Steinerne Schätze mit Geschichte

15. Februar 2022 | Ausgabe 2022/1

Historische Bauwerke, die unser Stadtbild prägen

Titelfoto: Bereits im 13.Jahrhundert wurde die Schlosskapelle gebaut.

Gibt es Gebäude im heutigen Herne, die älter als Alt-Herne selbst sind? Bekannt sind Schloss Strünkede und die Schlosskapelle. Aber die Liste interessanter Denkmäler in Herne ist noch länger. inherne hat eine kleine, aber feine Auswahl getroffen, die die Entwicklung der Stadt nachzeichnet. Diese Gebäude sind nicht öffentlich zu besichtigen, viele gehören Privatpersonen, aber die Bauwerke prägen das Stadtbild.

Start im 13. Jahrhundert
Los geht’s auf der Tour durch die Herner Geschichte bei einem Bauwerk, das wohl für die Allerwenigsten ein Geheimtipp ist. Es darf aber nicht fehlen, weil es schlichtweg das älteste Gebäude der Stadt ist und daher den idealen Startpunkt darstellt. Neben dem Schloss aus dem 17. Jahrhundert und der Städtischen Galerie aus dem 19. Jahrhundert gibt es im Schlosspark Strünkede noch ein vergleichsweise kleines Gebäude, das umso älter ist: die Schlosskapelle. Im Jahr 1272 wurde sie von Bernd von Strünkede im gotischen Stil errichtet. Die Kapelle im Herner Norden war damals das Gotteshaus für die Bewohnerinnen und Bewohner der Burg, bevor diese 1664 zum Schloss Strünkede wurde. Erstaunlich unreligiös war die Nutzung des kirchlichen Gebäudes im 19. Jahrhundert: Dort diente sie nämlich als Stall und Scheune. Seit den 1970ern wurde die Kapelle mehrfach restauriert und ist heute ein hübscher Ort für Gottesdienste, Konzerte und Trauungen.

In dem Backsteingebäude befand sich früher eine Dampfwäscherei, heute sitzt dort der NWB-Verlag.

Die Häuser der Straße Im Lakenbruch gehören zur Kolonie Königsgrube.

Ein Friedhof grenzt unmittelbar an die Cranger Kirche.

Die Kirche am Kirmesplatz
Weiter geht es mit einem großen Sprung in die Zeit der Industrialisierung und einem Ortswechsel von Baukau nach Wanne. Hier steht, in unmittelbarer Umgebung des Kirmesplatzes, die evangelische Kirche Crange. Das aus Naturstein gebaute Gotteshaus zeichnet sich – wie für die Mitte des 19. Jahrhunderts üblich – durch seine Fenster im Rundbogenstil aus. Ein Gang um die Kirche herum, entlang des anliegenden Friedhofs, zeigt außerdem ein riesiges, kreuzförmiges Fenster.
1854 als Nachfolgerkirche der St.-Laurentius-Kapelle gebaut, demonstriert die Cranger Kirche das große Bevölkerungswachstum des Ruhrgebiets im 19. Jahrhundert: Lebten 1847 erst 1.000 Menschen in Herne, waren es 1890 bereits 20 mal so viele. So wurde die Kirche 1898 mit einer Empore und im Jahr 1936 mit einem Anbau ausgestattet, um Besuchenden mehr Platz zu bieten. Einen großen Anteil am Bevölkerungswachstum hat natürlich der Bergbau…

Ein Zuhause für die Zechenarbeiter
… der thematisch gleich zur nächsten Station führt. Dafür geht es nach Eickel in die Siedlung Königsgrube. Die Straße Im Lakenbruch besteht – genau wie viele der umliegenden Straßen – aus einer ganzen Reihe ehemaliger Bergarbeiterhäuser. Sie wurden von 1875 bis 1899 gebaut und boten den Arbeitern der Zeche Königsgrube Wohnraum. Ein Gang durch die Siedlung und der Blick auf die Doppelhäuser mit ihren seitlichen Stallanbauten erinnern an so manche Geschichte von Oma und Opa aus der Zeit des Grubengolds. Die Kolonie hat ihren ganz unverwechselbaren Charme auch heute nicht verloren und ist definitiv einen Spaziergang wert.

Von der Waschanstalt zum Verlagshaus
Ein weiteres wichtiges Zeugnis für die Entwicklung der Arbeitsverhältnisse in Herne ist ein großer Backsteinbau in Baukau-Ost mit einer interessanten Geschichte: Der bloße Anblick dieses viereinhalb-geschossigen Gebäudes aus dem Jahr 1897 verrät einem wohl nicht, dass es sich hier um eine ehemalige Dampfwäscherei handelt. Diese wurde mit Hernes erster Dampfmaschine betrieben, die zuvor für eine Korn- und Ölmühle angeschafft und genutzt wurde. Heute hat der NWB-Verlag seinen Sitz in dem historischen Gebäude. Apropos: Dieses 1947 gegründete Familienunternehmen feiert 2022 sein 75-jähriges Bestehen. Dazu veröffentlicht der Verlag Anfang März das Fotobuch „Herne Bilder“ – wessen Interesse an Hernes historischen Gebäuden geweckt wurde, findet hier sicher ein paar weitere architektonische Schmuckstücke.

Eine mysteriöse Villa
Genau solch ein Schmuckstück liegt in Wanne an der Langekampstraße. Mittlerweile im 20. Jahrhundert angekommen, kann man hier einen Blick auf die Villa Langekamp werfen. Das 1908 erbaute Haus ist so außergewöhnlich, dass man fast das Gefühl hat, hier wären mehrere Bauherren mit unterschiedlichen Konzepten am Werk gewesen – von den verschiedenen Fensterarten über die gemischten Dachformen bis hin zur Asymmetrie des Gebäudes. Die Villa hat etwas Geheimnisvolles und wirkt eher wie ein Haus aus einem Filmset, ist aber ein privates Wohnhaus.

In der Neuzeit angekommen
Zum Schluss eine Drehung um 180 Grad: Mit dem Blick auf das Technische Rathaus geht es zurück in die Gegenwart. Hier hatte die Baufirma Heitkamp 1964 ihre Zentrale erbaut, 1969 kam der zweite Gebäudeteil hinzu. 2013 zog Heitkamp aus und der Bau wurde grundlegend saniert. Mit seiner schlichten und geradlinigen Optik stellt das 2017 eröffnete Gebäude den perfekten Kontrast zur Villa Langekamp dar – Herne ist ein Ort, an dem Altes und Neues gleichermaßen seinen Platz hat.

Die Villa Langekamp steht direkt gegenüber vom Technischen Rathaus.

Text: Katharina Weitkämper     Fotos: Frank Dieper