Untere Denkmalbehörde um Thorsten Brokmann setzt auf Fingerspitzengefühl

Thorsten Brokmann: Geschulter Blick auf 711 Baudenkmäler

Seinen Dienstsitz hat das Team, ganz passend, in einem Gebäude, das unter Denkmalschutz steht - dem Wanner Rathaus. Denn die städtischen Denkmalschützer gehören zum Fachbereich Stadtplanung und Bauordnung, der Teile des Bauwerks aus dem Jahr 1905 nutzt.

Studium der Denkmalpflege

Nach Maßgabe des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen, kurz Denkmalschutzgesetz, gehen sie ihrer verantwortungsvollen Aufgabe nach. „Wir sind ein dreiköpfiges Team. Neben mir gehören noch Susan Kowalski und Heinz Munck dazu. Mit dieser Stärke sind wir für eine Stadt wie Herne gut aufgestellt“, stellt Thorsten Brokmann die UDB vor. Der gebürtige Münsterländer absolvierte zunächst zwischen 1997 und 2001 ein Architekturstudium an der Fachhochschule Köln. Danach folgte erst die Architektenarbeit in Köln und Dortmund, ehe er sich von 2011 bis 2013 an der TU Berlin dem Studium der Denkmalpflege widmete. Eine gute Voraussetzung, um nach einer weiteren Tätigkeit in einem Berliner Architekturbüro mit Schwerpunkt Denkmalpflege im September vergangenen Jahres in den Dienst der Stadt Herne zu treten.

Vielfältiger Bestand

„Der Bestand an Denkmälern in Herne ist sehr vielfältig und einzigartig im Ruhrgebiet,“ sagt Brokmann und nennt neben Wohn- und Geschäftshäusern sowie Kirchen auch Grabmäler, Technische Denkmäler, Bodendenkmäler, Technikdenkmäler und Siedlungen sowie Beispiele ländlichen Bauens. Mit den Objekten und den Besitzern umzugehen, erfordert Sensibilität. Es kommt nämlich bisweilen vor, dass geschützter Bestand zur Disposition steht.

Letzte Instanz: Düsseldorf

Untere Denkmalbehörde: Die Bezeichnung legt nahe, dass es übergeordnete Institutionen gibt. Die Obere Denkmalbehörde ist für Herne bei der Bezirksregierung Arnsberg angesiedelt, die Oberste bildet das Landesbauministerium unter Minister Michael Groschek. Dort werden bei den seltenen Meinungsverschiedenheiten zum Denkmalschutz die Entscheidungen getroffen. Hinzu kommt die Denkmalfachbehörde, die beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) angesiedelt ist. Sie begleitet fachlich die Arbeit vor Ort und mit ihr haben sich die kommunalen Experten bei allen Entscheidungen in ein so genanntes „Benehmen“ zu setzen - kurz gesagt sich abzustimmen, um eine einheitliche Meinung zu finden. Denkmäler genießen in der Bevölkerung eine hohe Akzeptanz, wenn es aber um ihre Bewahrung und Instandsetzung geht, bedarf es von Seiten der Behörde Fingerspitzengefühl und Moderation im Miteinander mit den Eigentümern.

Brokmann mag den Stil des „Neuen Bauens“ der 1920er Jahre - so wie er sich hier beim massiven Backsteinensemble an der Hauptstraße, der ehemaligen Wanner Sparkasse, offenbart. © Stadt Herne Brokmann mag den Stil des „Neuen Bauens“ der 1920er Jahre - so wie er sich hier beim massiven Backsteinensemble an der Hauptstraße, der ehemaligen Wanner Sparkasse, offenbart. © Stadt Herne

 Lohnende Investition

Denn: „Sanierungsarbeiten sind aufgrund der Anforderungen des Denkmalschutzes leicht mit höheren Kosten verbunden als bei Gebäuden, die nicht in der Denkmalliste stehen. Dieser Mehraufwand ist aber zumeist die dauerhaftere und langfristigere Lösung und daher eine lohnende Investition“, weiß Teamleiter Brokmann. Daher ist es das Bestreben der UDB, Eigentümer und Architekten frühzeitig einzubinden, wenn eine Sanierung ansteht. „Bei Eigentümern und Planern mit einem Sinn für ihr Denkmal ist die Zusammenarbeit in der Regel gut. Schwieriger wird es, wenn unklare Besitzverhältnisse oder abweichende Vorstellungen vorliegen“, schildert der Architekt und stellt klar: „Es gibt besondere Verpflichtungen für die Eigentümer geschützter Gebäude“.

Kein Mindestalter

Nach Brokmanns Einschätzung stellen Denkmäler mehr dar als einen Spiegel der Epochen, in denen sie entstanden sind. „Qualitätvoller Bestand bildet auch eine Orientierung für zeitgenössisches Bauen“. Wesentliches Merkmal für ein Denkmal ist übrigens, dass es sich um eine Sache von besonderem öffentlichen Interesse handelt und die im Denkmalschutzgesetz verankerten Gründe für die Unterschutzstellung vorliegen. Das Alter spielt dabei keine Rolle. „Entgegen anderslautender Meinungen, gibt es kein Mindestalter, das ein Denkmal haben muss, ehe es auf die Liste kommen kann“. Das belegt ein Beispiel aus dem vergangenen Jahr. Im Februar erfolgte die Eintragung von Friedhofskapelle und Toranlage sowie anderer Ausstattungsgegenstände des Wanner Laurentiusfriedhofs in die Denkmal­liste. Kapelle und Tor entstanden in den frühen 1990er- Jahren. Sie haben also kaum 25 Jahre auf dem Buckel.

„Neues Bauen“ persönlicher Favorit

Ein Lieblingsdenkmal unter „seinen“ Schützlingen hat Brokmann nicht erkoren. Doch der Architekt macht keinen Hehl daraus, dass er den Stil des „Neuen Bauens“ der 1920er Jahr mag, für den Namen berühmter Architekten wie Walther Gropius und Ludwig Mies van der Rohe stehen. Schöne und bedeutende Beispiele dafür finden sich im Denkmalbestand der Stadt. Praktischerweise liegt eines davon ganz nahe an den Büros der UDB im Wanner Rathaus: Das massive Backsteinensemble an Hauptstraße, Wibbeltstraße, Amtmann-Winter-Straße und Wanner Straße – auch als Sparkassenblock bezeichnet – befindet sich vis-à-vis.

Text: Christoph Hüsken / Fotos: Frank Dieper