Hat die Gastronomie als „Innenstadtretter“ in Herne genug Power?
Die aktuelle Situation der Innenstädte ist dank vielfältiger Untersuchungen und Analysen bestens bekannt. Bis auf ganz wenige Ausnahmen, die entweder keinerlei Konkurrenz im weiteren Umfeld haben oder durch starken touristischen Zulauf viel Kaufkraft von außerhalb anziehen, leiden die stark vom Handel geprägten Zentren unter der Abwanderung zum Onlinehandel sowie der aktuell stärkeren Kaufzurückhaltung der Menschen.
Herne, als Stadt mitten im Ruhrgebiet, hat schon vor Jahren den Schrumpfungsprozess der Einzelhandelsflächen erlebt. Neue Höfe und auch das City Center sind Beispiele für einen erfolgreichen Wandel. Aus Einzelhandels- wurden Büro und Dienstleistungsflächen. Eine wichtige Funktion bei der Rettung der Innenstädte wird der Gastronomie zugewiesen. Sie soll nicht nur Ladenleerstände verhindern, sondern auch die Aufenthaltsqualität in den Zentren erhöhen. Doch ist die Gastronomie überhaupt in der Lage, diese Funktion zu erfüllen?
Bewerbermangel
Die Dehoga, die Interessensvertretung der Hotellerie und Gastronomie in Deutschland, warnte noch im Januar 2023 vor der Personalnot in Restaurants und Cafés. Es gäbe um die 50.000 offene Stellen. Auch beim Thema Nachwuchs waren die letzten Jahre sehr problematisch. Auf 8.400 offene Stellen bewarben sich lediglich 2.300 Interessenten. Hendrik van Dillen vom Parkhotel Herne hatte in den vergangenen beiden Jahren mit dem Auszubildendenmangel ebenfalls zu kämpfen. „Teilweise gab es gar keine Bewerber, die man einstellen konnte und bei ansonsten acht Azubis, die zwar keine Fachkraft ersetzen, aber nach und nach immer mehr Zuarbeitertätigkeiten übernehmen und auch in unserem Biergarten mithelfen können, wird es in manchen Bereichen schon etwas enger“, berichtet er aus seinem Unternehmen.
Geht dem vielbeschworenen Retter also schon vor dem Durchstarten die Luft aus? Dank intensiver Bemühungen um die Stärkung der Ausbildung geht die Dehoga von einem zukünftig positiven Trend bei der Beschäftigung aus. Auch Hendrik van Dillen freut sich in diesem Jahr auf einen kompletten Jahrgang, der zum 1. August 2023 in seinem Unternehmen starten soll. Im Bereich der Fachkräfte hatte er selbst in der Coronazeit kein Problem. Genau wie Britta Rommel, die Geschäftsführerin des Wirtshauses Herne, die ebenfalls ein voll besetztes Team führen kann, verweist er auf einige wesentliche Punkte für diesen Status Quo. Die „Konkurrenz“ attraktiver Arbeitsplätze in der Gastronomie sei in Herne geringer als in einigen Nachbarstädten. Moderne Betriebe mit einem interessanten Konzept und einem engagierten Team würden die Mitarbeitenden zudem binden und immer auch neue Minijobber oder studentische Aushilfen anziehen. Auch im Personalbereich lebe man von positiver Mundpropaganda. Diese Analyse bestätigen aktuelle Studien. Prozessoptimierungen und Professionalisierung werden als wichtige Maßnahmen zur Zukunftssicherung gesehen. Und zur Schließung der Fachkräftelücke könnte die spezifische Qualifizierung von Helfer*innen beitragen.
Personalsuche
Größere Probleme bei der Mitarbeiterakquise haben kleine Unternehmen und neue Betriebe. Angelika Reichenbach und Stephan Walter von „Die Kochinsel GmbH“, die erfolgreich zwei gastronomische Betriebe in Herne und Recklinghausen betreiben, würden gerne ein neues Projekt in Herne starten, suchen dafür jedoch zur Zeit noch ohne Erfolg fast ein komplettes Team.
Zur Unterstützung der Gastronomie in Herne hat Herne. Business jetzt das Unternehmen Progacon GmbH mit dem Aufbau eines Gastronomiemanagements beauftragt. Nach der Analyse des Status Quo und der vorhandenen Potenziale werden gezielte Maßnahmen erarbeitet, die den Bestand stärken und das aktuelle Portfolio erfolgreich ergänzen. Für Dr. Dirk Drenk, den Geschäftsführer der WFG Herne, „ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu zukunftssicheren Stadtzentren“.