürgerinnen und Bürger sensibel und wach sind und sich gegen solche Angriffe wehren würden. Ich habe gehofft. Nein, ich habe es notwendigerweise erwartet, dass vor allem Jugendliche ihren Protest gegen diesen Anschlag öffentlich machen würden. Nun also kommt diese Reaktion tatsächlich und darauf bin ich als Herner Bürger unglaublich stolz. Ich begrüße sehr, dass gerade aus einem Schülerprojekt heraus, zu dieser Schweigeminute aufgerufen wird. Dies ist nicht nur ein Zeichen der Bestürzung und Anteilnahme, sondern ein klares Bekenntnis: Herne sagt Ja! zum Shoah-Mahnmal.

In seiner Schönheit und in seiner tiefen Symbolik als Stein der Versöhnung richtet sich das Mahnmal gegen jede Gewalt.

Dieser besondere Gedenkstein für die jüdische Gemeinde und die Opfer der Shoah aus Herne und Wanne-Eickel soll und muss deshalb auch zukünftig im öffentlichen Raum stehenbleiben.

Wenn möglich und auch sobald wie möglich, wollen wir den Stein trotz der erheblichen Schäden restaurieren.

Die Untersuchungen und Tests dazu laufen noch. Die Ergebnisse der Analysen stehen zum Teil noch aus.

Wie wir das Shoah-Mahnmal zukünftig aber vor hässlichen und verabscheuungswürdigen Angriffen schützen können, vermag ich derzeit nicht zu sagen. Hierüber müssen nicht zuletzt auch die politischen Gremien unserer Stadt entscheiden.

Ich bedaure zutiefst, dass es mir am Montag aufgrund eines europäischen Treffens in Brüssels nicht möglich sein wird, an der Schweigeminute teilzunehmen.

In Gedanken werde ich bei Ihnen in Herne sein. In meiner Vertretung und auch aus persönlichem Anliegen wird Frau Bürgermeisterin Birgit Klemczak anwesend sein. Ich bin sicher, viele von Ihnen werden sich anschließen.

Im Namen der Stadt Herne rufe ich alle Herner Bürgerinnen und Bürger, insbesondere die Schulen auf, an der Schweigeminute am Shoah-Mahnmal teilzunehmen.

 

Horst Schiereck

Oberbürgermeister der Stadt Herne

 

Hintergrund des offenen Briefes:

Ulrich Kind und Isa Tappenhölter, die "Kohlengräberland"-Projektleiter, haben den folgenden Aufruf veröffentlicht:

Schweigeminute des Schülerprojekts "Mein Licht gegen das Vergessen" am 7. April 2014

Das Herner Shoah-Mahnmal wurde in den letzten Wochen viermal in Folge geschändet.

Der jüngste feige Anschlag auf diese bedeutende und einzigartige Herner Gedenkstätte für die jüdischen Opfer des NS-Terrors unserer Stadt hat wahrscheinlich irreparable Schäden an dem Bauwerk zur Folge.

Die Kohlengräberland-Schülerinnen und -Schüler des 10. Jahrgangs der Erich-Fried-Gesamtschule Herne haben – gerade auch unter dem nachhaltigen Eindruck ihres Treffens mit der Holocaust-Überlebenden Inge Deutschkron – umgehend dazu aufgerufen, ein öffentliches Zeichen gegen diese verabscheuungswürdige Tat zu setzen.

Die Kohlengräberland-Teilnehmer des 8. und 9. Jahrgangs haben ebenfalls spontan den Wunsch geäußert, an dieser Aktion teilzunehmen und an diesem einzigen Ort der Erinnerung mit einer Schweigeminute den Opfern zu gedenken und damit auch ihrer Abscheu gegen die Schändung Ausdruck zu verleihen. Am kommenden Montag, den 7. April 2014, werden sich die Schülerinnen und Schüler nach der 2. Unterrichtsstunde um 9.35 Uhr auf den Weg zum Mahnmal begeben, um dort um 10.10 Uhr eine Schweigeminute abzuhalten.

Alle Interessierten sind selbstverständlich herzlich eingeladen, uns bei diesem Gang zu begleiten und damit ein deutliches Zeichen gegen antijüdische Anschläge in der Stadt Herne zu setzen.